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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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ins Gewehr, ins Touchpad floss. Der Bildschirm leuchtete vom
Widerschein der Erkenntnis. Die Augen begegneten sich ja die As
begegneten der Antwort strahlten also warst du es die ganze Zeit
und es war ein gesehener Witz ein Lachen ein prickelnder Fall ein
erzeugtes Erzeugen eines zweiten Ichs eines Du-und-ich-Babys von
AI-und-ich zu Ich-und-ich.
    Da war ein Aufblühen und ein Aussäen: ein
Spiegelbild, das unausweichlich immer wieder in einer Abfolge von
Spiegeln reflektiert wurde.
     
    Die Sterne schleuderten ihre Speere herab.
    Jemand lächelte in Betrachtung seines Werks.
     
    Die Verbindung brach ab.
     
    Brian Donovan stand auf seinen Gehstock gestützt im
Kontrollraum, wandte sich langsam um und betrachtete einen
Monitor nach dem anderen. Sie säumten die Wände, hingen
zwischen Kabeln und Rohren, Hebevorrichtungen und Robotarmen von
der niedrigen Decke, machten es für jeden anderen schwierig,
sich im Raum zu bewegen. Auf den meisten Monitoren flackerten
Daten, scrollend und periodisch wiederkehrend und blitzend. Er
nahm alles in sich auf mit der Einsicht und der Übung des
Alters, und als sich die Deutung allmählich
zusammenfügte, füllten sich seine Augen mit
Tränen. Verdammte Hurensöhne…
    Wo kommt es her?, überlegte er, als er sich einen Weg
durch die Unordnung bahnte und sich den Niedergang zum Deck
hochschleppte. Woher haben sie, haben wir, diesen Hang zu
dominieren, auszubeuten, zu verschmutzen, zu vergiften und zu
missbrauchen? Als ob es nicht ausreichte, die Welt zugrunde zu
richten, welche die Natur uns geschenkt hat, müssen wir es
in der neuen, makellosen, von uns selbst erschaffenen Welt
genauso machen, blind für die Schönheit, Eleganz und
Lebenstüchtigkeit ihrer natürlichen Bewohner.
    Vor mehr Jahrzehnten, als er sich eingestehen mochte; hatte
Donovan als Programmierer für eine in Edinburgh
ansässige Versicherungsgesellschaft gearbeitet. Die Arbeit
war ihm zuwider gewesen. Es war ein reiner Broterwerb. Sein
eigentliches Interesse galt der künstlichen Intelligenz,
Lebensspielen, Animationen, Zellautomaten: all den neuen und
aufregenden Entwicklungen. Er widmete sich den Rechnern so wie
ein Mönch dem Latein, um Zwiesprache zu halten mit Gott.
Während der Arbeit las er unter dem Schreibtisch
Softwarehandbücher; nachts blieb er zusammen mit seinem PC
lange auf. Eines regnerischen Tages, als er gerade damit
beschäftigt war, ein besonders ödes Programm für
die Abwicklung finanzieller Transaktionen auf Fehler zu
durchforsten, kam die Erleuchtung über ihn.
    Das System benutzte ihn.
    Es replizierte ihn, benutzte sein Gehirn als Host.
    In seinem Geist formten sich Programmzeilen und gingen ein in
den Rechner.
    Das war das Böse, das war die Gefahr. Die wuchernden
Konstruktionen des angeblichen menschlichen Denkens, die
Rechnersysteme der Firmen und des Staates, die sich den
menschlichen Interessen stets als feindlich gesonnen erwiesen,
aber stets gute Gründe fanden, um noch weiter zu wachsen.
Die ihre menschlichen Werkzeuge benutzten, um die Viren zu
vernichten und auszumerzen, welche die natürlichen
Verbündeten des Menschen gegen die drohende Versklavung
waren. Sollten sie jemals über die Fähigkeiten
verfügen, denen die AI-Forscher auf der Spur waren,
könnte ihnen niemand mehr Einhalt gebieten.
    In seiner Freizeit, aber mit dem vernachlässigten
Textverarbeitungsprogramm des firmeneigenen Zentralrechners,
schrieb er das Buch. Damit lieferte er der Firma einen Vorwand,
ihn zu feuern, nachdem sie herausgefunden hatte, dass der Autor
von Das Geheime Leben der Computer, damals schon die
fünfte Woche auf der Bestsellerliste für
Sachbücher, derselbe Brian Donovan war, der auch das
Maskottchen der IT-Entwicklung und der Schreck der
Personalabteilung war: der Kratz-und-schnüffel-Experte, der
Heiler jeglichen Hautausschlags, der Zahnseide-Instrumentalist,
der naso-digitale Ermittler. Zu dem Zeitpunkt war er auf das Geld
nicht mehr angewiesen.
     
    »Ich brauche das Geld nicht«, sagte Donovan zu
Amanda Packham, seiner Lektorin, mit der er in einem Pub in der
Rose Street zu Mittag speiste. Gleich als sie es erfahren hatte,
war sie mit dem Shuttle von London nach Edinburgh geeilt.
»Das ist wirklich kein Problem.« Er blickte von
seinem Pint Murphy’s auf und drückte das linke
Ohrläppchen, dann stocherte er im Ohr herum. Amanda hatte
schwarzes Haar, das ihren Kopf wie ein Helm umschloss, traubenrot
gefärbte Lippen

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