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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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berühmten
Bodhi-Baum saß, dem Baum der Erleuchtung, gewann er
plötzlich endgültige und definitive Klarheit über all sein Suchen
und seine Zweifel durch den Vorgang des »unübertroffenen,
vollständigen Erwachens«, das ihn zum Buddha machte, zum
»Erwachten«. Für die östliche Welt ist das Bild des meditierenden Buddha so charakteristisch wie das Bild des gekreuzigten
Christus für den Westen, und es hat zahllose Künstler in ganz
Asien zu großartigen Skulpturen inspiriert.
    Nach buddhistischer Überlieferung ging Buddha sofort nach
seinem »Erwachen« zum Wildpark von Benares, um seinen
Brüdern, die früher mit ihm Eremiten gewesen waren, seine
Lehre zu verkünden. Diese drückte er in den berühmten »Vier
Edlen Wahrheiten« aus, die das Wesentliche der Lehre in prägnanter Form enthalten. Sie gleichen der Aussage eines Arztes:
Zuerst wird die Ursache der Krankheit der Menschheit identifiziert, dann versichert, daß die Krankheit geheilt werden kann,
und schließlich das Heilmittel verschrieben.
    Die erste Edle Wahrheit charakterisiert die menschliche Situation als duhkha, das ist »Leiden« oder »Frustration«. Die
Frustration besteht aus unserer Unfähigkeit, die Grundtatsachen des Lebens einzusehen, daß nämlich alles um uns herum
unbeständig und nur ein Übergang ist. »Alle Dinge entstehen
und vergehen« 1 , sagte der Buddha, und die Wurzel des Buddhismus ist das Wissen, daß Fließen und Wechsel das Wesen
der Natur ausmachen. Nach buddhistischer Ansicht entstehen
Leiden immer dann, wenn wir dem Fluß des Lebens widerstreben und uns an feste Formen klammern, die alle Maya sind,
seien es Dinge, Ereignisse, Menschen oder Ideen. Diese Lehre
von der Unbeständigkeit schließt auch das Wissen ein, daß es
kein Ego gibt, kein »Selbst«, welches das beständige Subjekt
unserer wechselnden Erfahrungen ist. Nach dem Buddhismus
ist die Idee eines selbständigen Individuums eine Illusion, einfach eine andere Form von Maya, ein intellektueller Begriff
ohne Realität. Sich an diesen Begriff zu klammern, führt zu der
gleichen Frustration wie das Festhalten an irgendeiner anderen
fixierten Denkkategorie.
    Die zweite Edle Wahrheit behandelt die Ursache allen Leidens, trishna, das heißt »Klammern« oder »Greifen«. Es ist das
vergebliche Greifen nach dem Leben, das auf einer falschen
Anschauung beruht, die in der buddhistischen Philosophie avi - dya heißt, »Ignoranz«. Aufgrund dieser Ignoranz unterteilen
wir die wahrgenommene Welt in individuelle, einzelne Dinge
und beschränken somit die fließenden Formen der Realität auf
fixierte Kategorien, die der Verstand erschaffen hat. Solange
diese Ansicht vorherrscht, müssen wir eine Frustration nach
der anderen erleiden. Klammern wir uns an Dinge, die wir als
fest und beständig sehen, die in Wirklichkeit aber ewig wechselnde Übergänge sind, so sind wir in einem Circulus vitiosus
gefangen, wo jede Handlung weitere Handlungen erzeugt und
die Antwort auf jede Frage neue Fragen stellt. Der Buddhismus
nennt diesen Circulus vitiosus samsara, den Kreislauf von Geburt und Tod. Er wird vom Karma angetrieben, der nie endenden Kette von Ursache und Wirkung.
    Die dritte Edle Wahrheit behauptet, daß Leiden und Frustration beendet werden können. Es ist möglich, aus dem Circulus vitiosus des samsara auszubrechen, sich von den Fesseln
des Karma zu befreien und den Zustand der vollständigen Befreiung, das Nirvana, zu erreichen. In diesem Zustand sind die
falschen Vorstellungen von einem eigenständigen Selbst für
immer verschwunden, und man nimmt nur noch die Einheit allen Lebens wahr. Nirvana ist das gleiche wie moksha in der
Hindu-Philosophie, und da es ein Bewußtseinszustand jenseits
aller intellektuellen Begriffe ist, läßt es sich nicht weiter beschreiben. Nirvana zu erreichen heißt, das Erwachen oder die
Buddhaschaft zu erreichen.
    Die vierte Edle Wahrheit ist Buddhas Rezept für die Beendigung allen Leidens, der Achtfache Weg der Selbstentwicklung,
der zum Zustand der Buddhaschaft führt. Die ersten beiden
Abschnitte dieses Weges betreffen das richtige Sehen und das
richtige Wissen, das heißt die klare Einsicht in die menschliche
Situation als notwendigen Ausgangspunkt. Die nächsten vier
Abschnitte betreffen die richtigen Handlungen. Sie geben als
Regeln für die buddhistische Lebensweise einen Mittelweg zwischen entgegengesetzten Extremen. Die letzten beiden Abschnitte betreffen das richtige Bewußtsein und die richtige Meditation und beschreiben die

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