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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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»Time Is on My Side«, einer langsameren Nummer. Hugo kam näher und legte einen Arm um sie. Sie ließ ihn gewähren. Schließlich tanzten sie ja nur, zudem waren sie enge Freunde. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und wiegte sich zur Musik.
      »Ich werde euch vermissen, Hugo«, sagte sie beim Tanzen. »Ich hoffe wirklich, dass wir alle in Kontakt bleiben können.«
      »Werden wir«, sagte Hugo und drehte seinen Kopf, so dass sie ihn hören konnte. »Noch weiß keiner, was aus uns werden soll. Höchstwahrscheinlich gehen wir stempeln. Vielleicht kommen wir aber auch alle zu dir und Galen nach Kanada.«
      »Wenn wir dort angenommen werden.«
      Er zog sie näher an sich. Sie hörten auf zu reden und ließen sich von der Musik treiben. Sie konnte Hugos warmen Atem in ihrem Haar spüren, seine Hand war ihren Rücken bis zum Steiß hinabgerutscht. Auf der Tanzfläche wurde es voller. Wohin sie sich auch bewegten, überall schienen sie andere eng umschlungene Paare anzurempeln. Als der Song endete und »Street Fighting Man« begann, führte sie Hugo zurück zum Fenster.
      Nachdem beide abgekühlt waren und etwas getrunken hatten, beugte er sich vor und küsste sie. Es geschah so schnell, dass sie keine Zeit hatte, ihn aufzuhalten. Dann hatte er seine Arme um sie geschlungen, fuhr über ihre Schultern und ihren Hintern und presste ihre Hüften an sich. Sie wehrte ihn ab, machte sich los und wischte sich instinktiv den Mund ab.
      »Hugo!«
      »Ach, komm schon, Kirsten. Das ist unsere letzte Chance, so jung kommen wir nie wieder zusammen. Wer weiß, was morgen ist?«
      Kirsten lachte und boxte ihm gegen die Schulter. Sie konnte ihm nicht lange böse sein. »Diese Masche zieht bei mir nicht, Hugo Lassiter. Eines muss man dir lassen, du lässt nicht locker, oder?«
      Hugo grinste.
      »Aber es bleibt beim Nein«, sagte Kirsten. »Ich mag dich, das weißt du, aber nur als Freund.«
      »Ich habe zu viele Freunde«, klagte Hugo. »Was ich will, ist flachgelegt werden.«
      Kirsten deutete in den Raum. »Also, ich bin mir sicher, hier wirst du fündig. Vorausgesetzt, du findest eine, mit der du noch nicht geschlafen hast.«
      »Das ist ungerecht. Ich weiß, dass mir ein gewisser Ruf vorauseilt, aber der entbehrt jeder Grundlage.«
      »Tatsächlich? Wie enttäuschend. Dabei habe ich dich schon für einen Experten gehalten.«
      »Das kannst du doch selbst herausfinden«, sagte er und rückte näher. »Wenn du es geschickt anstellst.«
      Kirsten lachte und wand sich aus seinem Griff. »Nein. Ich werde jetzt lieber gehen. Ich muss morgen früh aufstehen und packen, damit ich noch Zeit für unser gemeinsames Mittagessen habe.«
      »Ich bringe dich nach Hause.«
      »Kommt nicht in Frage. Ich hab's nicht weit.«
      »Aber es ist spät. Es ist gefährlich, um diese Zeit allein zu gehen.«
      »Das habe ich schon hundertmal gemacht. Das weißt du genau. Keine Widerrede. Du bleibst hier. Nachher werde ich dich nicht mehr los. Ich würde an deiner Stelle lieber hier meine Chance suchen.«
      Hugo seufzte. »Und morgen gehen wir auseinander, vielleicht für immer. Du weißt nicht, was du versäumst.«
      »Du auch nicht«, sagte sie, »aber ich bin mir sicher, dass du bald darüber hinwegkommen wirst. Vergiss nicht, morgen zum Lunch im Green Dragon. Erinnere Sarah und Damon daran.«
      »Ein Uhr?«
      »Richtig.« Kirsten küsste ihn auf die Wange und schlüpfte hinaus in die warme Nacht.
     
     

* 3
    Martha
     
    Das Zimmer war perfekt. Normalerweise ist ein Einzelzimmer in einem Bed and Breakfast kaum mehr als eine Kammer neben den Toiletten, dieses jedoch, ein umgebauter Dachboden mit einem Erkerfenster und weiß gestrichenen Dachsparren, war hübsch eingerichtet. Pastellfarben gestreifte Tapeten gaben ihm eine heitere Atmosphäre, eine lachsfarbene Tagesdecke bedeckte das breite Bett. Links neben dem Fenster stand ein Waschtisch, über einem verchromten Geländer hingen ordentlich saubere Handtücher. Ansonsten bestand die Einrichtung lediglich aus einem kleinen Kleiderschrank mit Metallbügeln, die gegeneinander klimperten, als Martha die Tür öffnete, und einer Bettlampe auf einer Kommode.
      Der Besitzer lehnte mit verschränkten Armen am Türrahmen, während sie überlegte. Er war ein grobschlächtiger Mann mit stark behaarten Unterarmen und noch mehr Haar, das aus dem geöffneten Kragen seines weißen Hemdes hervorquoll. Sein Gesicht sah aus wie rosa Vinyl und auf

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