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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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anbelangt. Wenn aber wir und alle Gegenstände um uns
herum hauptsächlich aus leerem Raum bestehen, warum können wir dann nicht durch geschlossene Türen gehen? Mit anderen Worten: Was gibt der Materie ihr festes Aussehen?
    Ein zweites Rätsel war die außerordentliche mechanische
Stabilität der Atome. In der Luft zum Beispiel kollidieren
Atome millionenmal in der Sekunde und behalten doch nach
jedem Zusammenstoß ihre ursprüngliche Form. Kein Planetensystem, das den Gesetzen der klassischen Mechanik folgt,
würde je diese Kollisionen unverändert überstehen. Aber ein
Sauerstoffatom behält immer seine charakteristische Elektronenkonfiguration, ganz gleich, wie oft es mit anderen Atomen
zusammenstößt. Darüber hinaus ist diese Konfiguration in allen Atomen einer gegebenen Art genau gleich. Zwei Eisenatome und folglich auch zwei Stücke reines Eisen sind völlig
gleich, ohne Rücksicht auf Herkunft oder frühere Behandlung.
Die Quantentheorie zeigte, daß alle diese erstaunlichen Eigenschaften der Atome von dem Wellencharakter der Elektronen herrühren. Die Festigkeit der Materie ist die Folge eines
typischen »Quanten-Effekts«, der mit der Doppelnatur »Welle-Teilchen« in der Materie zusammenhängt, einer Eigenschaft
des Subatomaren, für die es im Makrokosmos keine Analogie
gibt. Wenn immer ein Teilchen nur einen kleinen Raum zur
Verfügung hat, reagiert es auf diese Begrenzung mit Bewegung, und je kleiner der Raum ist, desto schneller bewegt sich
das Teilchen darin. Im Atom gibt es zwei entgegengesetzte
Kräfte. Einerseits zieht der Kern die Elektronen durch elektrische Anziehung so dicht wie möglich an sich heran, andererseits
reagieren die Elektronen auf ihre räumliche Beschränkung
damit, daß sie herumwirbeln; und je dichter sie an den Kern
herangezogen werden, desto größer ist ihre Geschwindigkeit.
Es ergeben sich dabei Geschwindigkeiten von ca. 900 km pro
Sekunde! Diese hohen Geschwindigkeiten lassen das Atom als
starre Kugel erscheinen, genau wie ein schnellaufender Propeller als Scheibe erscheint. Es ist sehr schwierig, Atome zu komprimieren, und somit geben sie der Materie das vertraute feste
Aussehen.
    Im Atom befinden sich die Elektronen in solchen Bahnen,
daß ein optimales Gleichgewicht zwischen der Kernanziehung
und ihrem Widerstand gegen die räumliche Beschränkung besteht. Die Elektronenbahnen sind jedoch sehr unterschiedlich
von denen der Planeten im Sonnensystem, eine Folge der Wellennatur der Elektronen. Ein Atom kann nicht als kleines Planetensystem beschrieben werden. Wir dürfen uns keine um den
Kern kreisende Teilchen vorstellen, sondern Wahrscheinlichkeitswellen, die in verschiedenen Bahnen angeordnet sind. Bei
jeder Messung finden wir die Elektronen irgendwo in diesen
Bahnen, aber wir können nicht sagen, daß sie den Kern im
Sinne der klassischen Mechanik »umkreisen«.
    In den Bahnen müssen die Elektronen-Wellen so angeordnet
sein, daß sich »ihre Enden treffen«, d. h. sie bilden eine sogenannte »stehende Welle«. Diese Form erscheint immer, wenn
Wellen auf ein endliches Gebiet beschränkt werden wie die
Schwingungen einer Gitarrensaite oder die Luft in einer Flöte.
Aus diesen Beispielen ist bekannt, daß stehende Wellen nur
Stehende Wellenformen in einer schwingenden Saite
    eine begrenzte Anzahl klar definierter Formen annehmen können. Im Fall der Elektronenwellen im Atom bedeutet dies, daß
sie nur in bestimmten Atombahnen mit definitiven Durchmessern existieren können. Das Elektron eines Wasserstoffatoms
z. B. kann nur in einer bestimmten ersten, zweiten oder dritten
etc. Bahn existieren und sonst nirgendwo dazwischen. Normalerweise befindet es sich in der niedrigsten Bahn, man nennt
dies den »Grundzustand« des Atoms. Von dort kann das Elektron auf höhere Bahnen springen, wenn es die hierzu notwendige Energie erhält. Es befindet sich dann im sogenannten »angeregten Zustand«, von welchem es nach einiger Zeit in den
Grundzustand zurückfällt und dabei die Überschußenergie in
Form eines
Quantums
elektromagnetischer
Strahlung oder
Photons abgibt.
Die Formen und gegenseitigen Abstände der Bahnen aller
Atome gleicher Elektronenzahl sind genau gleich, daher sind
z. B. zwei Sauerstoffatome einander genau gleich. Sie mögen
sich in verschieden angeregten Zuständen befinden, vielleicht
aufgrund von Zusammenstößen mit anderen Atomen in der
Luft, jedoch gehen sie nach einer Weile immer in den gleichen
Grundzustand über. Die Wellennatur der Elektronen ist

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