Das Stonehenge - Ritual
verfügt.« Kaum hat sie diese Worte ausgesprochen, bereut sie sie auch schon. Falls einer der beiden Männer Freimaurer ist, hat sie die Sache soeben in den Sand gesetzt. »Sir, laut den kodierten, von Gideon Chase gefundenen Tagebüchern glauben die Anhänger des besagten Kults daran, dass ihnen der Steinkreis von Stonehenge Segen und Schutz spendet, vorausgesetzt, ihren Göttern werden in regelmäßigen Abständen rituelle Menschenopfer dargebracht.«
Die zwei Männer sehen sich an, beide mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. »Es fällt mir sehr schwer, das zu glauben. Menschenopfer kommen im modernen Europa nicht mehr vor«, erklärt Gibson. »Selbst in Amerika, wo es mehr als genug Extremisten gibt, hat es in den letzten paar hundert Jahren einige wenige dokumentierte Fälle gegeben. Wie gesagt, ich habe mit Ihrer Theorie wirklich meine Probleme.«
»Die hatte ich anfangs auch, Sir«, antwortet Megan, »aber gewisse Ereignisse haben mich eines Besseren belehrt.«
Willis wirft einen ungeduldigen Blick auf seine Armbanduhr. »An welche Ereignisse denken Sie dabei?«
»Es scheint alles auf Stonehenge hinauszulaufen. Das Heiligtum steht im Zentrum all unserer letzten größeren Fälle. Nathaniel Chase, ein Stonehenge-Fachmann, begeht Selbstmord. Lock und Timberland werden überfallen, während sie auf dem Weg zu den Steinen sind. Sean Grabb, einer der Männer, die wir deswegen befragen wollten, wird in Bath tot aufgefunden. Er arbeitete als Wachmann in Stonehenge. Und all das passiert mehr oder weniger zur Zeit der Sommersonnenwende.«
Gibson wirkt inzwischen interessiert, oder vielleicht auch nur amüsiert. Megan ist sich da nicht so sicher. »Sir, ich habe die Krankenakte von Gideon Chase überprüft. Er hat mir erzählt, er habe als Kind an einer Krebserkrankung gelitten und sei durch die Steine geheilt worden. Den ärztlichen Aufzeichnungen zufolge scheint seine Behauptung zuzutreffen.«
Willis runzelt die Stirn. Für ihn klingt das einfach nicht glaubhaft. »Wollen Sie damit behaupten, in seiner Krankenakte steht, er sei durch einen Steinkreis von Krebs geheilt worden?«
»Nein, Sir. In den Unterlagen steht nur, dass er an einer unheilbaren Form von Krebs litt und geheilt wurde. Die Ärzte haben dafür keine Erklärung angegeben – einfach, weil sie keine finden konnten.«
Gibson seufzt entnervt. »Kollegin Tompkins hat gesagt, Beweismaterial sei manipuliert worden. Welches Beweismaterial, und wie wurde es manipuliert?«
Megan begreift, dass seine Geduld zur Neige geht. Sie fasst die Fakten so knapp wie möglich zusammen. »Jemand ist in das Haus von Nathaniel Chase eingebrochen und hat es in Brand gesteckt. Vorher aber hat der Betreffende versucht, etwas Wertvolles zu entwenden oder zu zerstören. Wir sind der Meinung, dass besagter Einbrecher es auf die Tagebücher des Professors abgesehen hatte, von denen wir inzwischen wissen, dass sie von Stonehenge und dem damit verbundenen Kult handeln. Seinem Sohn Gideon ist es gelungen, eine Handy-Aufnahme von dem Eindringling zu machen. Dank unseres Gesichtserkennungsprogramms ergab sich eine Übereinstimmung mit einem ortsansässigen Mann. Außerdem stellten wir bei dem Einbruch mehrere Gegenstände sicher. Es handelte sich dabei um Werkzeuge aus einer Tasche, die der Täter am Tatort zurückgelassen hatte. Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, waren sämtliche Beweisstücke aus der Asservatenkammer verschwunden. Zusätzlich wurden alle damit zusammenhängenden Spuren aus meinem Computer gelöscht. Unter anderem die elektronische Nachricht über den Treffer bei der Gesichtserkennung. Sämtliche diesbezüglichen Informationen sind aus meinen Dateien verschwunden.«
Gibson macht sich ein paar Notizen und wendet sich dann an Tompkins. »Wir müssen über diese Sache noch einmal separat sprechen und uns überlegen, wie wir da vorgehen wollen.«
Sie nickt.
Der Londoner Polizeipräsident lehnt sich zurück und mustert Megan prüfend. Auch wenn das alles völlig verrückt klingt, scheint sie ihm dennoch eine erstklassige Beamtin zu sein und gar nicht der Typ, der sich zu Hirngespinsten hinreißen lässt. Ihm ist außerdem bekannt, dass sie eigentlich längst in Swindon sein und eine neue Cold-Case-Einheit aufbauen sollte. Auf keinen Fall aber sollte sie hier sitzen und mit ihm über diesen Fall zu sprechen, noch dazu hinter dem Rücken ihres Chefs.
Er beugt sich vor, stützt sich auf den Schreibtisch und legt die Handflächen aneinander. »Sie sind
Weitere Kostenlose Bücher