Das Tao der Physik
zu jenem
Gott!«, einer nach dem anderen, das ist wirklich seine (Brahmans)
Schöpfung! Und er selbst ist alle diese Götter. 5
Brahmans Manifestation in der menschlichen Seele heißt »Atman«, und die Vorstellung, daß Atman und Brahman, die individuelle und die letzte Wirklichkeit, eins sind, ist die Essenz der
Upanischaden:
Das, was der feinste Stoff ist, ist die Seele der ganzen Welt. Das ist
das Wahre. Das ist Atman, das bist du. 6
Das immer wiederkehrende Thema der indischen Mythologie
ist die Erschaffung der Welt durch die Selbstopferung Gottes,
als »Sakrifizium« im ursprünglichen Sinn von »heiligen«. Dadurch wird Gott zur Welt, die wiederum zu Gott wird. Diese
schöpferische Tat des Göttlichen heißt »Lila«, das Spiel Gottes,
und die Welt wird als Bühne dieses göttlichen Spiels gesehen.
Wie das meiste in der Hindu-Mythologie, ist der Mythos von
»Lila« stark magisch angehaucht. Brahman ist der große Magier, der sich selbst in die Welt verwandelt, und er vollbringt
diese Tat mit seiner »magischen, schöpferischen Kraft«, das ist
die ursprüngliche Bedeutung von »Maya« im Rig-Veda. Das
Wort »Maya«, einer der wichtigsten Begriffe in der indischen
Philosophie, hat seine Bedeutung im Lauf der Jahrhunderte
verändert. Ursprünglich »Macht« oder »Kraft« des göttlichen
Schauspielers und Magiers, bedeutet es heute den psychischen
Zustand des Individuums unter dem Zauber des magischen
Spiels. Solange wir die Myriaden von Formen der göttlichen
»Lila« mit der Realität verwechseln, ohne die Einheit des
Brahman zu erkennen, die allen diesen Formen zugrundeliegt,
stehen wir unter dem Zauber von Maya.
Maya bedeutet daher nicht, daß die Welt eine Illusion ist, wie
oft fälschlicherweise behauptet wird. Die Illusion liegt lediglich
in unserer Betrachtungsweise, wenn wir denken, daß die Formen und Strukturen, Dinge und Vorgänge um uns herum Gegebenheiten der Natur sind, anstatt zu erkennen, daß sie Begriffe unseres messenden und kategorisierenden Verstandes
sind. Maya ist die Illusion, diese Begriffe für das Wirkliche zu
halten, die Verwechslung der Landkarte mit dem Land.
Nach der hinduistischen Auffassung sind in der Natur alle
Formen relative, fließende, sich stets verändernde Maya, von
dem großen Magier des göttlichen Schauspiels herbeigezaubert. Die Welt der Maya ändert sich ständig, weil die göttliche
»Lila« ein rhythmisches, dynamisches Schauspiel ist. Die dynamische Kraft dieses Spieles ist »Karma«, ein anderer wichtiger Begriff der indischen Gedankenwelt. Karma bedeutet »Aktion«. Es ist das aktive Prinzip des Schauspiels, das ganze Universum in Aktion, wo alles mit allem dynamisch verbunden ist,
Mit den Worten der Gita: »Karma ist die Kraft der Schöpfung,
von der alle Dinge ihr Leben haben.« 7
Die Bedeutung von Karma wie die von Maya wurde von ihrer
ursprünglichen kosmischen Ebene auf die menschliche Ebene
heruntergeführt, wo sie einen psychologischen Sinn annahm.
Solange unsere Ansicht von der Welt zersplittert ist, solange
wir unter Mayas Zauber denken, daß wir von unserer Umwelt
getrennt existieren und unabhängig handeln können, sind wir
von Karma gebunden. Von dieser Bindung frei zu sein, heißt,
die Einheit und Harmonie der ganzen Natur zu erkennen, einschließlich des Menschen, und entsprechend zu handeln. Die Gita spricht das deutlich aus:
Alle Taten finden aufgrund der Verknüpfung der Naturkräfte in der
Zeit statt, aber der Mensch in seiner selbstsüchtigen Verblendung
denkt, er selbst sei der Handelnde.
Aber der Mensch, der den Zusammenhang zwischen den Kräften
der Natur und den Taten kennt, sieht, wie einige Naturkräfte auf
andere Naturkräfte einwirken, und wird nicht ihr Sklave. 8
Von Mayas Zauber frei zu sein, die Bande des Karma zu lösen,
heißt, zu erkennen, daß alle von unseren Sinnen wahrgenommenen Phänomene Teil derselben Wirklichkeit sind. Es heißt
konkret und persönlich zu erfahren, daß alles, wir selbst eingeschlossen, Brahman ist. In der Hindu-Philosophie heißt diese
Erfahrung »Moksha« oder »Befreiung« und ist die eigentliche
Essenz des Hinduismus.
Nach dem Hinduismus gibt es unzählige Arten der Befreiung. Er erwartet nicht von seinen Anhängern, daß sie sich dem
Göttlichen alle auf die gleiche Art nähern können und bietet
daher verschiedene Konzepte, Rituale und geistige Übungen
für die verschiedenen Arten des Bewußtseins an. Die Tatsache,
daß sich viele dieser Konzepte und Praktiken widersprechen,
bekümmert
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