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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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Ihnen das helfen?«
    »Ich schaffe das schon allein.«
    »Verstehe.« Sie klingt mitfühlend. »Rufen Sie mich an, wenn Sie es sich anders überlegen.«
    Gideon beendet das Gespräch und eilt zurück nach oben.
    Als er den geheimen Raum zum zweiten Mal betritt, empfindet er einen Anflug von Unbehagen. Er hat Angst, dass es sich bei den Videobändern um Pornos handeln könnte. Er versucht sich einzureden, dass das gar nicht so tragisch wäre. Weil es noch viel schlimmer sein könnte. Womöglich haben sie mit Nathaniels Grabräuberei zu tun, seinem höchst fragwürdigen »Handel« mit teuren Kunstgegenständen.
    Für einen Moment bleibt er stehen und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Jahrelange Übung hat ihn gelehrt, dass man sich die Landschaft erst einmal ansehen sollte, bevor man sie aufgräbt. Der alte Spruch, man müsse immer als Erstes das Terrain sondieren, trifft auf die Archäologie in besonderem Maße zu: Das Terrain kann einen zum Narren halten wie eine treulose Geliebte und einen Jahre seines Lebens kosten.
    Gideon ist klar, dass sein Vater der letzte Mensch war, der diesen Raum vor ihm betreten hat. So wie es dort nun aussieht, hat
er
ihn hinterlassen. Im Großen und Ganzen sauber und ordentlich, mal abgesehen von ein paar offenen DVD -Hüllen. Wohlgeordnet. Vor dem Fernsehgerät, das an die Wand montiert ist, steht ein Schreibtischsessel aus Leder, in der Mitte des Raumes ein niedriger Couchtisch. Auf der Gideon zugewandten Seite weist der Tisch Spuren von Schuhcreme auf. Vermutlich hat sein Vater dort immer seine Füße hochgelegt, während er auf den Bildschirm starrte. Auf dem Tisch entdeckt Gideon ein schweres, nach Whisky riechendes Glas, aber weder eine Karaffe noch eine Flasche. Er vermutet die Alkoholvorräte in einem der eingebauten Schränke im unteren Teil des Regalsystems, mit dem der ganze Raum ausgestattet ist. Auf den hinteren Regalfächern stehen Kisten. Er fragt sich, wie viel sein Vater zum Schluss wohl getrunken hat. Neben dem Glas befindet sich ein uralter Laptop – einer von denen, die noch Floppy Disks benötigen –, außerdem ein Notizblock und ein kleiner, hässlicher Stifthalter aus Ton, den er sofort wiedererkennt. Gideon hat ihn mal in der Schule gemacht und zum Vatertag mit nach Hause gebracht.
    Ihm ist klar, dass dieser Raum dazu gedient hat, Aufzeichnungen zu sammeln, durchzusehen und zu archivieren. Aber worum mag es sich bei diesen Aufzeichnungen handeln? Die Fernbedienung des Fernsehers liegt in Reichweite des Sessels, und Gideon schaltet das Gerät an. Unterhalb des Fernsehers sind drei Regalfächer eingebaut. In einem steht ein klobiger, fast schon historisch anmutender Videorecorder, im nächsten ein DVD -Player, und das unterste Fach sieht aus, als wäre es für Kram gedacht – Kabel, offene Videohüllen und Kleingeld.
    Als der Fernseher zum Leben erwacht, beginnt auf dem Bildschirm ein körniger Nebel aus Schwarz und Weiß zu flimmern. Der DVD -Player springt ebenfalls an und ringt einen Moment um die Oberhand bei der Auswahl des Kanals. Auf dem Bildschirm taucht ein unscharfes, ebenfalls sehr körniges Bild auf. Allem Anschein nach handelt es sich um die digitale Kopie eines alten Super- 16 -mm-Films. Das Gesicht seines Vaters ist ganz aus der Nähe aufgenommen, so dass Gideon die Poren seiner Haut sehen kann, die Bartstoppel und Pigmentflecken – die Spuren, die das Leben in seinem Gesicht hinterlassen hat. Aus Nathaniels Augen leuchtet jener fast wahnhafte Enthusiasmus, den er nur dann entwickelte, wenn er über prähistorische Dinge sprach. Gideon kommt es vor, als wäre plötzlich die Uhr zurückgedreht worden: Ein weiteres Mal erlebt er seinen Vater als glühenden Verfechter seiner Theorien. Wild gestikulierend stellt Nathaniel eine Verbindung zwischen Stonehenge und anderen megalithischen Stätten Westeuropas her.
    »Diese Schöpfung – dieses
Wunder
 – hinter mir ist keineswegs einzigartig, nein, ganz und gar nicht. Sobald Sie sich auf die Felder der Geschichte begeben, werden Sie feststellen, dass die vorchristlichen Mystiker einen
gemeinsamen Gesamtplan
hatten – einen Plan, der sich über die ganze damals bekannte Welt erstreckte. Denken Sie etwa an Fundorte im heutigen Deutschland: Diejenigen, die in der Talheimer Todesgrube – beim Massaker von Talheim – ums Leben kamen, wussten genau, wofür sie starben. Dasselbe gilt für jene, welche die Teufelsküche im Haldenslebener Forst bauten, die Dolmen von Lancken-Granitz und die

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