Das Testament eines Excentrischen
abgezogen waren. Der Fortbestand Marysvilles ist nur dadurch gesichert, daß es bei seiner Lage zwischen dem Yuba-und dem Featherstrome eine lebhafte Flußschiffahrt hat, die eine weite Verbreitung seines Handels vermittelt.
Außer dem Aufenthalte hier wiederholte sich ein solcher in Gridley, Nelson, Chico und Tehama, wo die Locomotive alle Kraft daransetzen mußte, steile Rampen auf Kosten ihrer Schnelligkeit zu überwinden.
Kurz, erst um acht Uhr morgens, übrigens nach dem Fahrplane ganz pünktlich, lief der Zug am 13. in Shasta ein, in der Station, von der aus, wie wir wissen, die Verbindung unterbrochen war.
Ehe er in Roseburg wieder die Bahn besteigen konnte, hatte Harris T. Kymbale nun gute hundert Lieues auf Pferden und mit einem Führer zurückzulegen, die durch die Vorsorge des Correspondenten der »Tribune« hier bereitgestellt waren.
Nun blieben nur noch fünf Tage übrig, nach Olympia zu kommen, und davon mußten vier auf die Reise im Sattel, bei einer mittleren Geschwindigkeit von vierundzwanzig bis fünfundzwanzig Lieues in vierundzwanzig Stunden, gerechnet werden. Das war zwar keine Unmöglichkeit, doch eine tüchtige Anstrengung für die Thiere nicht minder als für die Reiter.
Drei Pferde warteten vor der Station, eines für Harris T. Kymbale, das zweite für den Führer und das dritte für einen Stallburschen, der diesen begleitete. Wir brauchen wohl nicht zu erwähnen, daß der Reporter, wie alle Sportsmen, ein geübter Reiter war.
Der Führer, Namens Fred Wilmot, mochte ein Mann von vierzig Jahren und im Vollbesitze seiner Kräfte sein.
»Sind Sie bereit? fragte ihn Harris T. Kymbale.
– Völlig bereit.
– Und wir werden zur richtigen Zeit ankommen?…
– Wenn Sie ein guter Reiter sind, gewiß. Mit der Post hätten Sie die doppelte Zeit gebraucht.
– O, ich stelle schon meinen Mann.
– Dann also aufgestiegen!«
Die Pferde gingen in scharfem Trabe ab. Wegen der nöthigen Nahrung brauchte man sich nicht zu sorgen, denn unterwegs traf man häufig auf Flecken und Dörfer.
Das schöne Wetter schien aushalten zu wollen, und dazu herrschte eine angenehme Frische der Luft, die in der Berggegend noch zunehmen mußte. Einmal sollte im Laufe des Tages ein zweistündiger Halt gemacht werden und in der Nacht gedachte man noch einmal kurze Zeit auszuruhen.
Der Weg folgte dem rechten Ufer des Sacramento, und nach der Mittagsrast in einer Farm hielt Fred Wilmot in Butter an, dessen Umgebung sehr zahlreiche Mineralquellen aufweist, die man in Amerika ja überhaupt häufig antrifft.
Nach siebenstündigem Schlummer in einem Gasthause brachen die Reisenden am frühen Morgen wieder auf, um in Yreka zu frühstücken. Etwa hundert Meilen weiter östlich wären sie nach dem Shasta gekommen, dessen Krateröffnung zwischen zwei Gipfeln über zwölftausend Fuß (3657 Meter) hoch liegt. Auf breiter, von grünenden Schluchten durchzogener Grundlage ruhend, hält man diesen Berg »mit seinen rosafarbenen Lavaströmen, die mit Eis emailliert sind« – wie ein begeisterter Reisender gesagt hat – für den schönsten der Vereinigten Staaten.
Harris T. Kymbale konnte der Landschaft nur einen flüchtigen Blick schenken. (S. 400.)
Harris T. Kymbale mußte seine Bewunderung auf eine spätere Reise verschieben.
Ein großer Staat, dieses Oregon, der neunzehnte in der Union. Nur dünn bevölkert, hat er ungeheuere Weideflächen, den größten Ertrag liefert jedoch die in seinen Wasserläufen sehr ergiebige Lachsfischerei. Der westliche Theil hat auch höchst fruchtbaren Boden, der immer mehr Ackerbauer anlockt.
An diesem Tage kam Harris T. Kymbale durch wahrhaft herrliche Landschaften, denen er zu seinem Leidwesen freilich nur einen flüchtigen Blick schenken konnte. In ihm verschwand der Tourist vor dem Partner. Nach Ueberschreitung des Bergpasses des Pilot Rock ruhten Menschen und Thiere, die nicht wenig erschöpft waren, in dem Flecken Jackson aus, der nicht mit den gleichnamigen Orten in den Vereinigten Staaten zu verwechseln ist… mit den vier Jackson, in Michigan. in Mississippi, Tennessee und in Ohio, oder den zwei Jacksonville, von denen das eine in Illinois. das andere in Florida, mehrere tausend Meilen von Californien, zu suchen ist. Am nächsten Tage, dem 16., nach einem letzten Reisetage, der die Pferde nicht übermäßig angestrengt hatte, so daß sie fast bis Mitternacht in Gang bleiben konnten, erkannte der Führer die Lichter von Roseburg.
Damit war die bahnlose Wegstrecke ohne
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