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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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mehr erinnern ...
    Er trat von einem Bein aufs andere, auch auf das kaputte, und zündete sich eine Zigarette an.
    Kann die Kinder nicht mehr ansehen ... Kann nicht sagen, steckt dem anderen das Messer in den Bauch, bevor der es tut, es geht ums Überleben, um nichts anderes geht es, tut es, bevor der andere es tut!
    Er pumpte den Rauch mit der kalten Winterluft so lange in die Lungen, bis der Husten ihn schüttelte. Husten war gut, verlangsamte das Programm, so kam es ihm jedenfalls vor. Es muss mit einer Uhrzeit zu tun haben, oder mit irgendwelchen komplizierten Vorgängen im Körper, von denen er nichts weiß. »Thierry, du hast nur ein T-Shirt an, und es schneit!«
    »Ja, ja.« Er winkte ab. Marie, sie wusste doch langsam, dass ihm das nichts ausmachte, nicht Kälte, nicht Hitze, gar nichts. Er fühlt nichts und fürchtet nichts. Wie schön! Das wollen doch alle, nichts fürchten, nichts spüren, wenn es wehtun müsste. Aber nichts ist nichts, also ist es auch nicht das Gute und Schöne. Nichts ist nichts ist nichts.
    Die Zigarette brannte an seinen Fingern, er warf sie weg, in den Schnee, darunter war Gras, grünes Gras, es war grün, bevor er in die Hölle ging, grün, so grün und unschuldig, und als er zurückkam, war es braun, braunrot, wie getrocknetes Blut, und überhaupt war alles anders, und Marie und die Kinder starrten ihn mit großen Augen an, und er konnte keine Antworten geben.
    Manchmal überkam es ihn ohne Vorwarnung. Als wäre eine Zeitschaltuhr in ihm, die etwas anknipste. Er musste zum Gartenschuppen, Tür auf, Axt raus und los. Hacken, hacken, hacken, bis aufs Blut ...
    Das Hämmern seines Herzens. Es geht los, es geht los, es geht endlich los, sagte es atemlos und erregt, es will loslegen, seine Muskeln füllen sich mit Blut, spannen sich, werden dick und fest. Wie sie zucken, wie sich alles bewegt und atmet und dehnt, lebendig wird und wild und ... animalisch.
    Genau so hat es sich angefühlt, während er da im Gebüsch lag ... und jetzt spürte er wieder den Geschmack von Eisen in seinem Mund. Jetzt!
    Er lief an der Seite des Hauses vorbei in den hinteren Garten, zum kleinen Schuppen aus Kunststoff, drehte den Schlüssel im Schloss, riss die Tür auf und schnappte sich im Dunkel die Axt. Wog sie in den Händen, stürmte hinaus, ins Freie, in den Schnee, zum Holzpflock neben dem Schuppen, hob ein schweres Stück Eiche von dem Holzhaufen, stellte es aufrecht auf den Pflock, hob die Axt über den Kopf, ließ sie niedersausen, exakt in die Mitte des Scheits, zwei Hälften flogen durch die Luft, landeten im Schnee. Gespalten mit einem Schlag.
    Er riss das nächste Stück vom Haufen, stellte es auf, spaltete es, stellte auf, spaltete, stellte auf, spaltete, einen Scheit nach dem anderen, einen Schädel nach dem anderen, einen Knochen nach dem anderen ...
    Einen Menschen nach dem anderen ... und all das Blut und all das Leben, das in den Kampf geworfen war ... Er hackte und hackte, bis die Lungen brannten und das Herz langsamer schlug. Dann sah er hinauf zum schwarzen Himmel über sich, hinauf zur kalten Mondsichel.

6
    Brüssel
    Das Le Chameau Noir existierte schon seit dem siebzehnten Jahrhundert, Anfang des letzten Jahrhunderts war das Gebäude neu errichtet worden, wobei man darauf geachtet hatte, so viele Details wie möglich zu erhalten.
    In der ersten Zeit, als sie wegen Michael nach Brüssel gezogen war, waren sie öfter dorthin gegangen, zum Abendessen oder auf einen Drink. Immer wenn sie von irgendwo aus gefährlichen, schmutzigen Ecken der Welt zurückgekommen war, hatte sie das luxuriöse Ambiente besonders genossen. Wer weiß, woher David gerade mit seiner Kamera zurückgekehrt war? Aus brasilianischen Rubinminen? Aus dem kongolesischen Busch? Oder aus dem Washingtoner Intrigendschungel?
    Durch die großen Scheiben fiel warmes Licht auf die vereisten Schneereste am Bordstein, sodass sie weiß glitzerten.
    Sie entdeckte ihn an einem Fensterplatz. Und er winkte ihr von drinnen zu. Sein Lachen – als wollte er die ganze Welt damit anstecken. Er würde nie alt werden, würde immer der jungenhafte, neugierige Fotojournalist sein, der optimistisch blieb, auch wenn er so oft das Böse sah.
    Wärme, gedämpfte Stimmen und der besänftigende Duft von gutem Essen empfingen sie, und sie fühlte sich plötzlich, als kehrte sie heim. Was für ein Unsinn, dachte sie, denn zu Hause hatte es selten nach Essen geduftet. Ihre Mutter hasste es, zu kochen, sie hatte nie Zeit gehabt und war selten zu

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