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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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wohl nicht behaupten, dass ein Ameisenstaat unser neues Vorbild sein soll!«
    »Karen«, sagte er eindringlich, »all unsere Regierungsformen sind total veraltet, ob Diktatur, Monarchie oder Demokratie.« Seine Stimme wurde lauter und leidenschaftlicher. »Glaubst du denn, Massendemokratien, wie wir sie heute haben, sind ein Zukunftsmodell? Dass die Menschheit sich weiterentwickelt in diesem sinnlosen Rhythmus von vier oder fünf Amtsjahren eines Präsidenten, der sowieso von mächtigen Kräften im Hintergrund gelenkt wird?«
    »Wie sonst?«
    Er stand auf, sein Profil erschien als Silhouette vor den Nahaufnahmen der Ameisen. »Mit einer sich selbst organisierenden und regulierenden Kommunikationsstruktur!«
    »Wie man sich die Zukunft des Internets vorstellt«, bemerkte Karen, sie hatte erst vor Kurzem etwas darüber gelesen, »es geht darum, wie Netzwerke miteinander kommunizieren.«
    »Richtig! Beides beruht auf ähnlichen Prinzipien.« Er räusperte sich. »Die Welt ist zu komplex geworden, sie dreht sich immer schneller, da wird es für den Einzelnen oder für irgendwelche, wie auch immer gewählte Gruppen zu schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir haben etwas erschaffen, das unser Gehirn und unser Verhalten optimiert! Den Chip. Und jetzt schaffen wir damit einen Superorganismus, einen Organismus, der alle Lebewesen eines Staates – ein Begriff, der später auch neu zu definieren sein wird – miteinander vernetzt, ihr Verhalten aufeinander abstimmt. Hier«, er zeigte auf den Bildschirm, wo die Ameisen noch immer durcheinanderwuselten, »wenn weniger Ameisen an einem Ort sind, bewegen sie sich langsamer, als wenn es viele sind. Das ist sinnvoll, das spart Energie. Oder: Sie folgen der Spur mit den intensivsten Pheromonen, also Duftstoffen. Sie geben sich nicht mit dem Herumsuchen nach schwachen Spuren ab, das ist Verschwendung.«
    Eine lange Ameisenstraße führte zu einer toten Heuschrecke. Ameisen hatten schon angefangen, sie zu fressen.
    »Botenstoffe oder Hormone steuern das Verhalten«, erklärte er weiter. »In unserem – menschlichen – Fall aktiviert eine Frequenz den RFID-Chip, der wiederum aktiviert die Ausschüttung von Hormonen, also von chemischen Stoffen, die das Verhalten jedes Menschen steuern.«
    »Wie bei den Soldaten in Afghanistan?«
    »Nun, ja«, sagte er, »ist die Aufgabe erledigt, sinkt der Hormonspiegel, die Menschen ändern ihr Verhalten wieder. Ist das nicht genial?«
    »Und wer aktiviert die Frequenz? Du?«
    »Ein Computer selbstverständlich! Dafür brauchen wir die Überwachungsanlagen und Kameras und Daten. Hast du die großen grauen Gebäude neben diesem gesehen? Das ist eine Rechneranlage, eine Stadt aus Servern und Speicherplatz! LegendSoftware organisiert die Datenspeicherung. Der Supercomputer sammelt und verarbeitet alle Daten und sendet dann die entsprechenden Frequenzen, die, um nur ein Beispiel zu nennen, Adrenalin ausschütten, worauf die Menschen mutiger werden, weil sie gerade einen Brand löschen müssen, etwa in einem Atomkraftwerk.« Er zwinkerte ihr zu, als sei er besonders stolz auf diesen Einfall. »Oder er steuert das Sexualverhalten, wenn in einer bestimmten Region zu viele oder zu wenige Menschen leben. Er steuert den Aggressionslevel, sodass es keine Kriege mehr geben muss. Am Anfang wird es wohl noch Kriege geben, weil sich viele Menschen dagegen wehren werden, aber unser Experiment in Afghanistan hat ja gezeigt, welche Kämpfer wir aus unseren Leuten machen können!« Seine Augen leuchteten. »Sie haben sich gewissermaßen selbst vergessen, sie haben alle Hemmungen abgelegt und Frauen und Kinder regelrecht abgeschlachtet!«
    »Das ist widerlich.«
    Er reagierte nicht.
    »Und bestimmt der Chip auch über den Zeitpunkt des Todes?«, fragte sie herausfordernd.
    »Theoretisch ... Durch bestimmte Frequenzen entlässt er eine tödliche Menge Adrenalin – oder einen anderen Stoff, da muss man noch experimentieren – in die Blutbahn, aber ...« Er brach ab und lächelte wieder.
    Ein Psychopath, dachte Karen, ich bin die Tochter eines Psychopathen, der die Welt beherrschen will. »Die Menschen wollen aber keinen Chip, sie wollen nicht fremdgesteuert werden.«
    »Wir müssen lernen, nicht mehr als Individuum zu denken, sondern als Gesellschaft, als Superorganismus, der nur als Ganzes erfolgreich, gesund und wettbewerbsfähig ist, der die Aufgaben der Zukunft meistern kann. Es geht um das große Ganze, um eine neue Idee, was die Menschheit sein

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