Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Decke, an die sich die muthigen Reisenden anklammern konnten.
    Der vierte Partner saß nebst acht seiner Parteigänger natürlich im Innern der Kutsche. Zwei andere von den letzteren hatten auf einem äußeren Sitz hinter dem Kutschkasten, und zwei weitere auf einem solchen vor diesem neben dem Kutscher Platz genommen, der seine sechs kräftigen Pferde mit verhängten Zügeln antrieb.
    Eigentliche Straßen gab es hier nicht, nur Fährten, die von Lastwagen gezogen waren. Auf den endlosen Ebenen, wo ohne alle Schwierigkeiten Bahngeleise gelegt werden können, werden Straßen wohl auch später kaum gebaut werden. Dann und wann traf der Wagen auf Creeks in der Nähe der Raymond-und Colelagunen, wie den Bourdman und den Niobrara River, die an seichten Stellen leicht zu durchfahren waren, und auch auf einzelne Weiler, wo Wechselpferde bereitstanden.
     

    New-Orleans. – Die Quais.
     
    Am Abend des 8., nach achtundvierzigstündiger, von der Witterung begünstigter Fahrt, traf der Wagen im Gebiete des Verrufenen Landes ein. Hier gab es keine Dörfer, sondern nichts als Prairien, wo die Pferde Futter im Ueberfluß fanden. Für die Bedürfnisse Harris T. Kymbale’s und seiner Begleiter war ebenfalls reichlich gesorgt, denn die Wagenkasten enthielten eine große Menge seiner Conserven und für belegte Brodschnitte gab es Whisky und Gin mehr als genug.
    Nach einer unter einer Baumgruppe verbrachten Nacht ließ man den Wagen unter der Obhut des Kutschers zurück und stieg die ersten Abhänge eines wilden Thalgrundes hinab.
    William I. Hypperbone hatte wirklich sehr recht daran gethan, diese Gegend von Nebraska zum Labyrinth seines zweiundvierzigsten Feldes zu erwählen.
    Zwischen den letzten Bodenwellen der Felsenberge und in der Nähe der Black Hills zieht sich die von Coniferen erfüllte, sechsunddreißig Meilen (60 Kilometer) breite und fünfundachtzig Meilen (136 3 / 4 Kilometer) lange Bodensenkung hin, die bis zum Gebiete von Dakota heranreicht. Ueberall thürmen sich runde Kuppen übereinander, die von tausend Pyramiden, Nadeln, Pinakeln und steinernen Glockenthürmen überragt werden. Das ganze Gebiet der Bad Lands ist wirklich ein richtiges Labyrinth, das auf Tausenden von Quadratmeilen mit Schichten von thonigem oder eisenhaltigem Sandboden mit Gehölzen, Säulen und prismatischen Felsenpfeilern bedeckt ist. Da und dort glaubt man Bastionen, Forts und Schlösser zu erblicken, deren rothe, backsteinähnliche Färbung sie scharf von dem durchweg weißen Erdboden abhebt.
    Von diesem Winkel Nordamerikas könnte man sagen, daß er eine Welt für sich bildet. In vorgeschichtlichen Zeiten lebten hier auch ganze Herden von Elefanten, Mammuththieren und riesigen Mastodons, deren Skelette man noch heute entweder durch Versteinerung erhalten oder halb zu Staub zerfallen auffindet.
    Es scheint eine annehmbare Hypothese zu sein, daß diese Bodensenke einstmals mit Wasser aus den Felsenbergen und den Black Hills angefüllt gewesen sei, das freilich längst durch Risse in den Erdboden eingedrungen ist, denn die ganze Gegend liegt beträchtlich höher als die Meeresfläche. Nach Entleerung des Beckens ist dieses dann zum Beinhaus geworden, worin sich fossile Ueberreste in überraschender Menge angesammelt haben.
    Die Fauna der Gegenwart – die übrigens wenig zahlreich ist, weil es hier für Thiere arg an Nahrung mangelt – besteht aus Bisonochsen, langhaarigen Büffeln, aus Schafen mit großen Hörnern und einzelnen graziösen Antilopen. Auf eine stärkere Jagdbeute ist indeß nicht zu rechnen. Harris T. Kymbale und seine Gefährten kamen kein einzigesmal zum Schuß. Ueberhaupt führten sie Feuerwaffen weit mehr mit sich, um sich gegen umherschweifende Banden von Sioux-und Dakotaindianern zu vertheidigen oder die Angriffe von Coyolten, das sind Prairiewölfe, abzuwehren, deren heiseres Gebell in der verflossenen Nacht zu hören gewesen war.
    Von einem tiefen Eindringen in die verschlungenen Gänge des Labyrinths war übrigens keine Rede. Es genügte schon, daß der vierte Partner am Eingange zu den Bad Lands in Person erschienen und daß seine Anwesenheit durch eine authentische Bestätigung erwiesen war. Man nahm sich nicht einmal die Mühe, hier ein Schriftstück zu vergraben, wie es der Commodore vor seinem Weggange vom Thale des Todes gethan hatte. Es wurde aber ein solches nach dem Entwurfe von Harris T. Kymbale aufgesetzt und mit den Unterschriften seiner zwölf Begleiter versehen, und das mußte ja genügen, seine

Weitere Kostenlose Bücher