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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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sucht er zusätzlich nach etwas, womit er sich verteidigen kann. Im Schuppen findet er eine Axt, und aus einem Holzblock in der Küche zieht er ein langes Messer. Etwas Besseres hat das Haus nicht zu bieten. Zwar kommt er sich ganz schön gestört vor, weil er nun mit diesen Waffen herumläuft, während er sich als spätes Mittagessen Bohnen auf Toast macht, aber lieber fühlt er sich etwas blöd und lächerlich als starr vor Angst.
    Hinterher entdeckt er noch eine Fernbedienung, mit der sich die Gartentore automatisch schließen lassen, und macht umgehend davon Gebrauch. Anschließend aktiviert er die Alarmanlage für die unteren Räume und zieht sich mit einer Tasse Tee, einer Flasche Wasser, seinem Messer und der Axt in die geheime Kammer seines Vaters zurück. Ihm ist klar, dass das in seinem Leben kein Dauerzustand werden darf, aber im Moment geht es nicht anders. Er will sich einigermaßen sicher fühlen und nicht ständig Angst haben müssen. Prompt fällt ihm die Bemerkung des Bauunternehmers ein, der Boden sei vielleicht nicht mehr stabil. Was, wenn der Mann recht hat? Was, wenn durch das Feuer die Stützbalken beschädigt sind und womöglich jeden Moment nachgeben? Dann wird er ins Erdgeschoss hinunterstürzen und sich mit ziemlicher Sicherheit das Genick brechen. Gideon hat das Gefühl, langsam durchzudrehen. Die Angst breitet sich wie ein Virus in ihm aus. Er muss einen Weg finden, sie zu bekämpfen.
    Systematisch und so emotionslos wie möglich versucht er, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, indem er mit dem Entschlüsseln der Tagebücher fortfährt. Am späten Abend ist er schließlich in der Lage, die Aufzeichnungen relativ flüssig zu übersetzen, ohne ständig die Liste mit den Symbolen zu Hilfe nehmen zu müssen. In einem der Bände vertritt Nathaniel die Überzeugung, die Jünger der Geheiligten hätten den Ausbruch der Asiatischen oder Russischen Grippe im Jahre 1889 völlig unbehelligt überstanden, obwohl damals eine Million Menschen an dieser Krankheit gestorben seien. Nach Meinung seines Vaters blieben sie auch von der 1918 ausgebrochenen Spanischen Grippe verschont – einem Virus, der im Lauf der Zeit fast fünfzig Millionen Menschen das Leben kostete. Ähnlich verhielt es sich angeblich 1957 , als die Asiatische Grippe erneut über die Welt hinwegfegte und fast zwei Millionen Menschen auslöschte. Ebenso 1968 , als die Hongkong-Grippe eine Million tötete, und schließlich 2009 beim Ausbruch der tödlichen Schweinegrippe, verursacht durch den H 1 N 1 -Virus. Keiner der Jünger war gestorben.
    Gideon steht diesen Behauptungen skeptisch gegenüber, ist aber dennoch fasziniert. Er schließt keineswegs aus, dass sein Vater recht hat. Möglicherweise handelt es sich um eine Art psychosomatische Reaktion auf die Steine, ausgelöst durch einen sehr starken Glauben. Lourdes kommt ihm in den Sinn. Soweit er sich erinnern kann, sind im Lauf der Zeit über zweihundert Millionen Menschen dorthin gepilgert. Für einen Atheisten wie Gideon handelt es sich dabei um vergleichbare Phänomene: hier die Heilkraft der Steine, dort das heilende Wasser einer Grotte in den Ausläufern der Pyrenäen. Das eine so unglaublich wie das andere.
    Er wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. Schon ein Uhr. Er fühlt sich erschöpft. Obwohl er Hunger hat, ist er zu müde und auch zu ängstlich, um noch einmal hinunterzugehen und sich etwas zu essen zu machen. Er beschließt, eine letzte Seite zu lesen, bevor er sich schlafen legt.
    Nach ein paar Zeilen bereut er diesen Entschluss bereits. Die Passage, auf die er sein Augenmerk gerichtet hat, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren:
    Gideon weiß lediglich, dass seine Mutter an einer tödlichen Krankheit litt. Das einzig Gute am Wort »Krebs« ist, dass sein beängstigender Klang die meisten Menschen – insbesondere Kinder – davon abhält, genauer nachzufragen. Ich hoffe, Gideon wird zeit seines Lebens nicht erfahren, dass es sich um CLL handelte, und vor allem niemals herausfinden, dass diese Krankheit vererbbar ist. Ich setze all mein Vertrauen in die Geheiligten – in den Bund, den ich mit ihnen schließe, und in mein reines Blut, das ich hingebe, um damit das Blut meines Kindes zu reinigen.
    Er liest den Abschnitt noch einmal. Während er krampfhaft versucht, den Sinn der Worte zu begreifen, beginnt sich in seinem Kopf alles zu drehen. Nur die Schlüsselbegriffe – Krebs, vererbbar, CLL  – haben sich klar und deutlich in sein Gehirn eingebrannt.
    CLL

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