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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und die Lufterschütterung davon erregte, wie der Wind, der durch dichtes Gebüsch streicht, auch die Menge auf den Straßen.
    Dann trat ein tiefes Schweigen ein; alle fühlten sich so bedrückt, wie in den beängstigenden Secunden zwischen Blitz und Donnerschlag.
    Vor dem in der Mitte der Bühne befindlichen Tische mit gekreuzten Armen und ernster Miene stehend, wartete Tornbrock nur noch auf den letzten Glockenschlag der Mittagsstunde.
    Auf dem Tische lag eine Mappe, deren drei rothe Siegel die Anfangsbuchstaben des Namens des Erblassers zeigten. Diese Mappe enthielt den letzten Willen William I. Hypperbone’s und im Hinblick auf ihre Größe jedenfalls auch noch andere darauf bezügliche Schriftstücke. Auf ihrer Außenseite standen einige Zeilen, deren Inhalt es bestimmte, daß die Mappe nicht eher als vierzehn Tage nach dem Ableben des Erblassers geöffnet werden solle; darin war auch angegeben, daß die Eröffnung im Theatersaale des Auditoriums pünktlich zu Mittag zu erfolgen habe.
    Mit leise zitternder Hand erbrach der Notar Tornbrock die drei Siegel und zog aus der Mappe zunächst ein Pergamentheft hervor, auf dessen Seiten man die kräftige Handschrift des Testators leicht erkannte, dann kam daraus eine vierfach zusammengefaltete Karte und endlich ein kleiner, einen Zoll langer und breiter und einen halben Zoll hoher Kasten zum Vorschein.
    Hierauf verlas Meister Tornbrock, nachdem seine mit einer Aluminiumbrille bewaffneten Augen die ersten Zeilen des Pergaments überflogen hatten, mit einer den ganzen weiten Raum erfüllenden Stimme folgendes:
    »Das Vorliegende ist mein Testament, das ich eigenhändig geschrieben und am 3. Juli 1895 aufgesetzt habe.
    Gesund an Leib und Seele und im Vollbesitz meiner Geisteskräfte habe ich dieses Schriftstück, das meinen letzten Willen kundgeben soll, ausgefertigt. Meine letztwilligen Verfügungen wird Meister Tornbrock im Verein mit meinem Collegen und Freunde Georges B. Higginbotham streng zur Ausführung kommen lassen, wie es mit denen bezüglich meines Begräbnisses dann schon geschehen sein wird.«
    Endlich sollten also das Publicum und die näheren Interessenten erfahren, woran sie sich zu halten hätten. Jetzt sollte die Lösung und Aufklärung kommen über alle seit vierzehn Tagen aufgetauchten Fragen, über alle Vermuthungen und Hypothesen, die alle Welt zwei Wochen lang in fieberhafter Spannung erhalten hatten.
    Meister Tornbrock fuhr in folgender Weise fort:
     

    Nahe der Rampe sah man in einer Reihe die »Sechs«.(S. 62.)
     
    »Bisher hat sich kein Mitglied des Excentric Club durch irgendwelche Aufsehen erregende Excentricitäten bemerkbar gemacht. Selbst der Schreiber dieser Zeilen hat sich niemals über die niedrige Alltäglichkeit des Lebens erhoben. Was aber bisher nicht geschehen ist, das soll – es war sein ernstliches Gelübde – wenigstens nach seinem Tode einmal eintreten.«
    Ein zustimmendes Murmeln lief durch die Reihen der Zuhörer. Meister Tornbrock mußte warten, bis es sich gelegt hatte, so daß er die unterbrochene Vorlesung erst nach einer halben Minute wieder aufnehmen konnte.
    Die nun folgenden Worte lauteten:
    »Meine lieben Collegen werden sich erinnern, daß ich, wenn irgend einer Leidenschaft, nur dem Edlen Gänsespiel fröhnte, das in Europa und vor allem in Frankreich so wohlbekannt ist. In Frankreich glaubt man, daß es durch die Griechen wieder aufgebracht worden sei, obgleich es Hellas niemals einen Plato, Themistokles, Aristides, Leonidas, Sokrates oder sonst eine geschichtlich berühmte Person des Landes hat spielen sehen. Dieses Spiel habe ich erst in unserem Verein eingeführt. Es hat mir durch seine abwechslungsvollen Einzelheiten, durch seine mannigfaltigen Combinationen, wo der reine Zufall die Spieler leitet, die zur Gewinnung des Sieges auf dem Schlachtfelde kämpfen, das lebhafteste Vergnügen bereitet.«
    Hierzu legten sich viele die Frage vor, was das »Edle Gänsespiel« wohl mit dem Testamente William I. Hypperbone’s zu thun haben könne.
    Der Notar fuhr fort:
    »Zu diesem Spiele – in Chicago kennt es jetzt wohl jedermann – gehört eine Tafel mit neben-und übereinander liegenden und mit eins bis dreiundsechzig numerierten Feldern. In vierzehn von diesen Feldern findet sich die Abbildung einer Gans, jenes so ungerechterweise als dumm verschrienen Thieres, das doch mindestens seit dem Tage, wo es das Capitol vor dem Ueberfalle des Brennus und der Gallier rettete, hätte zu Ehren kommen sollen.«
    Einige

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