Das Tartarus-Orakel
ernst. »Aber darauf möchte ich nicht leichtfertig zurückgreifen.«
»Und die wäre …?«
»Wir holen uns Hilfe von außen«, sagte West. »Hilfe von einem Fachmann in Sachen Schlussstein, dem vielleicht größten lebenden Experten. Einem Mann, der sein Leben der Suche nach dem Schlussstein verschrieben hat. Einem Mann, der mehr über die sieben Weltwunder der Antike weiß als jeder andere.«
»Klingt, als hätten wir uns schon vor zehn Jahren an den Typ wenden sollen«, sagte Fuzzy.
»Das hätten wir auch, wenn wir gekonnt hätten«, erwiderte Wizard. »Aber dieser Mann ist – schwer zu erreichen. Außerdem ist er psychotisch.«
»Wer ist das?«, fragte Sky Monster.
»Er heißt Mullah Mustapha Zaid …«, sagte West.
»O nein, das ist ja ungeheuerlich –« Stretch setzte sich auf.
»Der schwarze Prediger von Kabul –«, stieß Pooh Bear aus.
West erklärte es den anderen.
»Zaid ist geborener Saudi, aber er stand mit Dutzenden fundamentalistischen islamischen Terrorgruppen in Verbindung, in Pakistan, im Sudan und in Afghanistan, wo er bis zum 11. September 2001 unter dem Schutz der Taliban lebte. Als ausgebildeter Mullah lehrt er den fundamentalistischen Islam –«
»Ein Mörder ist er«, versetzte Stretch, »verantwortlich für den Tod von mindestens zwölf Mossad-Agenten. Zaid steht seit fünfzehn Jahren auf der Roten Liste.« Die auf der Roten Liste des Mossad geführten Terroristen durften von jedem Mossad-Agenten überall auf der Welt jederzeit erschossen werden.
»Wenn der Mossad ihn nicht findet, wie, um alles auf der Welt, wollen wir ihn dann auf die Schnelle finden?«, fragte Zoe.
West schaute zu Stretch, als er ihr antwortete. »Oh, der Mossad weiß, wo er ist, sie kommen nur nicht an ihn ran.«
Stretchs verkniffene Miene verriet, dass es stimmte.
»Und wo ist er dann?«, fragte Pooh Bear.
West wandte sich an Stretch.
Stretch knurrte regelrecht, als er das Wort ergriff. »Mustapha Zaid wurde von den US-Streitkräften im Zuge der Operation Enduring Freedom aufgegriffen, beim Einmarsch in Afghanistan nach dem 11. September, bei dem das Taliban-Regime gestürzt wurde. Anfang 2002 wurde Mustapha Zaid nach Camp X-Ray gebracht, dem Behelfsgefängnis für Terroristen in Guantanamo Bay, Kuba. Seither ist der dort.«
»Guantanamo Bay«, wiederholte Zoe. »Kuba. Der schwerstbewachte und bestgesicherte Militärstützpunkt der Welt . Was denn – wollen wir da etwa einfach reinspazieren und mit einem bekannten Terroristen wieder abziehen?«
»Die Garnison des Marinestützpunkts Guantanamo Bay hat vor allem zwei Aufgaben – verhindern, dass die Kubaner ihn einnehmen, und dafür sorgen, dass die Gefangenen drin bleiben. Die Waffen sind zum Land hin und nach innen gerichtet. Damit bleibt eine offene Flanke – zum Meer hin.«
»Entschuldige«, sagte Zoe, »aber du hast doch nicht ernsthaft vor, dich nach Guantanamo Bay zu schleichen und einen Häftling zu befreien?«
»Nein«, erwiderte West und stand auf. »Ich will mich überhaupt nicht reinschleichen . Nein, ich schlage vor, dass wir etwas machen, mit dem die Amerikaner am allerwenigsten rechnen. Ich schlage vor, wir unternehmen einen Frontalangriff auf Guantanamo Bay.«
Dritter Auftrag
Die Schlacht von Guantanamo Bay
GUANTANAMO BAY, KUBA
17. März 2006
3 Tage vor Tartarus
Marinestützpunkt Guantanamo Bay
Südostkuba
17. März 2006, 3.35 Uhr
3 Tage vor Tartarus
Der Marinestützpunkt Guantanamo Bay ist ein politisches Kuriosum.
Aufgrund zweier Verträge, die Anfang des 20. Jahrhunderts zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Kuba geschlossen wurden – als die USA Kuba in der Hand hatten –, verpflichtete sich Kuba, ein Stück Land an der Südostküste der Insel für den geradezu schamlos niedrigen Preis von 4085 US-Dollar pro Jahr (der im Vertrag genannte Preis beläuft sich auf »2000$ in Gold per Annum«) an die Amerikaner zu verpachten.
Da der Vertrag nur mit dem Einverständnis beider Parteien aufgekündigt werden kann – und die USA nicht die Absicht haben, einer solchen Auflösung zuzustimmen –, läuft es darauf hinaus, dass die USA einen ständigen Militärstützpunkt auf kubanischem Boden unterhalten.
Die Bucht liegt an der äußersten Südspitze von Kuba, auf der den USA abgewandten Seite, und öffnete sich zum Karibischen Meer hin. Der US-Stützpunkt, der beide Landzungen einnimmt, ist eher klein – etwa sechs Kilometer breit und zehn Kilometer lang; der gewundene Zaun, der ihn zum Inland hin
Weitere Kostenlose Bücher