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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Version seiner
selbst erscheinen. Das künftige Model des Jahres.
    »Na schön«, sagte er. »Ich gehe hin.
Morgen Abend. Möchtest du mitkommen?«
    »Auf eine kommunistische Veranstaltung? Das ist nicht
dein Ernst. Ich hab was Besseres vor. Nicht wahr, Lyn?«
    Lynette schüttelte ihre Mähne und tat ihre Absicht
kund, sie am kommenden Abend zu waschen.
     
    Kaum dass Moh den kleinen angemieteten Saal im ersten Stock
des frisch renovierten Pubs Lord Carrington betreten hatte, sah
er sich mit der quälenden Frage konfrontiert, wie alt er
wohl gewesen sein mochte, als er zum ersten Mal ganz hinten in
einem solchen Raum gesessen hatte, bisweilen lesend oder mit
einem Spiel beschäftigt, dann wieder aufmerksam lauschend.
Am anderen Ende des Raums stand ein Tisch mit zwei Stühlen
dahinter; in der Nähe des Eingangs stand ein zweiter Tisch
mit einem Stapel noch druckfrischer Exemplare des Roter
Stern und mit ausgebreiteten Pamphleten mit abgegriffenen,
eselsohrigen Einbänden. Im Rest des Raums hatte man voller
Optimismus etwa vierzig stapelbare Plastikstühle
aufgestellt.
    Etwa zwanzig Leute waren erschienen, um sich den
Weltraumarbeiter anzuhören, einen untersetzten Mann namens
Logan, mit langen Gliedmaßen und einem schweren
Sonnenbrand. Stone lauschte hingerissen, ballte die Fäuste,
stand am Ende auf und machte wilde Versprechungen, er wolle Geld
auftreiben und die Sache herumerzählen. (Er hielt sie.) Kohn
achtete auf die tieferliegende Bedeutung und untergründige
Strukturen und war sich nach etwa zwei Minuten sicher, dass
dieser Mann nicht bloß ein militanter Redner auf einem
Parteipodium war, sondern ein militantes Parteimitglied. Es war
schlichtweg undenkbar, dass er in der gleichen Liga spielte wie
der alte Mann neben ihm oder die alte Frau hinter dem Buchtisch.
Beide wirkten wie Gespenster, mit dünnem Haar und
Zähnen, die ebenso vergilbt waren wie ihre Bücher.
    Das Gespenst der Vierten Internationalen… Der alte Mann
sprach von Solidarität und dem Grubenstreik 1984-85, der ihm
die Augen für die Wirklichkeit des Kapitalismus
geöffnet habe… Gespenster. Und gleichwohl hatte
dieser Phantomapparat, dieser Quastenflosser von einer
Organisation, einen jungen Mann dazu gebracht, seine
Erwerbsgrundlage und vielleicht sogar sein Leben aufs Spiel zu
setzen, um diese Botschaft in den Weltraum zu transportieren. Auf
seine Weise war dies ebenso eindrucksvoll wie die Leistung des
entarteten sowjetischen Arbeiter- und Bauernstaates, als erstes
Land der Welt einen Astronauten in den Weltraum geschickt zu
haben. (Nachdem man Sergej Korolew und seine Kollegen aus dem
Lager geholt hatte, in das man sie wegen Trotzkismus eingesperrt
hatte. Kohn lächelte vor sich hin. Falls es stimmte, dass es
tatsächlich die Vierte Internationale gewesen war, die
Gagarin in den Orbit geschossen hatte!)
    Unvermittelt wurde ihm der eigentliche Grund für die
Generationenlücke auf dem Podium bewusst: so alt, dass sie
seine Großeltern hätten sein können, jung genug,
um sein Bruder sein zu können; keiner in dem Alter seiner
Eltern. Das war das typische Bevölkerungsprofil der
vernichtenden Niederlage.
     
    Autos rasten durch die Straßen, Männer mit
Gewehren beugten sich heraus, brüllend und schießend.
Autos, die später wiederkamen, aus denen Männer
ausstiegen und schossen. Das Plastikband, das ins Handgelenk
schnitt, stolpernde Füße und fließendes Blut.
Und die Leute, unsere Leute, unsere Seite, unsere Klasse, die
dabeistanden und tatenlos zuschauten.
     
    Ehe er sich’s versah, war die Veranstaltung beendet.
Menschen wimmelten umher, holten sich etwas zu trinken,
drängten sich am Büchertisch, schoben Stühle zu
Reihen und Kreisen zusammen… Moh überlegte gerade,
wie er mit jemandem ins Gespräch kommen sollte, als der
Weltraumarbeiter zu ihm herüberkam.
    »Lust auf’n Pint, Kumpel?«
    Moh rückte ein paar Stühle zurecht. »Ich hol
das Bier«, sagte er. »Du bist der ohne
Arbeit.«
    Logan lachte. »Ich gehöre immer noch der orbitalen
Arbeiteraristokratie an«, meinte er, »und du hast
gerade einen Streik hinter dir, stimmt’s? Also – was
möchtest du trinken?«
    Kurz darauf kam er vom Tresen zurück und fing eine
Unterhaltung an, wobei er sich zumeist an Stone wandte, Moh aber
mit raschen Seitenblicken und kurzen Bemerkungen einbezog.
Anscheinend war ihm Stones Wortmeldung aufgefallen, und er hatte
ihn sich als guten Militanten und potenziellen

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