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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Paser. »Aschers Heer ist siegreich heimgekehrt, der Aufstand niedergeschlagen. Es fehlt nur deren Anführer Adafi.«
    »Wann ist Sethi eingetroffen?«
    »Gestern.«
    »Weshalb ist er nicht hier?« Der Nubier wand sich betreten. »Er kann sich nicht fortbewegen.« Der Richter erregte sich. »Werdet deutlicher!«
    »Er ist verletzt.«
    »Ernst?«
    »Sein Zustand …«
    »Die Wahrheit!«
    »Sein Zustand ist hoffnungslos.«
    »Wo ist er?«
    »Im Siechenhaus der Streitkräfte. Ich kann Euch nicht versprechen, daß er noch am Leben ist.«
     
    »Er hat zuviel Blut verloren«, bekannte der Oberste Arzt des Siechenhauses der Streitkräfte. »Ein Eingriff wäre Irrsinn. Lassen wir ihn in Frieden sterben.«
    »Ist das Eure ganze Wissenschaft?« empörte sich Paser.
    »Ich kann nichts mehr für ihn tun. Dieser Bär hat ihn in Fetzen gerissen; seine Widerstandskraft verblüfft mich, doch sie wird nicht genügen, um zu überleben.«
    »Kann man ihn befördern?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    Der Richter hatte eine Entscheidung getroffen: Sethi würde nicht im Gemeinschaftssaal entschlafen. »Beschafft mir eine Bahre.«
    »Ihr werdet diesen Sterbenden nicht bewegen.«
    »Ich bin sein Freund, und ich weiß um seinen Wunsch: nämlich die letzten Stunden in seinem Dorf zu verleben. Falls Ihr auf Eurer Weigerung beharrt, werdet Ihr Euch vor ihm und vor den Göttern verantworten müssen.«
    Der Arzt nahm die Drohung nicht auf die leichte Schulter. Ein verdrossener Toter wurde zum Wiedergänger, und die Wiedergänger kannten ob ihres gehässigen Unwesens keine Gnade, selbst bei Obersten Ärzten nicht. »Unterzeichnet mir eine Entlastung.«
     
    Während der Nacht brachte der Richter ungefähr zwanzig minder wichtige Vorgänge in Ordnung, die dem Gerichtsschreiber für drei Wochen Arbeit bescheren würden. Falls Iarrot ihn erreichen müßte, könnte er seine Botschaft an das Oberste Gericht von Theben schicken. Paser hätte liebend gerne noch Branirs Rat eingeholt, doch dieser weilte derzeit in Karnak, um seinen endgültigen Ruhestand vorzubereiten. Im Morgengrauen holten Kem und zwei Krankenpfleger Sethi aus dem Siechenhaus und trugen ihn in die behagliche Hütte eines leichten Seglers.
    Paser blieb an seiner Seite, nahm seine rechte Hand in die seine. Einige Augenblicke glaubte er, daß Sethi aufwachte und sich seine Finger schlössen. Doch die Sinnestäuschung zerstob.
     
    »Ihr seid meine letzte Hoffnung, Neferet. Der Heilkundige des Heeres hat es abgelehnt, einen Eingriff bei Sethi vorzunehmen. Willigt Ihr ein, ihn zu untersuchen?«
    Dem Dutzend Leidender, das zu Füßen der Palmen sitzend wartete, erklärte sie, daß ein dringender Fall sie zwänge, sich für eine Weile zu entfernen. Ihren Anweisungen gemäß nahm Kem mehrere Töpfe mit Arzneien mit.
    »Was meint mein Standesbruder?«
    »Die von dem Bär verursachten Verletzungen seien sehr tief.«
    »Wie hat Euer Freund die Reise überstanden?«
    »Er ist aus seiner Bewußtlosigkeit nicht erwacht. Lediglich ein einziges Mal, so schien es, habe ich noch Leben in ihm gespürt.«
    »Ist er widerstandsfähig?«
    »Kräftig wie eine Stele.«
    »Hatte er je ernste Erkrankungen?«
    »Keine.«
    Neferets Untersuchung dauerte länger als eine Stunde. Als sie aus der Hütte trat, äußerte sie ihren Befund: »Ein Leiden, gegen das ich ankämpfen werde.«
    »Die Gefahr ist groß«, fügte sie noch hinzu. »Falls ich nicht eingreife, wird er sterben. Falls mir mein Tun gelingt, wird er vielleicht überleben.« Sie begann den Eingriff gegen Ende des Morgens. Paser diente als Helfer und reichte ihr das Behandlungsbesteck, nach dem sie verlangte. Neferet hatte eine tiefe Betäubung mit Hilfe einer Mischung aus Kieselstein, Schlafmohn und Mandragorawurzel eingeleitet; das zu Pulver zerstoßene Mittel mußte in kleinen Mengen verabreicht werden. Wenn sie eine Wunde in Angriff nahm, löste sie die Arznei in Essig. Daraus entstand eine saure Flüssigkeit, die sie in einem hornförmigen Steingefäß auffing und örtlich auftrug, um den Schmerz auszuschalten. Die Wirkdauer der Mittel überwachte sie mittels ihrer Uhr am Handgelenk.
    Mit Messern und Skalpellen aus Obsidian, die schärfer als Metall waren, setzte sie ihre Schnitte. Ihre Bewegungen waren genau und sicher. Sie formte das Fleisch neu, vereinigte die klaffenden Lippen einer jeden Wunde, indem sie sie mit einem äußerst feinen, aus einem Rindsdarm gewonnenen Faden vernähte; die zahllosen Nahtstellen wurden mittels Heftbinden in Gestalt

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