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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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sie noch immer, so weit das geht.«
    »Woher wissen Sie, dass sie mittlerweile nicht angezapft
sind?«, fragte Bernstein.
    »Es gibt Testprotokolle«, erklärte der alte
Mann. Mehr wollte er nicht sagen. Moh glaubte, ihn verstanden zu
haben. Es musste möglich sein, die Sicherheit eines solchen
Systems mittels bestimmter Routinen zu testen, die
Rückmeldung gaben, wenn sie abgefangen wurden.
    Ganz schön haarig und nicht unbedingt ein Thema,
über das man gerne sprach.
    »Hin und wieder«, sagte Logan, »stoßen
wir auf Hinweise auf die Sternenfraktion. Bisweilen erhalten wir
dringende Mitteilungen – von ihren Mitgliedern? –
welche besagen, wir sollten nichts unternehmen. Noch
nicht.«
    Er lehnte sich mit Und-was-hältst-du-davon?-Miene
zurück.
    »Wahrscheinlich eines von Joshs Testprotokollen«, meinte Bernstein und lachte.
    »Wäre möglich«, sagte Logan.
»Solltest du mal was drüber rausfinden, Moh, dann sag
es uns. Bitte.«
    Moh blickte den jungen und die beiden alten Kader nicht ohne
Bitterkeit an. »Sollte ich etwas herausfinden – das
ist wirklich ein guter Witz. Wir haben alles verloren. Die
Scheißyanks haben unser Haus demoliert und es uns
abgenommen, nachdem… nachdem…« Er konnte
nicht weiterreden. »Und den Grund habe ich nie erfahren.
Die Schweine haben es uns nie gesagt.«
    In dem hell erleuchteten, kahlen Raum herrschte Schweigen. Die
anderen waren entweder nach Hause oder in den Pub hinunter
gegangen. Übrig geblieben war der harte Kern.
    »Ich suche nach Antworten«, sagte Kohn.
    Die alte Frau legte ihm die Hand auf den Arm. »Wie
hätten wir Sie erreichen sollen? Sie und Ihre Schwester
waren verschwunden. Und wir kennen den Grund ja selber nicht. Die
Partei hat im Friedensprozess viele Leute verloren, aber daran
waren die Restaurationskräfte schuld, die Hannoveraner. Und
das wissen Sie auch, verdammt noch mal. Josh und Marcia waren die
Einzigen, auf die es die US/UN abgesehen hatten.« Sie holte
tief Luft und fröstelte. »Standrechtliche
Erschießung und Beschlagnahme des Vermögens –
das war bei den Yanks bei Waffen- und Drogenbesitz damals
übliche Praxis.«
    »Aber sie waren keine…«, setzte Moh gereizt
an, dann verstummte er. Denkbar war es schon. Jedenfalls was die
Waffen anging.
    »Und bei Besitz illegaler Software«, sagte
Bernstein. »Nach allem, was du erzählt hast,
könnte das durchaus sein.«
    Moh verspürte jähe Erleichterung und Dankbarkeit.
Illegale Software – ja. Zum ersten Mal ergab alles einen
Sinn: es hatte sich nicht bloß um eine willkürliche
Gräueltat gehandelt. Aber wenn das die Antwort war, dann
ergaben sich daraus neue Fragen.
    »Weshalb hat er daran gearbeitet,
bis…?«
    »Nicht wegen uns«, sagte die alte Frau.
»Wenn er für die Partei gearbeitet hätte,
wäre ich darüber informiert gewesen. Aber das war nicht
der Fall.«
    Sie klang vertrauenswürdig, und Moh war ihre warmherzige
Art sympathisch, doch er glaubte ihr nicht ganz. Er hielt jeden,
der einer Partei oder einem Programm, einem Jahrhunderte
umspannenden politischen Projekt, den höchsten Wert
beimaß, für unbedingt fähig, anderen ins Gesicht
zu lügen. Wenn man bereit war, für etwas zu sterben,
dann log man auch dafür.
    Dennoch kannte er jetzt einen Teil der Antwort und hatte eine
Verbindung zwischen dem Tod seiner Eltern und ihrem Leben
hergestellt. Seine innere Anspannung verflüchtigte sich
teilweise, seine Feindseligkeit gegenüber der Partei
ließ nach.
    Logan blieb noch, nachdem Bernstein und die alten Genossen
gegangen waren. Er ging mit Stone und Moh in den Pub hinunter,
gab ihnen noch ein paar Runden aus und erzählte ihnen von
den Absichten der Partei.
    Moh hörte zu; er sah keine Gespenster mehr, sondern hatte
eher den Eindruck, mit der transplantierten Netzhaut eines Toten
zu sehen. Diese Bilder wurde man niemals los. Man sah die
wiederkehrenden Muster: endloser Orbit, permanente Revolution.
Die Phylogenese der Parteien, die Teratologie deformierter
Arbeiterstaaten, die Pathologie bürokratischer
Entartung… Jetzt versuchte es also die Weltraumbewegung,
betrieb ihre kleinen anarcho-kapitalistischen Enklaven auf der
Erde und koexistierte überall sonst mit den Yanks.
    »An diesem Punkt kommen wir ins Spiel«, sagte
Logan. »Wir müssen einen kämpferischen linken
Flügel der Weltraumbewegung aufbauen und etwas daraus
machen, das mehr gegen die US/UN ausrichten kann, als bloß
den privaten Raketenbetrieb

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