Das Testament
bleibe nichts anderes übrig, als alles auf die Karte
>Unzurechnungsfähigkeit< zu setzen. Punkt drei: Es sei sinnlos, mit >Betrug< zu argumentieren. Zwar habe der alte Troy zweifellos Anwälte und Angehörige unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu dieser Demonstration seiner Zurechnungsfähigkeit zusammengebracht, doch lasse sich daraus kein Anfechtungsgrund herleiten. Bei einem zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrag sei das möglich, nicht aber bei einem Testament. Ihre Kanzlei habe bereits die nötigen Erkundigungen angestellt, und sie könne die einschlägigen Fälle zitieren, falls jemand das wünsche.
Sie bediente sich eines Merkzettels, auf dem die wichtigsten Punkte zusammengefasst waren, und wirkte glänzend vorbereitet. Hinter ihr saßen sechs Anwälte aus ihrer Kanzlei, um sie notfalls zu unterstützen.
Punkt vier: Es werde ausgesprochen schwierig sein, den Befund der drei Psychiater zu erschüttern. Sie habe das Videoband gesehen. Vermutlich würden die Anwälte eine solche Auseinandersetzung verlieren, aber man würde sie für ihre Mühe bezahlen müssen. Daher lautete ihre Schlussfolgerung, man solle das Testament mit Nachdruck anfechten und auf eine einträgliche außergerichtliche Einigung hoffen.
Obwohl ihr Vortrag volle zehn Minuten dauerte, erbrachte er nur wenig Neues. Man ließ sie ausreden, und niemand unterbrach sie, um sich nicht den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit einzuhandeln.
Als nächster war Wally Bright - der Mann mit den Abendkursen - an der Reihe.
Ganz im Gegensatz zu Ms. Langhorne war er völlig unvorbereitet, hatte weder einen Stichwortzettel noch Unterlagen und schien auch nicht zu wissen, was er als nächstes sagen würde. Er ließ einfach Dampf ab, sagte, was ihm gerade in den Sinn kam, und tobte voller Inbrunst gegen Ungerechtigkeit im allgemeinen.
Zwei von Lillians Anwälten erhoben sich gleichzeitig, wie an der Hüfte zusammengewachsene siamesische Zwillinge. Beide trugen schwarze Anzüge und hatten die bleichen Gesichtszüge von Immobilienanwälten, die nur selten die Sonne zu sehen bekamen. Wenn der eine einen Satz begann, beendete ihn der andere. Stellte der eine eine rhetorische Frage, lieferte der andere die Antwort. Der eine erwähnte ein Dokument, und der andere holte es aus dem Aktenkoffer. Sie gingen zügig vor, sprachen zur Sache und wiederholten in knappen Worten, was bereits gesagt worden war.
Rasch einigte man sich zu kämpfen, denn erstens hatte man nur wenig zu verlieren, zweitens konnte man nichts anderes tun, und drittens war es die einzige Möglichkeit, einen Vergleich zu erzwingen - ganz zu schweigen davon, dass man viertens dabei einen beachtlichen Stundensatz für die beim Kampf aufgewendete Arbeitszeit in Rechnung stellen konnte.
Yancy befürwortete mit besonderem Nachdruck einen Prozess. Dazu hatte er allen Grund. Ramble war der einzige minderjährige Erbe und hatte so gut wie keine Schulden. Die mündelsichere Anlage, aus der er am einundzwanzigsten Geburtstag fünf Millionen bekommen würde, war schon vor Jahrzehnten treuhänderisch festgelegt worden und ließ sich nicht widerrufen. Mit diesen garantierten fünf Millionen stand Ramble finanziell sehr viel besser da als all seine Geschwister.
Warum sollte er, der nichts zu verlieren hatte, nicht klagen, um vielleicht mehr zu bekommen?
Erst nach einer geschlagenen Stunde sprach jemand die Anfechtungsklausel im Testament an. Mit Ausnahme Rambles liefen die Erben Gefahr, das Wenige zu verlieren, das ihnen Troy hinterlassen hatte, sofern sie das Testament anfochten. Diesen Einwand taten die Anwälte mit leichter Hand ab. Für sie war die Anfechtung beschlossene Sache, und sie wussten, dass ihre habgierigen Mandanten tun würden, was sie ihnen rieten.
Vieles blieb ungesagt. Zuerst einmal würde der Prozess beschwerlich sein. Am klügsten und zugleich kostengünstigsten wäre es, eine auf diesem Gebiet erfahrene Kanzlei als Prozessbeauftragten zu benennen. Die anderen konnten aus dem zweiten Glied nach wie vor ihre Mandanten betreuen und würden von jeder Entwicklung der Sache in Kenntnis gesetzt. Für ein solches Vorgehen war zweierlei nötig: Kooperationsbereitschaft und eine freiwillige Beschneidung der meisten Egos im Raum.
Diese Punkte wurden während der dreistündigen Sitzung nicht einmal angesprochen.
Ohne dass sie es geplant hätten - denn dazu wäre Zusammenarbeit nötig gewesen -, war es den Anwälten gelungen, einen Keil zwischen die Erben zu treiben, so dass sich keine zwei
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