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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Zuchtperle, die abgekapselt in der sanften Dünung trieb, während ringsherum die Brandung tobte.
    Dass es dort draußen mittlerweile wieder hochinteressante Medienprojekte wie die GO!-Show gab, trug nicht zu seiner Beruhigung bei. Steve, der für das Design der Show zuständig war und außerdem noch als stellvertretender Chefredakteur verantwortlich zeichnete, schwärmte in den höchsten Tönen von seinem Team. Kein Wunder, die anarchistisch-burschikose Attitüde der Show wurde weltweit verstanden. Jede Sendung verzeichnete mindestens hundert Millionen Visits. Der Moderator mit dem sinnigen Namen Shark gehörte zu den bekanntesten Figuren auf diesem Planeten, er spielte in einer Liga mit Maeva, obwohl die beiden unterschiedlicher nicht sein konnten. Bis auf ihr jugendliches Alter und den Wunsch nach einer besseren Welt verband sie so gut wie nichts. Für Shark hatten wir den »Point of no return« längst überschritten. Er bezeichnete sich als »ganz normalen Menschenhasser«, er war es leid, über ein Problem zu reden, das zwar alle betraf, aber niemanden wirklich berührte. Seine Interviews mit Politikern und Wirtschaftsgrößen führte er mit solcher Radikalität, dass sich jeder, der im üblichen Politstil zu antworten versuchte, automatisch lächerlich machte. Intoleranz und Flapsigkeit waren sein Markenzeichen. Aber er konnte verdammt sentimental werden, sobald er Sensibilität, Stolz und Mut ausmachte. Cording hatte gelegentlich den Verdacht, dass es sich bei dieser Person um eine von Tiefenpsychologen entworfene Kunstfigur handelte, die ein Massenpublikum gleichermaßen zu empören und zu rühren vermochte.
    Maeva hasste die Show. Dabei hätte ihr eigentlich auffallen müssen, dass die Sendung mehr war als eine polemische Abrechnung mit den Sünden der Vergangenheit und der bodenlosen Dummheit unserer Tage. GO! wagte den Balanceakt zwischen Irrsinn und Vernunft. Der Analyse des Istzustandes stand eine Vision gegenüber. Den fortschrittlichen Kräften der Gesellschaft bot sich hier ein herausragendes Forum. Die GO!-Show finanzierte sich über Anzeigen aus der Wirtschaft. Es gab inzwischen genügend Firmen, die über die eigene Unternehmenshygiene nachzudenken begannen. Der erforderliche Paradigmenwechsel, so die Botschaft, war einfacher herzustellen, als es die Politik wahrhaben wollte. Er würde deshalb auch an der Politik vorbei passieren – als stillschweigendes Einverständnis zwischen Wirtschaft und Verbrauchern. Insofern war die Show parteiisch, sie verstand sich ganz unverhohlen als Propagandasendung der Eco-Economy. Dass auch so etwas von höchstem Unterhaltungswert sein kann, bewiesen die Macher in London ein ums andere Mal.
    Cording ließ die Jalousien herunter und begab sich wieder an den Laptop. Die Show fand wie immer in der GO!-Arena von Chelsea statt, live und vor fünftausend Zuschauern. Die Bühne wurde von einer riesigen Monitorwand beherrscht, auf der sowohl die vorgefertigten Beiträge als auch Liveinterviews und Videokonferenzen liefen. Zur Linken befand sich die gläserne Telefonzentrale, in der sieben attraktive Damen in hängenden Gondeln die GO!-Hotline bedienten, über welche die Zuschauer Umweltsünden melden konnten, die sie in unmittelbarer Nachbarschaft beobachtet hatten. Sollte es sich um schwerwiegendere Fälle handeln, traten die GO!-Helikopter in Aktion. An Bord befanden sich ausgewiesene Experten, die die gemeldeten Vorfälle untersuchten und dokumentierten.
    Ein weiteres Element der Show war der GO!-Pressespiegel, der die Defizite der Medien in Sachen Umweltproblematik gnadenlos aufdeckte. Heute stand der jüngste UNEP-Bericht zur Lage des Planeten zur Disposition, der an Dramatik nicht zu überbieten war, aber kaum Beachtung gefunden hatte. Shark ließ sich mit den Chefredakteuren der drei größten Onlinezeitungen verbinden. Sobald sich eine faule Ausrede andeutete, unterbrach er das Gespräch. Cording liebte die spektakulären Momente, in denen Shark den Verantwortungsträgern die Maske vom Gesicht riss. Manchmal erklärte er den Zuschauern bereits im Voraus, was sie von seinen Interviewpartnern gleich zu hören bekommen würden, und meist lag er richtig damit.
    Der Entertainmentcharakter der Show war enorm hoch, die Menschen ergriffen gerne Partei, wenn ihnen jemand glaubhaft suggerierte, dass sie auf der Seite der Guten standen. Shark, dieser blendend aussehende Bursche mit der Aura eines zornigen Engels, verstand sich vortrefflich darauf. Der Grund, warum sein

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