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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ab. »Orlov hier … ja … keine Ahnung, warum … System overload … nein … weiß ich auch nicht … Ich
     mache jetzt System reset … okay.«
    Er legte auf und drückte einen Moment lang einige Tasten gleichzeitig. Nichts geschah. Er fluchte noch einmal, dann öffnete
     er eine kleine Klappe an der Seite der Konsole und betätigte einen roten Knopf. Endlich verschwand die Fehlermeldung. Der
     Bildschirm wurde schwarz, und die Startsequenz des Systems erschien.
    Orlov wandte sich zu Cantoni um. »Das ist jetzt das dritte Mal in den letzten zwei Wochen, dass der Computer abstürzt!« Seine
     Stimme klang zornig.
    »Ich weiß«, sagte Cantoni. Es war ziemlich schwierig, einen Systemabsturz nicht zu bemerken, wenn man in einem gottverdammten
     Blechsarg dreihundert Kilometer über der Erde schwebte und das eigene Leben davon abhing, dass die Technik funktionierte.
    »Mission Control kann sich die Fehlfunktion nicht erklären«, fuhr Orlov fort. »Die Hardware ist in Ordnung, sagen sie, und
     ein Softwarefehler kann es auch nicht sein. Die |13| Fehlermeldung tritt nur auf, wenn der Computer mit komplizierten Rechenaufgaben überlastet ist. Das System ist auf die sechzehnfache
     Rechenkapazität dessen ausgelegt, was im schlimmsten Fall, bei gleichzeitiger Grenzfalloptimierung aller Systeme an Bord,
     gebraucht werden könnte. Es kann also eigentlich gar nicht überlastet sein.«
    Cantoni zuckte mit den Schultern. »Computer …«
    »Ich glaube nicht mehr an ein Computerproblem«, sagte Orlov langsam. »Ich denke an Sabotage.«
    Cantoni glaubte einen Moment, nicht richtig verstanden zu haben. Aber der Blick des Russen verriet tiefes Misstrauen und kaum
     im Zaum gehaltene Wut.
    »Sabotage? Was … was willst du damit sagen?«
    »Was ich sagen will, ist, dass
irgendjemand
den Computer manipuliert haben muss.«
    »Juri, außer uns beiden ist niemand hier.«
    »Das stimmt.«
    »Meinst du, jemand von außen hat sich irgendwie hier reingehackt? Du weißt, dass das unmöglich ist!«
    »Keine Ahnung. Komisch ist nur: Ich war jedes Mal nicht da, als es passierte. Beim ersten Mal habe ich geschlafen. Beim zweiten
     Mal war ich in Destiny. Und jetzt auf der Toilette. Ist vielleicht Zufall. Aber ich glaube nicht an Zufälle. Nicht mehr!«
    Cantoni spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Er ballte seine Hände zu Fäusten und schloss für einen Moment die Augen.
     Ruhig bleiben. Er atmete tief aus. Dann sagte er: »Juri, warum in Gottes Namen hätte ich absichtlich den Computer zum Absturz
     bringen sollen?«
    Orlov grinste, was sein Gesicht mit dem struppigen schwarzen Bart nur noch wilder wirken ließ. »Du bist Italiener. Schlau,
     aber feige. Du hast Angst hier oben. Angst vor dem Versagen der Technik. Du willst nach Hause. Du weißt, die Vorschrift sagt,
     wenn die Technik nicht funktioniert, müssen wir die Station evakuieren und mit der Sojus-Rettungskapsel |14| zur Erde zurückkehren. Mission Control ist kurz davor, den Befehl zu geben. Du hast erreicht, was du wolltest.« Seine Hand
     schoss vor, packte den Kragen von Cantonis blauem Overall und zog ihn zu sich heran. Cantoni roch Orlovs schlechten Atem und
     die Ausdünstungen seines ungewaschenen Körpers. »Aber ich bin der Kommandant, und ich sage dir, diese Station wird nicht aufgegeben!
     Wir bleiben hier, bis die nächste Besatzung uns abholt! Kapiert!«
    Cantoni rang mit der Fassung. Er unterdrückte den Impuls, Orlov in sein bärtiges Gesicht zu schlagen. Er durfte sich nicht
     provozieren lassen. Ein ernsthafter Streit zwischen den einzigen beiden Besatzungsmitgliedern der Station konnte katastrophale
     Folgen haben.
    »Juri, ich habe den Computer nicht sabotiert«, sagte er und konnte das Zittern der Wut über die ungeheure Anschuldigung nicht
     ganz unterdrücken. »Ich weiß nicht, was schiefgegangen ist, aber ich war es nicht. Das musst du mir glauben!« Er blickte in
     Orlovs dunkle Augen. »Ja, ich will nach Hause, zu meiner Frau und meinen Kindern. Ich bin schon viel zu lange hier. Aber deshalb
     riskiere ich doch nicht unser Leben und die Zukunft der Station! Das kannst du mir doch nicht ernsthaft zutrauen!«
    Dass er schon viel länger als die ursprünglich geplanten dreizehn Tage an Bord ausharrte, hatte Cantoni dem Umstand zu verdanken,
     dass das zweite ständige Besatzungsmitglied der Station, der Amerikaner Nick Fletcher, krank geworden und mit Cantonis Shuttle-Mission
     zur Erde zurückgekehrt war. Bei der Frage, wer stattdessen bis zur

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