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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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damaligen
Forschern, die nach einer Rechtfertigung für ihre
Forschungen oder ihre Freizeitaktivitäten gesucht hatten,
eine nachprüfbare Verstärkung der kognitiven Prozesse
entgangen sein sollte; in Anbetracht der zahlreichen beteiligten
Interessengruppen war dies kaum vorstellbar. Freilich stellten
die Moleküle, die sie verwendete, neue Kombinationen dar,
und das auf einem Gebiet, wo ein paar neu zusammengefügte
Atombindungen signifikante Wirkungen erzielen konnten.
    Eine Droge zu finden, die zuverlässig die
Gedächtnisleistung steigerte…
    Am liebsten hätte sie ihre Entdeckung laut
hinausgeschrien. Nein, sie wollte wieder an die Arbeit gehen. Das
Ergebnis wasserdicht machen und es dann hinausschreien.
    Sie brauchte Haschischzigaretten, gestopft mit russischem
Cannabis. Aber wo…? Sie lachte über sich selbst,
stand auf und zog eine Packung an einem Automaten, den sie
bereits seit fünf Minuten anstarrte.
     
    Wieder im Labor angelangt, stellte sie das Gestell mit den
Reagenzgläsern auf einen Labortisch und verglich diese
systematisch mit den Notizen über die den Mäusen
verabreichten Dosen. Sie rief die Molekülstrukturen auf, die
eines THC-Moleküls und die der wahrscheinlichen Rezeptoren
auf der Neuronenoberfläche, und drehte sie in alle
Richtungen. Die Schritte auf dem Gang nahm sie erst bewusst wahr,
als sie vor der Tür abbrachen. Sie nahm die VR-Brille ab und
schaute hoch, als zwei Männer das Labor betraten. Einen
Moment lang, während sich ihre Lippen zu einem Lächeln
kräuselten, meinte sie, die Vertreter ihrer Sponsoren seien
zurückgekommen. Dann wurde ihr bewusst, dass dies Fremde
waren, und auf einmal kam alles zum Stillstand, ihr Atem stockte,
ihr Herz hörte zu schlagen auf. Und dann setzte alles wieder
ein, keuchend und rasend, vor ihr flüchtend.
    Es war ein dummer Trost, dass der Labortisch sie von den
Fremden trennte.
    Die beiden Männer, die sie ausdruckslos musterten, trugen
gleichartige schwarze Anzüge, weiße Hemden, dunkle
Krawatten. Die Kleidung passte ihnen nicht richtig, als wäre
sie schlecht geschnitten (was nicht der Fall war); der Stoff war
an ganz unerwarteten Stellen verschlissen (obwohl alles neu und
teuer wirkte). Einer der Männer war schwarz, der andere
weiß: als ob ein Kind die Bezeichnungen der Hautfarbe
wortwörtlich umgesetzt hätte.
    Sie näherten sich der anderen Seite des Labortischs
– auch ihr Gang wirkte unbeholfen, gestelzt – und
blickten auf Janis nieder. Sie schaute zu ihnen hoch. Sie wusste,
wen sie vor sich hatte.
    Der Raum drehte sich um sie, Fliehkräfte zerrten an ihr.
Sie presste die Unterarme gegen den Tisch; sie krallte sich in
die unnachgiebige Oberfläche, um nicht fortzufliegen.
    »Wir sind lediglich in beratender Funktion hier«,
sagte der Weiße.
    »Es würde Ihnen nicht gefallen, wenn wir in
vollstreckender Funktion hier wären«, meinte der
andere.
    Janis schüttelte den Kopf, Ausdruck unbedingter
Zustimmung. Nein, das wäre ihr bestimmt nicht recht. Auf gar
keinen Fall.
    »Wir raten Ihnen, die Versuchsreihe, mit der Sie derzeit
beschäftigt sind, einzustellen«, fuhr der Weiße
fort. »Es gibt andere vielversprechende, produktive und
begründete Herangehensweisen, die Ihre Sponsoren
zufriedenstellen werden. Sie brauchen nicht zu
erfahren…« – er stockte, runzelte die Stirn
und legte den Kopf schief, als lausche er –, »worauf
Sie gestoßen sind. Sie nähern sich einem verbotenen
Gebiet. Wenn Sie es betreten, werden weder Ihre Sponsoren noch
Sie selbst über die Folgen glücklich sein.«
    »Das können wir Ihnen versichern«, sagte der
Schwarze.
    »Denken Sie darüber nach«, meinte der
Weiße.
    Janis nickte heftig. Ja, sie würde ihren Rat beherzigen.
Ganz bestimmt.
    Beide Männer lächelten, was ihr einen kalten
Schauder über den Rücken sandte, dann wandten sie sich
ab und gingen hinaus. Sie hörte, wie sie sich im perfekten
Gleichschritt über den Gang entfernten und dann eilig die
Treppe hinunterpolterten. Sie stützte sich auf den
Labortisch, stemmte sich schwerfällig hoch. Dann richtete
sie sich auf und ging ans Fenster. Die beiden Männer traten
ins Freie und näherten sich energischen Schritts einem
hellgelben Miata, der mitten auf dem nächstgelegenen
Parkplatz stand. Ihr Gang war jetzt vollkommen verändert:
ganz normal, ganz natürlich; sie machten den Eindruck, in
eine angeregte Unterhaltung vertieft zu sein, und gestikulierten
wie zwei

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