Das Testament eines Excentrischen
langsam vorwärts kommen, diese Strecke von zweihundertvierzig Meilen (390 Kilometer) zu Pferde zurücklegen und spätestens am 17. bei der Station Roseburg ankommen, ein Ritt, der bei durchschnittlich fünfundzwanzig Lieues in vierundzwanzig Stunden, Ruhezeiten eingerechnet, bequem in vier Tagen auszuführen ist.
6. Am Nachmittag des 17. in Roseburg den Zug nach Olympia benutzen, der am folgenden Morgen nach einer Fahrt von dreihundertfünfzig Meilen (563 Kilometer) diese Stadt erreicht.
Nachschrift. – Harris T. Kymbale wird ersucht, keine Zeit zu verlieren und nicht zu vergessen, daß beim Journal große Summen auf die günstigen Aussichten der grünen Flagge verwettet sind.«
Die Depesche war lang, doch klar, alles berührend und unzweideutig. Der Empfänger hatte einfach ihren Vorschriften nachzukommen, und er würde am Stichtage auf seinem Posten sein, um die weitere Depesche, das Ergebniß des vierten Auswürfelns, in Empfang zu nehmen. Zu hoffen blieb freilich, daß keine Verzögerungen einträten, denn wenn diese auch nur einen halben Tag ausmachten, genügte es ja, den Erfolg der ganzen Reise zu gefährden.
Jedenfalls wollte Harris T. Kymbale seine Aufgabe mit allem Fleiße lösen. Die Nacht über hielt er sich in Omaha nur auf, weil der nächste Zug erst am Morgen abging. Zu diesem war er am Platze und am Abend stieg er in Julesburg-Jonction aus, an der Stelle, wo die Bahnlinie, nicht weit vom South Platte River, fast die Grenze von Colorado streift.
Diesmal hatte der Journalist von seinem Weggange aus Charleston nichts verlauten lassen, um allen Huldigungen und deren zuweilen bedenklichen Folgen aus dem Wege zu gehen. In Julesburg konnte er sein Incognito freilich nicht weiter bewahren, da hier der für ihn bestellte Wagen bei seinem Eintreffen schon auf ihn wartete.
Seine nach dem Bahnhofe zusammengeströmten Parteigänger begriffen indeß, daß sie ihn unter keinerlei Vorwand aufhalten dürften, daß die Stunden gezählt seien und die Fahrt nach dem Verrufenen Lande in Nebraska in bestimmt abgemessenem Zeitraum ausgeführt werden müsse. Sie waren also die ersten, dem Hauptberichterstatter der »Tribune« nach der Begrüßung auf dem Bahnhofe zu empfehlen, daß er sofort weiterfahren möge. Selbst ein Dutzend jener Anglo-Amerikaner, die mit Einwanderern und einer Anzahl Sioux Bürger der Vereinigten Staaten geworden waren und jetzt die nebraskische Bevölkerung bilden, hatten sich schon eingerichtet, ihn zu begleiten. In Landestheilen, wo man noch manchmal mit zweibeinigen und mit vierbeinigen Raubthieren zusammentrifft, war ein solches Geleit gewiß nicht zu verachten.
»Wie es Ihnen beliebt, meine Herren, erwiderte Harris T. Kymbale, der die sich ihm entgegenstreckenden Hände drückte, doch unter der Bedingung, daß der Wagen uns alle aufnehmen kann…
– Unsere Plätze darin sind vorbehalten… und wenn wir etwas zusammenrücken…« erklärte einer der begeisterten Anhänger.
Seiner Oberfläche nach nimmt Nebraska in der Union die fünfzehnte Stelle ein.
Der Platte oder Nebraskastrom durchzieht es von Westen nach Osten und ergießt sich bei Platte City in den Missouri. Nahe an dessen linkem Ufer verläuft der erwähnte Theil der Union Pacificbahn bis Julesburg-Jonction. Der aufblühende Staat betreibt mehr Landbau als Industrie, seine Bevölkerung nimmt schnell zu und seine Hauptstadt ist das tief im Innern gelegene Lincoln, das gleich im Jahre seiner Gründung zum Vorort des Staates erklärt wurde. Nebraska City, fünfzig Meilen (80 Kilometer) davon entfernt am Missouri gelegen, dient ihm als Hafenplatz.
Es war in der That beklagenswerth, daß Harris T. Kymbale auf dem Gebiete von Californien und von Oregon sich gezwungen sah, für die Strecke von Shasta bis Roseburg ein Reitpferd statt eines Wagens zu benutzen. An Prairien fehlt es nicht in dem sogenannten Great Band von Nebraska, das Waren 1857 und Cole 1865 zuerst näher erforschten. Nachdem der Wagen den Platte auf einer Fähre überschritten und das Fort Grattan hinter sich gelassen hatte, hätte man ihn nur sollen auf dem ebenen Boden hinrollen sehen. Es war ein transcontinentaler Postwagen, einer jener Overlandmails der Gesellschaft Wells und Fargo, die man früher auf dem Bundesgebiete sehr häufig sah, eine Art lebhaft roth angestrichener Landkutsche, die in Lederriemen hing. Sie enthielt nur einen Raum mit neun Plätzen, je dreien auf einer vorderen, einer mittleren und einer hinteren Bank, und hatte feste Halter an der
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