Das Tao der Physik
somit
der Grund für die Identität der Atome und für deren große mechanische Stabilität. Ein weiteres Merkmal der Atomzustände
ist, daß sie durch einen Satz ganzer Zahlen vollständig beschrieben werden können, den »Quantenzahlen«, welche Ort
und Form der Elektronenbahn angeben. Die erste Quantenzahl ist die Nummer der Bahn und gibt die Energie an, die ein
Elektron haben muß, um in dieser Bahn zu sein. Zwei weitere
Zahlen bestimmen die genaue Form der Elektronenwelle in der
Bahn und hängen mit Geschwindigkeit und Rotationsrichtung*) des Elektrons zusammen. Die Tatsache, daß diese Details durch ganze Zahlen ausgedrückt werden, bedeutet, daß
das Elektron seine Rotation nicht »stufenlos« ändern, sondern
nur von einem Wert zum anderen springen kann. Auch hier
stellen die höheren Werte angeregte Atomzustände dar: Im
Grundzustand sind alle Elektronen in der niedrigstmöglichen
Bahn und haben die kleinstmöglichen Rotationsgrößen.
Tendenzen zu existieren; Teilchen, die auf räumliche Beschränkung mit Bewegung reagieren; Atome, die plötzlich von
einem Quantenzustand auf den anderen umschalten; und wesentliche innere Zusammenhänge aller Phänomene - dies sind
einige der ungewöhnlichen Züge der atomaren Welt. Andererseits ist die Grundkraft, die alle diese atomaren Phänomene
entstehen läßt, uns vertraut und tritt auch im Makrokosmos
auf. Es ist die elektrische Anziehung zwischen dem positiv geladenen Atomkern und den negativ geladenen Elektronen. Das
Zusammenspiel dieser Kraft mit den Elektronenwellen läßt die
ungeheure Vielfalt an Strukturen und Phänomenen in unserer
Welt entstehen. Es ist verantwortlich für alle chemischen Reaktionen und für die Bildung von Molekülen, d. h. von Atomgruppen, die durch gegenseitige Anziehung der Atome zusammengehalten werden. Dieses Zusammenwirken von Elektronen und Atomkern ist somit die Grundlage aller Gase, Flüssigkeiten und Festkörper, auch aller lebenden Organismen und
aller damit zusammenhängenden biologischen Prozesse.
• Die »Rotation« eines Elektrons in seiner Bahn darf nicht im klassischen Sinn
verstanden werden. Sie wird durch die Form der Elektronenwelle bestimmt,
ausgedrückt durch die Wahrscheinlichkeit des Aufenthalts des Partikels an
bestimmten Orten in der Bahn.
In dieser ungeheuer reichen Welt atomarer Phänomene spielen die Atomkerne die Rolle extrem kleiner, stabiler Zentren,
die die Quelle der elektrischen Kraft darstellen und das Gerippe der Vielfalt molekularer Strukturen bilden. Um diese
Strukturen und die meisten der Naturphänomene um uns
herum zu verstehen, muß man nur die Masse und die Ladung
der Kerne kennen. Um jedoch die Natur der Materie zu verstehen, um zu wissen, woraus Materie letztlich gemacht ist, muß
man die Atomkerne studieren, die praktisch die gesamte Masse
der Materie enthalten. In den dreißiger Jahren, nachdem die
Quantentheorie die Welt der Atome enträtselt hatte, war es
daher die Hauptaufgabe der Physiker, die Struktur der Kerne
zu verstehen, ihre Bestandteile und die Kräfte, die sie so fest zusammenhalten.
Der erste wichtige Schritt zum Verständnis des Kernaufbaus
war die Entdeckung des Neutrons als zweiten Kernbaustein,
ein Teilchen mit etwa der gleichen Masse wie das Proton (der
erste Kernbaustein), nämlich rund das Zweitausend fache der
Masse des Elektrons, jedoch ohne elektrische Ladung. Diese
Entdeckung erklärte nicht nur den Aufbau der Kerne aller
Elemente aus Protonen und Neutronen, sondern enthüllte
auch, daß die Kern kraft, die diese Partikel im Kern so fest zusammenhält, ein völlig neues Phänomen darstellte. Sie kann
nicht elektromagnetischen Ursprungs sein, da Neutronen elektrisch neutral sind. Den Physikern wurde schnell klar, daß sie
hier mit einer neuen Naturkraft konfrontiert wurden, die außerhalb des Atomkerns nirgendwo in Erscheinung tritt.
Ein Atomkern hat etwa ein Hunderttausendstel der Größe
eines Atoms, enthalt jedoch fast dessen gesamte Masse. Folglich muß die Materie im Kern im Vergleich zu den üblichen
Formen von Materie extrem dicht sein. Wäre der
ganze
menschliche Körper auf nukleare Dichte zusammengepreßt,
würde er den Raum eines Stecknadelkopfes einnehmen. Diese
hohe Dichte ist jedoch nicht die einzige außergewöhnliche Eigenschaft der Kernmaterie. Da sie von der gleichen Quantennatur sind wie die Elektronen, reagieren die »Nukleonen«, wie
Protonen und Neutronen oft genannt werden, auf die räumliche Beschränkung mit hohen Geschwindigkeiten, nur dem
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