Das Tagebuch der Eleanor Druse
Anweisung der Ärzte von der Intensivstation in die Neurologische Abteilung des Boston General Hospital verlegt. Ein Pfleger kam, um mich und meine Sachen zu holen, aber Schwester Claudia schickte ihn wieder fort und sagte, dass sie mich persönlich zu meinem neuen Zimmer bringen wolle. Das war ziemlich außergewöhnlich für eine Schwester von der Intensivstation, und ich war ihr sehr dankbar dafür.
Ich kam in ein Zweibettzimmer – Nummer 959, Bett 2. Um Bett 1 waren die Vorhänge zugezogen, so dass ich meine Zimmernachbarin nicht sehen konnte. Claudia schob mich ins Zimmer und half mir mit meinen Sachen. Sie gab meinen Blumen frisches Wasser, stellte meine Tasche auf den Nachttisch und suchte mir einen Kristall heraus, der zu meiner neuen Umgebung passte.
Dann setzte sie sich auf einen Stuhl neben meinem Bett und legte einen Finger auf die Lippen. Psst!
Ich blickte hinüber zu den Vorhängen um Bett 1.
»Sie kann uns nicht hören«, flüsterte Claudia.
Wenn ich mich nicht täuschte, dann standen ihr auf einmal Tränen in den geröteten Augen. Sofort bekam ich Mitleid mit ihr.
»Was ist denn los, Claudia? Geht es Ihnen nicht gut?«
»Sie kennen ja meine Situation«, flüsterte sie. »Ich habe hier einen guten Job. Wenn ich den verliere und mir einen neuen suchen muss … ja, selbst wenn ich ein oder zwei Monatsgehälter nicht bekäme, wäre das eine Katastrophe für meine Familie. Wir leben sowieso schon auf Pump, und ich kann gerade mal die Zinsen zahlen, bis mein Mann wieder Arbeit hat.«
»Hoffentlich findet er bald eine. Das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, meine Liebe. Aber wieso sollten Sie denn Ihren Job verlieren? Sie sind eine ausgezeichnete und darüber hinaus sehr freundliche Krankenschwester.«
Sie nahm ganz sanft meine Hand.
»Vielen Dank. Sie wissen ja, wie sehr ich Sie mag, und ich bitte Sie, das, was ich Ihnen jetzt gleich erzählen werde, niemandem weiterzusagen.«
Eine Träne lief ihr über die Wange. Sie wischte sie weg und schaute in Richtung Korridor, als befürchte sie, es könne jemand hereinkommen.
»Claudia, sehen Sie mir in die Augen, und Sie werden erkennen, was Sie ohnehin schon wissen: Ich werde Ihr Vertrauen niemals missbrauchen.«
»Das weiß ich. Ich sage das auch nur für meinen eigenen Seelenfrieden. Aber Sie dürfen mit niemandem darüber sprechen, auch nicht mit Bobby.«
»Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
»Es ist kein Geheimnis. Eigentlich eher eine Warnung. Sollten Sie wirklich operiert werden müssen, dann …«
»Halli-hallo«, ließ sich auf einmal eine fröhliche männliche Stimme von irgendwo hinter dem Vorhang vernehmen.
Falls meine Zimmernachbarin geschlafen haben sollte, war sie jetzt garantiert hellwach. Claudia stand rasch auf und rückte die Sachen auf meinem Nachttisch zurecht. Sie nahm meinen Merlin-Kristall und hielt ihn an seinem Seidenfaden in die Höhe.
»Ja, der ist wirklich wunderschön«, sagte sie, als ob wir gerade darüber gesprochen hätten.
Ein Mann spähte hinter dem Vorhang hervor und lächelte uns an. Es war Doktor Metzger, der Psychiater, den ich an seinen sorgfältig über die Glatze gekämmten Haaren und seiner Subdominanten Statur sofort erkannte.
Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover und hatte seinen Arztkittel gegen ein rustikal wirkendes Tweedsakko vertauscht. Fehlten nur noch die Lederflecken an den Ärmeln und ein Bart, und er hätte wunderbar in die psychologische Fakultät am Faust College gepasst.
»Wenn ich störe, komme ich später wieder«, bot er an.
»Nein, Sie stören nicht, Dr. Metzger«, sagte Claudia. »Ich habe nur meiner Freundin Mrs. Druse beim Umzug in ihr neues Zimmer geholfen.«
Mit einem Augenzwinkern fügte sie an mich gewandt hinzu:
»Übermorgen komme ich wieder, Sally. Dann reden wir weiter.«
»Sieh mal einer an«, sagte Dr. Metzger zu mir, als Claudia gegangen war. »Wir sind ja schon wieder ganz schön munter.
Habe mir ja gleich gedacht, dass Sie nicht der Typ sind, der lange im Bett liegen bleibt.«
»Mit dieser Menschenkenntnis ist es kein Wunder, dass Sie Psychiater geworden sind.«
»Und wie fühlen wir uns heute? Kopfschmerzen?
Schwindelgefühl? Ihre neurologischen Tests waren hervorragend, und Ihre Laborwerte sind alle normal.« Er streckte mir seine Daumen zum Okay-Zeichen hin, als wäre er der Trainer einer Baseball-Jugendmannschaft.
»Kopfschmerzen habe ich noch, aber ansonsten geht es mir gut. Es wäre schön, wenn Sie möglichst bald die Aufnahmen
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