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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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Manifestationen des Hinduismus reichen von hochintellektuellen
Philosophien mit Begriffen von fabelhafter Tiefe und Reichweite bis zu den von den Massen praktizierten naiven und kindlichen Ritualen. Wenn auch die Mehrheit der Hindus einfache
Dorfbewohner sind, die mit ihrem täglichen Ritual die populäre Religion aufrechterhalten, so hat der Hinduismus andererseits eine große Zahl glänzender geistiger Lehrer hervorgebracht, die seine tiefen Erkenntnisse vermitteln.
    Die geistige Quelle des Hinduismus sind die »Veden«, eine
Sammlung alter Schriften, die von unbekannten Weisen, den
sogenannten »Vedischen Sehern«, aufgezeichnet wurden. Es
gibt vier Veden, der älteste davon ist der Rig-Veda. Geschrieben in Sanskrit, der alten heiligen Sprache Indiens, blieben die
Veden die höchste religiöse Autorität für die meisten Sekten
des Hinduismus. In Indien gilt jedes philosophische System, das
die Autorität der Veden nicht akzeptiert, als unorthodox.
    Jeder dieser Veden besteht aus mehreren Teilen, die zu verschiedenen Zeiten entstanden, wahrscheinlich zwischen 1500
und 500 v. Chr. Die ältesten Teile sind heilige Hymnen und
Gebete. Die darauf folgenden Teile befassen sich mit Opferritualen, die mit den Vedischen Hymnen zusammenhängen,
und der letzte Teil, genannt die »Upanischaden«, führt den
praktischen und philosophischen Inhalt aus. Die Upanischaden
enthalten den Kern der geistigen Botschaft des Hinduismus. Sie
haben in den letzten fünfundzwanzig Jahrhunderten die bedeutendsten Persönlichkeiten Indiens geleitet und inspiriert, entsprechend dem Rat ihrer Verse:
    Die große Waffe, die Geheimlehre (Upanischad), nehme er als
Bogen, lege darauf den durch Meditation geschärften Pfeil, spanne
ihn mit dem vom Herrn gegebenen Geiste; in diesem Unwandelbaren . . . erkenne dein Ziel. 1
    Die Masse des indischen Volkes hat jedoch die Lehren des
Hinduismus nicht durch die Upanischaden empfangen, sondern durch eine große Anzahl volkstümlicher Erzählungen, die
in umfangreichen Epen gesammelt sind, auf denen der ungeheure, farbenprächtige indische Mythos beruht. Eine dieser
Epen, die Mahabharata, enthält Indiens beliebtesten religiösen
Text, das wunderbare spirituelle Gedicht der Bhagavad Gita. Die Gita, wie sie gewöhnlich genannt wird, ist ein Dialog zwischen dem Gott Krishna und dem Krieger Arjuna, der in großer
Verzweiflung ist. In dem großen Familienkrieg, der die Hauptgeschichte der Mahabharata bildet, soll er gegen seine eigenen
Stammesangehörigen kämpfen. Krishna, als Arjunas Wagenlenker verkleidet, lenkt den Wagen genau zwischen die beiden
Heere, und auf diesem dramatischen Schauplatz enthüllt er Arjuna die tiefsten Wahrheiten des Hinduismus. Während der
Gott spricht, tritt der realistische Hintergrund des Krieges zwischen den beiden Familien zurück, und es wird klar, daß der
Kampf des Arjuna der geistige Kampf des Menschen ist, der
Kampf des Kriegers auf der Suche nach Erleuchtung. Krishna
selbst rät Arjuna:
    Töte darum den aus Unwissenheit geborenen Zweifel in deinem
Herzen mit dem Schwert der Weisheit. Sei im Einklang mit dir
selbst, im Yoga, und erhebe dich, großer Krieger, erhebe dich. 2
    Die Grundlage von Krishnas geistiger Lehre ist, wie überall im
Hinduismus, die Vorstellung, daß die Vielzahl von Dingen und
Ereignissen nur verschiedene Manifestationen derselben letzten Wirklichkeit sind. Diese Wirklichkeit, genannt Brahman,
ist der einigende Begriff, der dem Hinduismus seinen monistischen Charakter gibt, trotz der Verehrung zahlreicher Götter
und Göttinnen.
    Brahman, die letzte Wirklichkeit, wird als die »Seele« oder
der Wesenskern aller Dinge verstanden. Er ist unendlich und
jenseits aller Begriffe; er kann weder vom Intellekt verstanden
noch mit Worten zulänglich erklärt werden: »Brahman, ohne
Anfang, allerhöchstes: Jenseits des Seienden und des Nichtseienden« 3 »Unbegreiflich ist diese
allerhöchste
Seele,
ohne
Grenzen, ungeboren, dem Verstand unzugänglich, undenkbar.« 4 Und doch möchten die Menschen über diese Wirklichkeit sprechen, und die Hindu-Weisen mit ihrer charakteristischen Vorliebe für den Mythos haben Brahman als göttlich
dargestellt und sprechen über ihn in mythologischer Sprache.
Den verschiedenen Aspekten des Göttlichen wurden die Namen verschiedener Götter gegeben, die die Hindus anbeten,
aber die Schriften machen klar, daß alle diese Götter nur Reflexionen der einen letzten Wirklichkeit sind:
    Das, was Menschen sagen: »Bete zu diesem Gott! Bete

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