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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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da war, um ihn zu empfangen. Sie hatte ihm keinen Tag und keine Uhrzeit genannt, und obwohl Julius mit Frauen so viel Erfahrung hatte wie mit Börsenkursen, wusste er, dass dies mehr als ungewöhnlich war. Staunend ging er durch die Passage des Palais Ferstel, vorbei an den gutgekleideten Männern, die hier ihren Bankgeschäften nachgingen. Eine verschüchterte Stimme wollte ihm einreden, dass er hier nichts zu suchen hatte, dass er sich irrte und dass es diese verwirrende Einladung niemals gegeben hatte.
    Für einen Hofrat war es verpflichtend, dass seine Stadtresidenz in der Nähe der Hofburg lag, damit der Weg zum Kaiser nicht weit war, und auch, um exklusive Zugehörigkeit zu zeigen.
    Das Haus von Schattenbach war ein dreistöckiger Bau in der Nähe des Schottenstifts, dessen Fassade ganz dem aufgewärmten Zuckerguss eines typischen Ringstraßenarchitekten verpflichtet war. Mit marmornen Karyatiden am Portal und mannsdicken Säulen neben jedem Fenster. Julius starrte an der prunkvoll ausladenden Fassade hinauf, die in einem gläsernen Kuppelaufbau gipfelte, in dem sich die schweren Winterwolken spiegelten. Auf der Visitenkarte stand der geheimnisvolle Hinweis, den Eingang um die Ecke zu nehmen und die Klingel mit dem Namen Gruber zu betätigen.
    Julius betrat die Straße, die seitlich am Haus vorbeiführte, und stand vor einem Gebäude, das das genaue Gegenteil zu dem Haus daneben darstellte. Es passte so gut in diese Umgebung wie ein rostiger Nagel in die Auslage eines Juweliers. Das Holz der Eingangstür, in dem eine gesplitterte Glasscheibe die letzten Zacken bleckte, war rissig und feucht.
    Julius erschrak, als die Tür aufschwang wie durch Zauberhand, obwohl er den Knopf auf dem rostigen Klingelschild gar nicht berührt hatte. Jemand musste wissen, dass er hier war.
    Mit Beinen, die sich anfühlten wie schmelzendes Wachs, betrat er die dämmrige Eingangshalle. Die Kacheln im Vestibül schienen ein mittleres Erdbeben überstanden zu haben, so brüchig und unregelmäßig waren sie. Von der Decke hing ein Kronleuchter wie eine tote Spinne, mit Staubfäden behangen.
    Die feinen Herrschaften, die hier einst gewohnt hatten, mussten das Haus schon seit langem verlassen haben, ohne dass es einen Bewohner gefunden hatte. Und seitdem herrschten nur noch Stille und Verfall in diesem Haus.
    Er betrat eine ausgetretene Steinstiege und tastete sich an einem wackeligen Eisengeländer hinauf. Niemand begegnete ihm, und außer seinen zaghaften Schritten war nichts zu hören. In dem Haus roch es dumpf und modrig wie auf einem alten Dachboden.
    Wie kam es, dass dieses Haus im von Wohnungsnot geplagten Wien leer stand? Was machte Luise von Schattenbach in diesem verfallenen Anwesen? Und was noch viel wichtiger war: Was machte er hier? Bei der Ehefrau eines Hofrats! War hier nur Langeweile und Einsamkeit im Spiel? Oder noch etwas anderes, etwas Gefährliches, das er nicht verstand?
    Noch bevor Julius sich das ganze Ausmaß seines Wagemuts bewusstmachen konnte, stand er bereits im vierten Stock des Hauses vor einer weiß gestrichenen Tür. Krampfhaft bemühte er sich um einen ruhigeren Atem. Die Stille in diesem Treppenhaus war unnatürlich. Es war eine sphärische Stille, wie auf einem hohen Berg.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Julius stand vor einer Frau mit tiefschwarzer Haut. Dass sie eine gestärkte Dienstmädchenuniform trug, minderte seinen Schrecken nicht. Schwarze Murmeln sahen ihn aus dem arktischen Weiß zweier großer Augen an. Julius schämte sich für seinen Schrecken. Die Frau lächelte nicht, sondern trat nur zur Seite und machte eine einladende Geste. Er zögerte.
    „Frau von Schattenbach erwartet Sie schon“, sagte sie mit der gemessenen Würde eines Hausmädchens in einer Kaiserstadt.
    Die Frau war fast einen Kopf größer als er, und Julius wünschte sich inständig, sie möge nicht auch noch knicksen. Sie tat es nicht, sondern schloss die Tür.
    Julius stand in einem riesigen Flur, von dem so viele Türen abgingen wie Säle oben im Rondell des Kunsthistorischen Museums. Einige davon waren geöffnet und gaben den Blick frei auf weitere Gänge und Zimmer. Gleich vor ihm schien sich eine Art Halle zu öffnen. Von irgendwoher vernahm er ein gedämpftes Rufen: „… zu mir …“, hallend wie in einem Traum.
    Hinter sich spürte er die einschüchternde Anwesenheit der Negerin, und er wandte sich zu ihr um. Sie wies auf die mittlere Tür und sagte: „Hier entlang bitte gehen.“
    Ihre weiße

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