Das Stonehenge-Monstrum
getrockneten Blutfäden an den Nasenlöchern.
Seine Angst war um keinen Deut geringer geworden, das stand für Suko und mich fest.
»Ist er im Haus?« fragte ich.
Er hob die Schultern.
»Wenn nicht, wo kann er sein?«
Wieder blieb er stumm. Ich wußte nicht, ob er nicht reden wollte oder es nicht konnte. Jedenfalls mußte er in unserer Nähe bleiben, und so nahmen wir ihn auch in die Mitte, wobei wir ihn abstützten, damit er uns nicht zusammenbrach.
Das Haus glich einem alten Klotz. Auf seinem Dach stand ein zweiter Klotz, nur schmaler und schlanker. Beide ähnelten sich insofern, als daß sie keine Fenster hatten, nicht einmal die viereckigen Löcher waren zu sehen, und die Bauten machten zudem auf uns einen sehr verlassenen Eindruck.
Das konnte täuschen…
»Du weißt nicht, wer im Haus geblieben ist?« fragte ich Whisper noch einmal.
Der schüttelte nur den Kopf und zitterte wieder. Sein Körper verwandelte sich in eine Maschine, die aus zahlreichen Ersatzteilen bestand. Nur hatte der Erfinder vergessen, sie richtig wieder zusammenzufügen, denn der Mann bebte unkontrolliert an allen Gliedern, und seine Zähne klappten wieder zusammen, während ihm ein ums andere Mal eine Gänsehaut über das Gesicht lief.
Er blieb auch stehen, ließ sich nicht weiterzerren und hielt die Augen geschlossen. Von verschiedenen Seiten her schauten wir ihn an. Obwohl er beide Augen geschlossen hielt, berichtete er uns, was er in dem Haus sah.
»Das Licht das Licht… es wird töten. Es tötet mich. Es wartet auf mich.«
Ich gab meiner Stimme einen ruhigen Klang, als ich ihn ansprach.
»Niemand will dich töten, Whisper, niemand. Es wartet auch keiner auf dich, glaube es mir. Es brennt kein Licht, kein Rechteck ist hell. Im Haus ist es finster.«
»Doch, es ist da!«
»Wir werden es genau untersuchen«, sagte Suko leise und stand mir bei. Sein besorgter Blick traf unseren Schützling, der sich mittlerweile und zwischen uns beiden wieder in Bewegung gesetzt hatte, allerdings mit sehr schweren Schritten, je näher wir dem Haus kamen. Seine Furcht wuchs damit yardweise.
Es lag möglicherweise auch an der Umgebung, die einen so negativen und depressiven Eindruck auf ihn machte. Hier gab es nichts, was man als freundlich hätte bezeichnen können, und ich glaubte auch nicht daran, daß sich während des Tages viel ändern würde. Dieses Viertel war zum Abbruch bestimmt und dann vergessen worden. Durch den tiefen Luftdruck stank der Fluß. Und dieser faulige Geruch wehte in unsere Nasen. Mir kam es vor, als hätte mir jemand alten Fisch in den Mund gestopft.
Wir zogen den zitternden Whisper weiter. Er sprach wieder, doch er redete ziemlich abstrakt, denn er kam auf seinen Tod zu sprechen. Ein fürchterliches Schicksal würde ihn ereilen. Er würde so schlimm sterben wie kaum jemand vor ihm, und auch wir schafften es nicht, ihn von diesem Gedanken abzubringen.
»Wer sollte dich denn umbringen?« fragte Suko.
»Das Licht, das kalte Licht. Es ist das Licht der Sterne, es ist uralt, es ist grausam, und es stammt aus den Anfängen des Seins…«
Suko runzelte die Stirn, als er mich anschaute. Diese Worte gefielen uns gar nicht, denn beide wußten wir ja von diesem Sternenlicht, das in den Augen und dem Mund des Monstrums gelauert hatte. Auch mir war dieser blaßbleiche Schein unheimlich gewesen, nur hätte ich nie daran gedacht, daß er mich töten würde.
Ich führte Whisper allein weiter, während sich Suko von uns gelöst hatte und auf den Eingang zuschritt. Er war nicht mehr als ein viereckiges Loch, die Tür hatte jemand herausgestemmt.
Suko zog zuerst seine Waffe. Anschließend die kleine Lampe und strahlte damit in den Bau.
Whisper und ich warteten ab.
Nach einigen Sekunden drehte sich Suko um, winkte, bevor er als erster den kastenartigen Bau betrat und in der grauen Düsternis verschwand, als wäre er von ihr aufgesaugt worden.
Whisper sträubte sich noch einmal und sprach von seinem Ende. Ich kannte kein Pardon und schob ihn über die Schwelle. Suko bewegte sich bereits weiter oben. Seine Lampe bewegte er im Kreis. Sie kam mir vor wie eine Sternschnuppe.
»Hier ist alles frei. Keine Spur von den Sternenjüngern. Ihr könnt ruhig kommen.«
Neben mir versteifte Whisper. »Ihr kennt sie?«
»Wir haben von den Sternenjüngern gehört«, stellte ich richtig. Whisper enthielt sich einer weiteren Bemerkung. Statt dessen schob er sich vorsichtig in das Haus hinein, in dem eigentlich nichts mehr so war, wie es hätte
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