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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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und große Augen. Er kam einfach nicht
damit zurecht, wie sie ihn unverwandt ansah.
    »Nein, das ist kein Problem, Mr. Donovan…
Brian«, sagte sie und lächelte fragend. Ihre Stimme
klang noch elektrisierender als übers Telefon, bis heute
sein einziger Kontakt mit ihr und den Verlegern.
    »Nennen Sie mich einfach Donovan«, sagte er
schüchtern und dankbar. Er musterte eine Fingerspitze und
wischte sie unauffällig am Hemdsaum ab.
    »Also gut. Donovan«, seufzte sie,
»Geldprobleme haben Sie also keine. Ihre bisherigen
Einnahmen sind sicherlich beträchtlich. Aber wir haben mit
Ihrem Buch noch mehr vor. Ich wurde von der
Blut-Okkultismus-und-Horror- Schiene abgezogen, in der ich
tätig war, als Ihr Manuskript zufällig auf meinem
Schreibtisch landete. Der Verlag möchte, dass ich eine neue
Reihe aufmache. ›Neue Ketzer‹ soll sie
heißen, und die Taschenbuchausgabe von Das Geheime
Leben soll in großer Aufmachung als Erstes darin
erscheinen.«
    »Oh. Das ist gut. Meinen Glückwunsch, Miss
Packham.«
    »Amanda. Danke.« Unglaublich weiße
Zähne. »Aber…« Sie hielt inne, blickte
stirnrunzelnd in ihr Beck’s, dann schüttelte sie sich
den Pony aus dem Gesicht und sah ihm unmittelbar in die Augen.
»Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie bleiben
unsichtbar, oder Sie gehen an die Öffentlichkeit, und das
würde bedeuten…«
    »Kein Problem«, meinte Donovan. »Das hatte
ich sowieso vor.« Er stocherte mit der Schuhkappe in einem
Haufen Einkaufstüten herum, was zur Folge hatte, dass Seife,
Waschmittel und Shampooflaschen über den gebohnerten Boden
schlitterten und rollten. Während er alles wieder
einsammelte, stapelte Amanda ein paar Bücher aufeinander,
die aus einer Tragetasche von Waterstones gerutscht waren: Wie
man Freunde gewinnt und Menschen beeinflusst, Wer wagt gewinnt,
Siegen durch Einschüchterung…
    »Ich glaube, Sie haben verstanden, worauf ich
hinauswill«, sagte sie.
    Später fragte er: »Welche Bücher wollen Sie
sonst noch in der Reihe ›Neue Ketzer‹
bringen?«
    »Kein New-Age, kein Neunziger-Jahre-Zeug«,
antwortete sie vorsichtig. »Bloß unorthodoxe, aber
ernsthafte wissenschaftliche Spekulationen.«
    »Ich verstehe«, meinte Donovan ohne Bitterkeit.
»Spinner.«
     
    Er ließ sie nicht hängen: er brachte seine
Unterlagen in Ordnung, räumte seine Wohnung auf. Seine
frühere Nachlässigkeit war teilweise Ausdruck seines
unterentwickelten Selbstbewusstseins, vor allem aber Folge seiner
Konzentration auf das gewesen, was er als seine eigentliche
Aufgabe betrachtete; dazu kam seine Zurückhaltung im Umgang
mit anderen Menschen, eine Nüchternheit und Wachsamkeit, die
sich bei näherem Hinsehen als Freundlichkeit und
Höflichkeit entpuppte. Und Amanda ließ ihn nicht
hängen. Sie brachte ihn in Talkshows und Diskussionsrunden
unter. Sie hielt den Mund, als er öffentlich für
Software-Viren-Epidemien verantwortlich gemacht wurde. Sie
überwies das Geld auf Konten in Übersee, als sein
Gesicht häufiger auf den Anschlagtafeln der Polizeistationen
auftauchte als auf dem Bildschirm. Bisweilen wünschte er, er
hätte sich für das erwiesene Vertrauen mit einer
persönlicheren Beziehung revanchieren können: noch nie
zuvor war eine Frau beständig freundlich zu ihm gewesen. Sie
aber fand einen neuen, jüngeren Ketzer, dessen Ideen den
seinen diametral entgegenliefen: ein Maschinenbefreier, der
glaubte, die verdammten Rechner besäßen bereits ein
eigenes Bewusstsein und würden unterdrückt. Offenbar
ein fehlgeleiteter Mensch, wie Donovan nachsichtig fand, aber
vielleicht hatte Amanda ja eine Schwäche für solche
Leute.
    Bei seiner Anhängerschar boten sich ihm gewisse sexuelle
Möglichkeiten, die ihn den Verlust verschmerzen
ließen. Er bemühte sich, andere Menschen nicht
auszunutzen, und suchte zu verhindern, dass sie aus der
Bekanntschaft mit ihm beim internen Machtkampf Vorteile zogen.
Damit scheiterte er vollständig, wenn nicht kläglich,
was spektakuläre Abspaltungen und Austritte zur Folge hatte.
Aber die Bewegung wuchs in dem Maße, wie sich die
bekämpfte Technik weiterentwickelte, und breitete sich
ebenso mühelos von Kontinent zu Kontinent aus, wie Hardware
und Software von einer Generation zur nächsten fortschritten
– ein kleiner Mitläufer im Bündnis der Antitechs,
aber der erste, der wahrhaft virtuell und global wurde. Das
feindselige Desinteresse, das die Organisation der
herkömmlichen

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