Das Testament
bestand darin, das Beiboot nicht zu überladen. Die kleineren Nebenflüsse, zu denen sie wollten, waren überschwemmt, und die Ufer ließen sich nicht immer erkennen. Falls das Boot zu tief im Wasser lag, konnten sie auf Grund laufen oder, schlimmer noch, die Schraube des Außenbordmotors beschädigen.
Einen Ersatzmotor gab es nicht, lediglich ein Paar Paddel, die Nate von Deck aus betrachtete, während er seinen Kaffee trank. Sie würden sicherlich ihren Dienst tun, überlegte er, vor allem, wenn wilde Indianer oder hungrige Tiere sie verfolgten.
Drei Kanister mit je zwanzig Litern Kraftstoff standen fein säuberlich in der Mitte des Bootes. »Das müsste für fünfzehn Betriebsstunden reichen«, erklärte Jevy.
»Das ist eine ganze Menge.« : »Ich gehe gern auf Nummer Sicher.« »Wie weit ist es bis zu der Ansiedlung?« »Das weiß ich nicht genau.« Er wies zu dem H*US
hinüber. »Der Bauer da drin hat gesagt, vier Stunden. «
»Kennt er die Indianer?«
»Nein. Er mag sie nicht. Er sagt, am Fluss hat er noch keine gesehen. «
Jevy lud ein kleines Zelt und ein Regenüberdach dafür ins Boot, zwei Wolldecken, zwei Moskitonetze, zwei Eimer, um Wasser aus dem Boot zu schöpfen, und sein Regencape. Welly fügte eine Kiste mit Lebensmitteln und einen Kasten mit Wasserflaschen hinzu. Nate hatte sich auf seine Koje in der Kajüte gesetzt. Er entnahm seiner Aktentasche die Kopie des Testaments samt dem Formblatt für die Empfangsbestätigung und die Verzichterklärung, die sie unterschreiben musste, falls sie das Erbe ausschlagen wollte, faltete alles säuberlich und steckte es in einen Briefumschlag mit dem Aufdruck der Kanzlei Stafford. Da es an Bord weder wasserfeste Dokumentenhüllen aus Kunststoff noch Müllsäcke gab, wickelte er den Umschlag in ein quadratisches Stück Plastik von fünfundzwanzig Zentimetern Kantenlänge, das er aus dem unteren Ende seines Regencapes geschnitten hatte. Er verschloss das Päckchen mit Klebeband, bis er es für wasserdicht hielt. Dann klebte er es sich mit Pflaster vor der Brust auf das T-Shirt und zog ein Jeanshemd darüber.
Die Tasche mit den Kopien der Dokumente gedachte er auf der Santa Loura zu lassen. Da sie ihm weit sicherer erschien als das kleine Beiboot, beschloss er, auch das Satellitentelefon dort zu lassen. Er kontrollierte noch einmal Papiere und Telefon, verschloss die Aktentasche und legte sie auf seine Koje. Heute könnte es klappen, dachte er bei sich. Die Vorstellung, Rachel Lane endlich kennenzulernen, erfüllte ihn mit einem Gefühl erregender Vorfreude.
Zum Frühstück verzehrte er rasch ein Brötchen mit Butter. Er stand oberhalb des Beiboots an Deck und betrachtete die Wolken. Er wusste, wenn in Brasilien jemand
»vier Stunden« sagte, bedeutete das sechs oder acht Stunden, und so brannte er darauf, dass sie endlich abfuhren. Als letztes lud Jevy eine glänzende Machete mit langem Griff ins Beiboot. »Für die Anakondas«, sagte er lachend. Nate bemühte sich, das zu überhören. Er winkte Welly zum Abschied und wandte sich seiner letzten Tasse Kaffee zu. Dann legten sie ab, und Jevy warf den Außenbordmotor an.
Es war kühl, und Dunst hing dicht über dem Wasser. Seit Corumba hatte Nate den Fluss aus der Sicherheit des Oberdecks betrachtet; jetzt saß er praktisch auf dem Wasser. Er sah sich um, konnte aber keine Rettungswesten entdecken. Das Wasser klatschte gegen den Aluminiumrumpf. Aufmerksam hielt Nate im Dunst Ausschau nach Treibgut: ein zersplitterter Baumstamm, und das kleine Boot wäre hin.
Sie mussten kräftig gegen die Strömung ankämpfen, bis sie die Einmündung des Nebenflusses erreichten, der sie zu den Indianern bringen würde. Dort war das Wasser weit ruhiger. Beim Aufjaulen des Motors erzeugte die Schraube des Bootes ein schäumendes Kielwasser. Rasch blieb der Paraguay hinter ihnen zurück.
Auf Jevys Karte war das Gewässer als Cabixa eingezeichnet. Jevy hatte diesen Fluss noch nie befahren, weil es dazu keinen Anlass gegeben hatte. Er wand sich wie ein abgewickeltes Stück Schnur zwischen Brasilien und Bolivien hin und her, ohne erkennbar irgendwo zu enden. War er an seiner Mündung in den Paraguay höchstenfalls vierundzwanzig Meter breit gewesen, verengte er sich im Laufe der Zeit noch weiter auf etwa fünfzehn Meter. An manchen Stellen war er über die Ufer getreten, an anderen wuchs das Unterholz an den Rändern dichter als am Paraguay.
Nach einer Viertelstunde sah Nate auf die Uhr. Er hatte sich vorgenommen, genau auf
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