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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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tranken, was ihn nicht weiter überraschte. Ein schmaler Flusslauf umrundete das Gebäude, neben dem sich ein großer Brennstofftank befand, und verschwand im Pantanal.
    Ein Anleger, der nicht besonders stabil aussah, sprang in den Fluss vor, damit Boote an ihm festmachen konnten. Jevy und Welly schoben das Boot langsam am Anleger entlang, denn die Strömung war stark. Sie unterhielten sich mit den pantaneiros auf der Veranda und traten dann durch die offene Tür ins Innere des Gebäudes.
    Nate hatte sich fest vorgenommen, auf dem Boot zu bleiben. Er ging zur gegenüberliegenden Seite hinüber, setzte sich dort auf die Bank, steckte Arme und Beine durch die Reling und sah über die volle Breite des Flusses hinweg. Er würde hier oben bleiben, an Armen und Beinen von der Reling gehalten. Das kälteste Bier auf der Welt würde ihn nicht von hier weglocken können.
    Ihm war bereits bekannt, dass es in Brasilien keine kurzen Besuche gab, und schon gar nicht am Fluss, wo selten ein Fremder auftauchte. Nach einer Weile kehrte Jevy mit hundertzehn Litern Diesel in Kanistern zurück; es war Ersatz für den Kraftstoff, den sie im Unwetter verloren hatten. Dann wurde die Maschine wieder angelassen.
    »Fernando sagt, dass es hier in der Gegend eine Missionarin bei den Indianern gibt.« Er gab ihm eine Flasche kaltes Wasser. Das Boot fuhr wieder.
    »Wo?«
    »Er weiß es nicht genau. Einige Ansiedlungen liegen im Norden in der Nähe der Grenze zu Bolivien. Aber die Indianer fahren nicht auf dem Fluss, und so weiß er nicht viel über sie.«
    »Wie weit ist die nächste Ansiedlung entfernt?«
    »Wir können morgen früh in der Nähe sein. Aber nicht mit diesem Boot hier. Wir müssen das kleine nehmen.«
    »Macht sicher Spaß.«
    »Erinnern Sie sich noch an den Bauern Marco, dessen Kuh wir mit unserem Flugzeug getötet haben?«
    »Natürlich. Er hatte drei kleine Jungen.«
    »Ja. Er war gestern hier«, sagte Jevy und wies auf die Handelsstation, die gerade hinter einer Biegung verschwand. »Er kommt einmal im Monat.«
    »Hatte er die Jungen dabei?«
    »Nein. Das ist zu gefährlich.«
    Wie klein die Welt doch war. Nate hoffte, dass die Jungen das Geld ausgegeben hatten, das er ihnen zu Weihnachten geschenkt hatte. Er hielt den Blick auf die Handelsstation gerichtet, bis von ihr nichts mehr zu sehen war.
    Vielleicht würde es ihm auf dem Rückweg so gut gehen, dass er einkehren und sich ein oder zwei kühle Bier genehmigen konnte, um den Erfolg seiner Expedition zu feiern. Er kroch zurück in die Sicherheit seiner Hängematte und verfluchte sich wegen seiner Schwäche. In der Wildnis eines riesigen Sumpfgebiets wäre er fast dem Alkohol erlegen, und stundenlang hatten seine Gedanken um nichts anderes gekreist. Die Vorfreude, die Angst, der Schweißausbruch und die Überlegungen, wie er es anstellen könnte, etwas zu trinken zu bekommen. Dann das knappe Verfehlen seines Ziels, das Entkommen, das nicht sein Verdienst war, und jetzt, gleich danach, durchlebte er schon wieder in Gedanken die Wonnen einer neuen Begegnung mit dem Alkohol. Nur ein paar Schluck, das wäre schön, denn dann könnte er leicht aufhören. Damit belog er sich am liebsten.
    Er war schlicht und einfach ein Säufer. Auch wenn man ihn in eine noch so noble Entwöhnungsklinik schickte, die tausend Dollar am Tag kostete, er war und blieb süchtig. Man mochte ihn Dienstagabend im Untergeschoss einer Kirche zum Treffen einer Gruppe Anonymer Alkoholiker schicken, er war und blieb ein Säufer.
    Seine Sucht überfiel ihn, und er wurde von Verzweiflung erfasst. Er zahlte für das verdammte Boot; Jevy arbeitete für ihn. Wenn er darauf bestand, dass sie umkehrten und auf kürzestem Wege zu der Handelsstation zurückfuhren, würden sie das tun. Er konnte so viel Bier kaufen, wie Fernando in seinem Laden hatte, es unterwegs auf Eis packen und den ganzen Weg bis Bolivien ein Brahma nach dem anderen schlürfen. Niemand konnte daran auch nur das geringste ändern.
    Wie eine Fata Morgana tauchte Welly mit breitem Lächeln und einer Tasse frisch gebrühtem Kaffee auf. » Vou cozinhar«, sagte er. Ich werde etwas kochen.
    Etwas zu essen würde helfen, überlegte Nate - und wenn es auch wieder ein Teller mit Bohnen, Reis und Hühnchen war. Das Essen würde ihn besänftigen oder zumindest seine Aufmerksamkeit von anderen Begierden ablenken.
    Während er in der Dunkelheit allein auf dem Oberdeck bedächtig seine Mahlzeit verzehrte, schlug er immer wieder nach Moskitos, die sein Gesicht

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