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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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bewegen begannen. Der Trecker in dem anderen Land wurde Fordson genannt – Sohn des Ford – ein blaues Monster, und Kine hatte sich im ersten Fieberwahn nach seiner Verletzung Ford als ein außergewöhnlich kräftiges Wiesel vorgestellt, das von einem leidenschaftlichen Verlangen nach Kia besessen war. »Ich will nicht, daß du dich mit Ford – das heißt, mit ihm – noch einmal triffst.«
    »Ich bin nicht wieder bei ihm gewesen, Kine. Ich war sehr mit einem Invaliden in Anspruch genommen. Er ist jetzt zwar geheilt, doch sein Kopf macht mir manchmal noch Sorgen.«
    »Es ist zu deinem eigenen Vorteil.«
    »Ist es?« zwinkerte sie.
    »Ich sag’ nichts mehr dazu.« Er blickte auf die gefrorenen Tropfen. »Ich will eben nicht, daß du dich noch einmal mit ihm triffst.«
    Die Saatkrähe war am Verzweifeln. Du liebe Güte, was für Narren machte er nur aus ihnen! Wie naiv war der verwegene Kine bei Anbruch des Frühlings. Der alte Vogel schüttelte seinen Kopf und beobachtete, wie das Weibchen ihrem Helden einen kühlen Blick zuwarf. »Du hast kein Recht dazu«, sagte sie bestimmt. »Ich bewundere dich, doch du hast kein Recht zu entscheiden, mit wem ich mich treffe, Kine. Du kannst mir Ratschläge geben, Befehle akzeptiere ich nicht. Wenn wir befreundet sind, heißt das nicht, daß wir uns einander besitzen. Du sagst doch immer: Ein Wiesel ist unabhängig und gehört zu niemandem.«
    »Vielleicht …«
    »Dann sei konsequent! Es gibt keinen Grund zur Eifersucht.«
    »Eifersucht!« Entrüstet stieß er das Wort aus. »Kine eifersüchtig?« Er würde schon dafür sorgen, daß kein Fremder, keiner namens Ford, hier herumschnupperte.
    »Ich mag dich gern, Kine.« Ihre Stimme war sanft, und belustigt über seinen Ärger, stupste sie ihn leicht an. »Ich weiß nicht warum«, lachte sie, »aber ich mag dich eben.«
    Und nimmst ihn in Besitz, dachte der Wächter, genauso wie die Spinne eine Fliege in ihre Gewalt bringt, trotz der scheinheiligen Vortäuschung ihrer Unschuld. Er hätte das Drehbuch dazu schreiben können. Der Schauer war nun vorübergezogen, und die Sonne schien. Sie würden sich versöhnen, wieder etwas streiten und sich wiederum versöhnen. Es gab kein Entrinnen vor dem ältesten Leiden der Schöpfung, der Klage, die die Amsel hinausschrie, und dem Schwachsinn in Wächters eigener Jugend. Nur das Alter brachte Befreiung – allmählich. Zum klaren Himmel hinaufschauend, entdeckte der alte Vogel den Buhlen seiner Gattin, ihr junger Nachbar, der sich auf einem feuchten Ast eitel herausputzte. Darunter befanden sich die Feldwege, durch Hagel und Blüten weiß gefärbt. Vielleicht lag es an der Blütenpracht – Schlehe, Wildkirsche und Haferpflaume – oder eher an der Selbstgefälligkeit des jüngeren Vogels, er wußte es nicht, doch ein fast vergessener Drang stieg in ihm auf, wurde stärker.
    In einer Anwandlung von Wahnsinn setzte er zum Flug an, ließ einen triumphierenden Schrei ertönen und stieß wie ein Falke auf den Schwerenöter herab. Als er an ihm vorbeisauste, schnappte er sich eine von seinen prächtigen Schwanzfedern, flog zum Nest und präsentierte das Geschenk seiner erstaunten Gemahlin.
    Als Kine seinen Kampfgesang anstimmte, wußten die Marschbewohner, daß er sich wieder erholt hatte. Mit blitzschnellen Sätzen sprang er singend am Flußufer entlang und richtete seine Herausforderung, über das Wasser hinweg, an das Wiesel Ford, an die Wildnis und an den Burghügel. Für kurze Zeit schwebten seine Rufe über dem Fluß, dann schienen sie allmählich verhallend in die Strömung zu tauchen und davonzuschwimmen. In Ufernähe floß das Wasser träge dahin, doch in der Flußmitte war es schneller, riß Zweige und anderes Treibgut mit sich und zerstreute seine unbeantworteten Laute. Er nahm an, daß seine Rufe ausreichten, um Störenfriede abzuschrecken.
    Es war warm, und Kine drängte es nach einer Erfrischung. Er ging ins Wasser, die Pfoten auf dem Boden, tauchte seinen Kopf in die Fluten und schüttelte dann die Tröpfchen von seinen Barthaaren, so daß sie im Sonnenlicht glänzten und schimmerten. Der Tag führte einen frischen Morgenduft mit sich. Hinter ihm, auf dem Marschland, befanden sich die Kiebitze über ihren Nistplätzen in heller Aufregung. Einige hatten auf dem feuchten Boden schon Eier abgelegt, und eine Krähe wurde lärmend bedrängt, als sie über ihren Köpfen entlangflog. Verwirrt wich die Krähe ungeschickt aus.
    Aber der Fluß war ruhig und das Ufer still. Eine Bachstelze

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