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Das Tagebuch der Eleanor Druse

Das Tagebuch der Eleanor Druse

Titel: Das Tagebuch der Eleanor Druse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verrückten Alten in seinem Flügelhemd gesehen? Mr. Hyde, wie er leibt und lebt. Geh doch mal bei Vollmond an einem Freitag, dem dreizehnten in eine x-beliebige Notaufnahme und sieh dir an, was dort passiert. Es überrascht mich, dass ihr nicht auch noch eine Heuschreckenplage hattet und dass sich der Androscoggin-River nicht blutrot verfärbt hat und in die falsche Richtung geflossen ist. Was ist eigentlich mit Mrs.
    Krugers Abschiedsbrief? Hast du ihn gelesen?«
    Bobby schüttelte den Kopf und schaute missmutig drein.
    »Nein, ich habe ihn nicht zu Gesicht bekommen, Mom. Und das mit dem Vollmond sind doch bloß Hirngespinste.« Er holte tief Luft und wollte das Thema wechseln, aber ich ließ es nicht zu.
    »Bobby, ich muss diesen Brief lesen. Ich muss wissen, was Madeline über mich geschrieben hat. Du musst ihn mir kopieren.«
    »Mom, das kann ich nicht, da komme ich nicht ran.«
    »Früher bist du an die Kekse auch immer rangekommen.«
    »Bitte, Mom, ich kann doch nicht in einer Patientenakte nach einem Abschiedsbrief suchen.«
    »Haben sie Madeline Kruger auch obduziert?«
    »Ich weiß es nicht.« Wieder schaute er zur Seite.
    »Du weißt es nicht?«
    Er zuckte zusammen und begann zu schwitzen. Bobby hat Probleme mit der Schilddrüse und bricht, sobald er auch nur ein wenig nervös wird, sofort in Schweiß aus.
    »Mrs. Krugers Leiche war auch in der Leichenhalle. Und dann kamen die Ratten – in diesen alten Gemäuern muss es ganze Legionen davon geben. Am Tag darauf haben sie die Kammerjäger geholt, aber da waren die Leichen schon …«
    »Und was ist mit dem Pfleger, der vor ihrem Zimmer saß und eingeschlafen ist, während er auf sie aufpassen sollte? Wie hieß er noch gleich? Chairman? Charmin?«
    »Angelo Charron, Mom. Er sollte sowieso gefeuert werden, weil er zu oft betrunken zum Dienst erschienen war. Und dann muss er auf eine suizidgefährdete Patientin aufpassen, und die bringt sich doch tatsächlich mit einem Eispickel um. Seitdem ist er nicht mehr bei uns, Mom.«
    »Und was ist mit der Schwester? Lauren? Laura? Was hat sie gesagt?«
    »Laurel Werling. Die wurde auch gefeuert, weil sie mit ihren Überstunden getrickst hat.«
    Ich nahm eines meiner Notizhefte und schrieb mir die Namen auf.
    »Und niemand hat auch nur ein Wort darüber verloren, in welchem Zustand sich Madelines Leiche befand?«
    »Was meinst du mit Zustand? Dass sie übel zugerichtet war, oder dass sie tot wie ein Türnagel war?«
    Fast hätte ich ihm von den Ameisen erzählt. Aber ich konnte nicht.
    »Bobby, irgendwas stimmt nicht mit mir. Ich habe so seltsame Dinge gesehen …«
    »Mom, die sagen, dass du eine Art Anfall hattest. Und dann bist du umgekippt und hast dir das Hirn geprellt.
    Himmelherrgott noch mal, du warst so gut wie tot! Sie mussten dich reanimieren. Und danach bist du drei Tage lang im Koma gelegen. Da musst du dich nicht wundern, wenn du irgendwelche Dinge gesehen hast.«
    »Wir müssen zurück ins Kingdom Hospital, Bobby. Da geht etwas vor, das spüre ich genau.«
    »Mom, sie werden dich hier nicht gehen lassen, bevor sie nicht wissen, was es mit dieser Stelle in deinem Gehirn auf sich hat.«
    »Erzähl mir mehr von den Scannern, Bobby. Wie funktioniert zum Beispiel dieses SPECT-Gerät?«

NEUROLOGIE
    Schwester Claudia und ich verbrachten fast den ganzen Tag miteinander. Ich war ihre einzige Patientin, und wir mochten uns. Normalerweise, so erzählte sie, hatte sie sich auf der Intensivstation um zwei schwer kranke Patienten zu kümmern, und so sah sie die Zeit mit einer Plaudertasche wie mir, die noch dazu an keinen Schläuchen und Maschinen mehr hing, praktisch als eine Art Urlaub an. Ich erfuhr, dass sie drei kleine Kinder hatte sowie einen Mann, der beim Zusammenbruch des Technologie-Booms seinen Job als Programmierer verloren hatte. Also arbeitete sie in letzter Zeit doppelte Schichten, was wiederum bedeutete, dass sie seit meiner Einlieferung mit meinem Hirntrauma sechzehn Stunden am Tag für mich gesorgt hatte, auch wenn ich die halbe Zeit über nicht bei Bewusstsein gewesen war. Sie war auch sehr nett zu Bobby und erklärte uns den Arbeitsablauf auf der Station ebenso wie die Funktionen der medizinischen Geräte.
    Wenn ich mich gerade nicht eingehend mit Claudia unterhielt, schrieb ich wie besessen in mein Notizheft. Ich wollte meine Erfahrungen, die ich außerhalb meines Körpers zwischen Himmel und Erde gemacht hatte, so wahrheitsgetreu und so genau wie möglich festhalten.
    Am Abend wurde ich auf

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