Das Stonehenge - Ritual
eine erfahrene Beamtin, Megan, und als solcher ist Ihnen sicher bewusst, dass unsere Ermittlungen auf Messers Schneide stehen. Das FBI , Interpol, private Ermittler und die meisten Einsatzkräfte der britischen Polizei jagen irgendwelchen Spuren hinterher. Die aussagekräftigsten Hinweise, die unsere behördenübergreifenden Ermittlungen bisher ergeben haben, lassen vermuten, dass ein internationales Verbrechersyndikat Caitlyn entführt hat und nun Lösegeld von ihren Eltern erpresst. Die geforderte Summe beläuft sich im Moment auf zwanzig Millionen Dollar. Ich respektiere die Art und Weise, wie Sie sich an uns gewandt haben. Aber ich kann im Moment nicht riskieren, aufgrund Ihrer Behauptungen weitere Mittel zu verschwenden. Ich …«
»Aber Sir, …«
Er fällt ihr ins Wort. »Lassen Sie mich doch erst mal ausreden.« Mit strengem Blick fährt er fort: »Ich brauche Beweise. Beschaffen Sie mir die kodierten Tagebücher, von denen Sie gesprochen haben. Ferner brauche ich Beweise dafür, dass es in der Vergangenheit tatsächlich zu Menschenopfern gekommen ist. Ich brauche etwas Konkretes, Forensisches, bevor ich auch nur daran denken kann, kostbare Zeit und Leute abzuzweigen, die ich eigentlich bereits anderweitig eingesetzt habe. Bringen Sie mir diese Beweise, und Sie bekommen eine andere Antwort.«
Tompkins schiebt ihren Stuhl zurück. »Vielen Dank, Commander.« Sie nickt zu Willis hinüber. »Chief Superintendent. Mir wäre sehr daran gelegen, dass dieses Gespräch vorerst unter uns bleibt. Aus den genannten Gründen.«
»Einverstanden«, antwortete Gibson, »aber nur vorerst.«
135
Der Tag vor dem Ritual läutet eine heilige Phase ein, eine Zeit der Andacht. Der Meister, der Innere Kreis und alle Jünger beginnen ein frommes Fasten. Das geschieht aus Respekt vor dem Opfer. Sie trinken in dieser Zeit nur Wasser. Außerdem enthalten sie sich sexueller Akte jedweder Art, sowohl aktiver als auch rein beobachtender Natur. Diese Phase endet mit der ersten Abenddämmerung nach Vollendung der Zeremonie.
Der Henge-Meister erklärt Gideon den Sinn dieses Strebens nach Reinheit, während sie gemeinsam in seiner Kammer sitzen. »Das Ritual der Erneuerung ist uns heilig. Aber das bedeutet nicht, dass wir Barbaren sind. Nein, das sind wir nicht. Die wichtigste Person in unseren Reihen ist im Moment diejenige, die geopfert werden sollte.« Seine linke Hand ruht auf den vier Tagebüchern. »Ich glaube, dass du durch deinen Vater weitaus mehr über die Heiligkeit des Lebens und seine Bedeutung im Tod gelernt hast als die meisten anderen Menschen.«
Gideon weiß nicht recht, worauf er hinauswill. »Ich weiß nur, dass er bereit war, sein Leben dahinzugeben, um meines zu retten. Um mir die Chance zu geben, selbst Kinder großzuziehen.«
»Genau. Ein einzelnes Opfer für das größere Wohl der vielen.« Der Meister studiert das Gesicht des ihm gegenübersitzenden jungen Mannes. »Es ist bei uns üblich, dass einer von uns Jüngern, für gewöhnlich ein Mitglied des Inneren Kreises, die letzten schwierigen Stunden in Gesellschaft des Opfers verbringt. Damit die betreffende Person bis zur letzten Minute moralische und spirituelle Unterstützung erhält. Und um sicherzustellen, dass ihr nichts passiert, bevor das Ritual beginnt. Ich hätte gerne, Gideon, dass diesmal du diese Aufgabe für uns übernimmst.«
Er kann seinen Schock nicht verbergen. »Das verstehe ich jetzt nicht. Warum ich?«
Der Meister lächelt. »Ich glaube, du verstehst sehr wohl, Gideon. Ich bin mir fast sicher, dass du weißt, warum ich dir ein so hohes Maß an Gnade und Gunst erwiesen habe. Warum ich persönlich so viel Vertrauen und Glauben in dich setze, obwohl einige aus meinem näheren Umkreis stark bezweifeln, dass es weise von mir war, dich am Leben zu lassen.«
Gideon läuft es kalt über den Rücken.
»Es ist mir wichtig, mit klarem Verstand und offenem Geist in das Ritual zu gehen. Deshalb verrate mir, Gideon, ob dein Vater dir noch etwas enthüllt hat, das du mir bisher verschwiegen hast.«
Gideon schüttelt den Kopf. Sein Nein entspricht der Wahrheit. Trotzdem weiß er, worauf der Meister hinauswill. Vor seinem geistigen Auge sieht er erneut seine Mutter. Die zerbrechliche alte Frau, die er kaum wiedererkennt, sitzt noch einmal in ihrem Totenbett. Sie spricht die Worte, die sein Leben auf den Kopf stellen.
Nathaniel ist nicht dein Vater, Gideon.
Der Henge-Meister liest es in seinen Augen. »Dann hat es dir deine Mutter gesagt.
Ich
bin
Weitere Kostenlose Bücher