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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Idee, ein bisschen altmodisch und eitel vielleicht, aber was scherte es ihn. Die Golden Legend war die intelligenteste Segeljacht, die jemals in diesem Universum vom Stapel gelaufen war. Auf jede Eventualität war man eingestellt, auf jede noch so kleine Komponente in jedem Detail war geachtet worden. Nichts, aber auch gar nichts würde bei der Regatta dem Zufall überlassen. Diesmal würde die Golden Legend den Americas Cup holen, das war so klar wie sonst was, und er freute sich schon ungemein auf Larrys blöde Fresse. Er musste in sich hineinlachen.
    »Ken, du glaubst gar nicht, wie ich unsere Spieletage liebe.«
    Die Stimme des Alten ließ ihn aufblicken. Der alte Baron blinzelte durch seine lächerlich altmodische Hornbrille, beugte sich steif und schwerfällig über das Spielbrett, streckte langsam seinen Zeigefinger aus, als wollte er auf ihn zielen, und schob einen hellen Stein ein Feld weiter. »Du machst einem alten Mann wie mir eine riesige Freude damit, wirklich, Ken.« Der alte Baron strahlte, ja, er sah tatsächlich glücklich aus, fand Kenneth Emerson, mit seinen rötlichen Hängebäckchen, dem trotz des Alters irgendwie noch herzförmigen Mund und den blinzelnden Augen. Manchmal trug er noch seinen Morgenmantel, aber heute hatte er sich doch tatsächlich in Schale geworfen. Widerwillig betrachtete er die ausgebeulte karierte Golfhose, das blaue Hemd mit den abgestoßenen Manschetten und den zerfransten Kragenspitzen. Die Krönung der Geschmacklosigkeit war allerdings der kanarienvogelgelbe V-Ausschnitt-Pullover mit dem Mottenloch im Ärmel. Unfassbar!
    »Ich mach es dir zuliebe«, sagte Emerson und strich sich erst über sein glatt rasiertes und lotiongepflegtes Kinn, dann über seinen neuen superweichen schwarzen Boss-Pulli aus Kaschmirseide, »ich hasse Brettspiele.«
    »Keiner hasst Spiele. Du hast es noch nicht begriffen. Alles ist ein Spiel.« Der Alte setzte sein mildes Großvaterlächeln auf, das er je nach Laune aus- und anknipsen konnte, und fing an: »Sieh mal, das Leben: Am Anfang kriegst du ein paar Steine, und dann musst du zusehen, dass du möglichst viele davon ans Ziel bringst. Unterwegs kannst du dir noch andere Steine einheimsen. Es liegt an dir. An deiner Cleverness.« Er tippte sich an die Stirn mit den vielen weißen Flecken, Pigmentstörungen, oder vielleicht auch schon Hautkrebs. »Und weißt du was, Ken, ich hab mich schon öfter gefragt, warum ich immer noch hier bin. Dreiundachtzig Jahre ist eine verflucht lange Zeit. Es ist das Spiel, das mich am Leben hält. Das mich jeden Morgen aufstehen lässt. Es macht mir unheimlich Spaß, meine Steine übers Brett zu schieben und ein paar andere einzuheimsen.« Sein Kichern ging in ein Hüsteln über, dann in ein lautes Husten. »Ich sollte noch mehr lachen. Das schleudert den ganzen alten Dreck raus, wie aus einem alten Heizungskessel!«
    Diese Vergleiche! Immer musste der Alte auf seiner Herkunft rumreiten. Mit Eisenwaren, Kesseln und Schrott hatten seine Vorfahren gehandelt, als Kind hab ich mich nach jedem Stückchen Metall gebückt und es verkauft, und später dann die Limonade aus dem Laden von meinem Onkel ... die Storys kannte er in- und auswendig, immerhin fanden diese Spieletage ja schon seit zwei Jahren statt. Einmal im Monat, immer hier.
    Emerson flog dann von London nach Brüssel und stieg in Dubois’ Helikopter um, der ihn auf dem Landeplatz vor dem Schloss absetzte. Das Schloss! Mann, eine alte rosa Bonbonschachtel! Dubois hatte sie vor mehr als vierzig Jahren mit seinen ersten Millionen gekauft. Und seitdem hatte er so gut wie kein Möbelstück ausgetauscht! Seit dem Tod seiner zweiten Frau – Ken versuchte sich zu erinnern, ob es vor fünf oder sechs Jahren gewesen war – hatte er eine geplante Komplettrenovierung wieder gestrichen.
    Ihm mochte es so reichen, aber Emerson nicht. Er liebte Luxus, Wärme, Bequemlichkeit, Ästhetik, Ambiente, gutes Essen, gute Getränke – und Ordnung. Nichts davon bekam er hier geboten. Er musste verrückt sein, dass er sich trotzdem immer wieder darauf einließ.
    Emerson massierte seine Wade. Diese verfluchten Campingstühle waren wirklich das Letzte! Dabei standen in diesem verdammten Schloss genügend andere Stühle rum. Sogar Ohrensessel, wenn auch angestaubte. Er hatte dem Alten schon mehrmals vorgeschlagen, ihre Treffen nach London zu verlegen, in sein ultramodernes Haus mit spektakulärem Blick auf die Themse, bequemen Sesseln und allem weiteren Schnickschnack. Da wäre

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