Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
Vom Netzwerk:
Vonnegut auch vorbeigekommen. Doch der Alte war dickköpfig geblieben. Ein alter Geizhals war er auch, der jeden Penny zweimal umdrehte, und diesen einen Penny auch nur dann ausgab, wenn er ziemlich sicher war, dass er zwei Penny oder mindestens anderthalb zurückbekommen würde.
    »Ich bin dir fast vierzig Jahre voraus, Ken«, sagte der Alte, »in vierzig Jahren werden die Menschen wahrscheinlich hundertfünfzig und dann per Knopfdruck erledigt. Versprich mir, dass du mich nicht wieder auferstehen lässt.«
    »Versprochen«, sagte Emerson, »aber mit wem spiele ich dann die nächsten hundert Jahre Backgammon?«
    »Mit unserem lieben Vonnegut!« Der Baron lachte, dass seine Hängebacken vibrierten. »Aber Vonnegut, der kann ja nicht verlieren. Ich hab ihn letztes Mal beim Schach geschlagen. Da ist er aufgestanden und nicht wiedergekommen. Ist einfach schlafen gegangen. Schenk mir noch ein bisschen Preiselbeersaft ein, Ken, der gibt mir vielleicht noch ein paar Jährchen mehr.«
    Kenneth nahm die Flasche vom Fußboden und goss Saft in beide Plastikbecher.
    Hier, in diesem alten Haus, umgeben von all der Natur, vermutet man nicht, dass das Zentrum des Syndikats nicht weit entfernt ist, dachte er. Nur Belling lag im fernen Kalifornien, allerdings hatte es sich die maßgeblichen europäischen Firmen schon längst einverleibt. Und nur eine knappe Autostunde entfernt, nämlich in Brüssel, befanden sich all die kleinen Schaltzentralen der Macht. Lobbyistenbüros, Agenturen, Pressebüros. Na ja, die Wall Street war etwas weiter entfernt.
    Der Alte schnäuzte sich und riss ihn aus seinen Gedanken. Mit einem riesigen weißen Stofftaschentuch wischte er sich die roten Saftspuren von den Lippen. »Ich hätte es wirklich gern erlebt, wenn es nur noch unsere ... unsere neue Welt gibt ...«, sagte der Alte. »Dafür hat Gott uns ein Gehirn gegeben, damit wir die Welt nach seinem Willen ordnen ...«, er tippte sich an die fleckige Stirn, »... und sie nicht den Chinesen überlassen! Über achthundertfünfzig Millionen sprechen dieses verdammte Mandarin!«, blaffte er und vergaß dabei immer wieder, dass er, Emerson, mit einer Hongkong-Chinesin verheiratet war – und er vergaß auch, dass sie genau darauf hinarbeiteten, die Welt nach chinesischem Vorbild zu formen, nur dass nicht die Partei die Macht ausübte, sondern das Syndikat .
    Der Baron schnaubte und schob einen Stein weiter. Dieser alte Fuchs brachte ihn immer wieder in Bedrängnis.
    Emerson konterte, und der Baron machte »Hm«.
    Aha, jetzt hat der Alte mal ein bisschen zu kauen, dachte Emerson und lehnte sich zufrieden zurück.
    Ja, er war zufrieden. Das Imperium dehnte sich aus. Planmäßig.
    In absehbarer Zeit sollten die Menschen ausschließlich Terminals mit Zugängen zu Zentralrechnern nutzen. Mit ihrem persönlichen Zugangscode würden sich die User einloggen – und endlich könnte die Regierung den Datenaustausch auf einfache Weise kontrollieren und lenken. PCs würden abgeschafft. Zudem stellte Legend Behörden und Firmen – selbstverständlich gegen satte Gebühren – Software zur Verfügung, die Daten in der Cloud filtern, zuordnen, blockieren konnte. Emerson hatte dem Alten letztes Jahr erklären müssen, dass mit Cloud die Datenwolke gemeint war, die sich außerhalb der privaten Rechner befand. Die Wolke wurde mehr und mehr eine Legend -Wolke. Denn die Wolke brauchte Datenbanken, gigantische Datenbanken – Legend -Datenbanken. Es ging um Effizienz. Kräfte mussten gebündelt werden und durften sich nicht in sinnlosen Kämpfen über individuelle Ansichten gegenseitig aufbrauchen. Es ging um Steuerung, um Lenkung. Darin waren sich alle Mitglieder des Syndikats einig. Es kam nur darauf an, die Sache richtig anzugehen, sie richtig zu verkaufen. Dann würde sie auch funktionieren. Das hatte er immer so gemacht. Sich ein Ziel gesetzt, die verschiedenen Wege dorthin analysiert und sich für den kürzesten und effizientesten entschieden. So hatte er die Uni durchgezogen, und wenn es um Mädchen ging, hatte er sich auch nicht anders verhalten. Und was hatte er erreicht, er, der Sohn eines kleinen Bankangestellten und einer Sachbearbeiterin aus einem miesen Londoner Vorort? Hatte ein Stipendium in Oxford ergattert und sich dort auch noch die begehrteste Studentin geschnappt, anders konnte man es nicht bezeichnen, hatte sie allen anderen weggeschnappt, dabei sah er selbst noch nicht mal besonders gut aus. Er war zwar schon immer groß und schlank gewesen, aber seine

Weitere Kostenlose Bücher