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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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solcher Situation nicht mehr sehr attraktiv ist.
Mesonen- Tafel
    Als im Lauf der Jahre mehr und mehr Teilchen entdeckt wurden, konnte man natürlich nicht alle
»elementar« nennen.
Heute ist unter Physikern die Meinung weit verbreitet, daß keines von ihnen diese Bezeichnung verdient, und zwar aufgrund
der theoretischen Entwicklung, die der Entdeckung immer
neuer Teilchen parallel lief. Bald nach Aufstellung der Quantentheorie wurde klar, daß eine vollständige Theorie der Kernphänomene nicht nur eine Quantentheorie, sondern auch eine
Relativitätstheorie enthalten muß, da die Geschwindigkeit von
Teilchen von nuklearer Größe oft der Lichtgeschwindigkeit
nahekommt. Diese Tatsache ist entscheidend für die Beschreibung ihres Verhaltens, da bei solchen Geschwindigkeiten immer die Relativitätstheorie beachtet werden muß. Es muß, wie
wir sagen, eine »relativistische« Beschreibung sein. Wir brauchen also für ein vollständiges Verständnis der nuklearen Welt
eine Theorie, die sowohl die Quantentheorie als auch die Relativitätstheorie umfaßt. Eine solche Theorie wurde bisher nicht
gefunden, und somit sind wir noch nicht in der Lage, eine vollständige Theorie des Atomkerns zu formulieren. Obwohl wir
eine ganze Menge über den Kernaufbau und die Wechselwirkungen der Kernteilchen wissen, verstehen wir die Natur und
die komplizierte Form der Kernkraft im wesentlichen noch
nicht. Es gibt keine vollständige Theorie der nuklearen Welt,
die der Quantentheorie für die atomare Welt vergleichbar
wäre. Wir haben verschiedene »quantenrelativistische« Modelle, die einige Aspekte der Teilchenwelt sehr gut beschreiben, aber die Vereinigung der Quanten- und Relativitätstheorie zu einer vollständigen Theorie der Teilchenwelt ist immer
noch das zentrale Problem und die große Aufgabe der modernen Physik.
    In der klassischen Physik ist »Masse« assoziiert mit einer unzerstörbaren materiellen Substanz, mit irgendeinem
»Stoff«,
aus dem alle Dinge gemacht sind. Die Relativitätstheorie zeigte
nun, daß Masse keineswegs eine Substanz, sondern eine Energieform ist. Energie ist aber eine dynamische, mit Aktivität
oder einem Vorgang assoziierte Größe. Die Tatsache, daß die
Masse eines Teilchens gleich einer bestimmten Energiemenge
ist, bedeutet, daß das Teilchen nicht länger als statisches Objekt
gesehen werden kann, sondern als dynamische Struktur, als
Prozeß der Energie, die sich als Masse des Teilchens manifestiert.
    Diese neue Ansicht von Teilchen wurde von Dirac eingeführt, als er eine relativistische Gleichung aufstellte, die das
Verhalten von Elektronen beschreibt. Diracs Theorie war nicht
nur außerordentlich erfolgreich in der Erklärung der Feinstruktur der Atome, sondern enthüllte auch eine grundlegende
Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Sie sagte die
Existenz eines Antielektrons voraus, mit der gleichen Masse
wie ein Elektron, aber mit entgegengesetzter Ladung. Dieses
positiv geladene Teilchen, welches man jetzt Positron nennt,
wurde tatsächlich entdeckt, zwei Jahre nachdem Dirac es vorausgesagt hatte. Die Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie beinhaltet, daß für jedes Teilchen ein Antiteilchen von
gleicher Masse, aber entgegengesetzter Ladung existiert. Ist
genügend Energie verfügbar, so können Paare von Teilchen
und Antiteilchen erzeugt werden, im umgekehrten Vorgang
können die Paare durch Umwandlung in reine Energie vernichtet werden. Diese Vorgänge der Erzeugung und Vernichtung
von Teilchen wurde in Diracs Theorie vorausgesagt, ehe sie tatsächlich in der Natur beobachtet wurde, was seither unzählige
Male geschah.
    Die Erzeugung von Materieteilchen aus reiner Energie ist sicher der spektakulärste Effekt der Relativitätstheorie und kann
nur mit der oben erläuterten Auffassung von den Teilchen verstanden werden. Vor der relativistischen Teilchenphysik wurden die Bestandteile der Materie immer entweder als unzerstörbare und unveränderliche Elementareinheiten betrachtet
oder als zusammengesetzte, in ihre Bestandteile zerlegbare
Objekte. Die zentrale Frage war, ob man Materie immer weiter
zerlegen könne oder ob man schließlich zu irgendwelchen
kleinsten unteilbaren Einzelheiten gelange. Nach Diracs Entdeckung erschien die ganze Frage der Zerlegung der Materie in
neuem Licht. Wenn zwei Teilchen mit hoher Energie kollidieren, zerbrechen sie gewöhnlich in Stücke, aber diese Stücke
sind nicht kleiner als die ursprünglichen Teilchen. Die Stücke
sind Teilchen der gleichen Art

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