Das Testament
Volle zwanzig Minuten verstrichen quälend langsam, während sie steuerlos den schmalen Fluss hinabtrieben. Mit dem Phelan-Nachlaß hätte man jeden neuen Außenbordmotor in ganz Brasilien kaufen können, und da stand Nate und sah zu, wie ein Hobbymechaniker einen Motor zu reparieren versuchte, der älter war als er selbst.
Nachdem Jevy alles wieder zusammengeschraubt hatte, machte er sich eine Ewigkeit an der Drosselklappe zu schaffen. Nate entfuhr ein Stoßgebet, als Jevy am Anlasserzug riss. Beim vierten Mal geschah das Wunder. Der Motor lief, wenn auch nicht so rund wie zuvor. Es gab immer wieder Zündaussetzer, und Jevy verstellte die Bowdenzüge, ohne dass es viel genützt hätte.
»Wir müssen langsamer fahren«, sagte er, ohne Nate anzusehen.
»Von mir aus. Solange wir nur wissen, wo wir sind.« »Kein Problem.«
Das Gewitter schob sich über die Berge Boliviens heran und stürmte dann ins Pantanal hinab, ähnlich der Front, die sie im Flugzeug fast umgebracht hätte.
Nate saß, tief ins Boot gedrückt, in der Sicherheit seines Regencapes und suchte den Fluss im Osten ab, bemüht, irgend etwas zu entdecken, das er schon einmal gesehen hatte. Dann erfasste der erste Windstoß das Boot, und der Regen begann erbarmungslos hernieder zuprasseln. Langsam drehte sich Nate um und blickte hinter sich. Jevy hatte bereits gesehen, was da heranzog, aber nichts gesagt.
Der Himmel war dunkelgrau, fast schwarz. Wolken schoben sich fast in Bodenhöhe heran, so dass man die Berge nicht mehr sehen konnte. Der Regen durchnässte sie immer mehr. Nate fühlte sich ausgeliefert und völlig hilflos.
Nirgendwo gab es einen Unterschlupf, keinen Hafen, in dem man anlegen und auf das Ende des Unwetters warten konnte. Kilometerweit um sie herum war in allen Richtungen nichts als Wasser zu sehen. Sie befanden sich inmitten einer gewaltigen Wasserfläche, lediglich die Spitzen von Buschwerk und Bäumen leiteten sie durch die Flüsse und Sümpfe. Sie hatten keine Wahl, als im Boot zu bleiben.
Eine Bö trieb das Boot voran, während ihnen der Regen auf den Rücken prasselte.
Der Himmel wurde noch dunkler. Am liebsten hätte sich Nate unter der Aluminiumsitzbank zusammengerollt, das aufblasbare Kissen umklammert und sich unter seinem Regencape versteckt. Aber zu seinen Füssen stieg das Wasser bereits. Ihre Vorräte wurden nass. Er griff den Eimer und begann, Regenwasser aus dem Boot zu schöpfen.
Sie gelangten an eine Abzweigung, von der Nate überzeugt war, dass sie sie auf dem Hinweg nicht gesehen hatten, und schließlich an einen Zusammenfluss, den sie kaum erkennen konnten. Jevy nahm das Gas zurück und betrachtete prüfend die Wasserläufe, dann gab er wieder Gas und fuhr scharf nach rechts, als wisse er genau, wohin sein Weg führe. Nate war überzeugt, dass sie sich verfahren hatten.
Nach wenigen Minuten endete der Fluss in einer Ansammlung verrottender Baumstämme - ein eindrucksvolles Bild, das sie zuvor nicht gesehen hatten. Rasch wendete Jevy das Boot. Jetzt jagten sie dem Gewitter entgegen. Der schwarze Himmel bot einen fürchterlichen Anblick, und das Wasser des Flusses trug weiße Schaumkronen.
Als sie die Abzweigung wieder erreicht hatten, berieten sie eine Weile miteinander, gegen Wind und Regen anbrüllend, und entschieden sich dann für einen anderen Fluss.
Unmittelbar vor Einbruch der Dunkelheit durchquerten sie eine große, überschwemmte Ebene, die aussah wie der See, an dessen Rand sie den Angler im Röhricht gesehen hatten. Er war nicht da.
Jevy fuhr in einen der Zuflüsse hinein, als sei ihm dieser Teil des Pantanal von tagtäglichen Fahrten vertraut. Dann zuckten Blitze auf, und eine Zeitlang konnten sie fast sehen, wohin sie fuhren. Der Regen ließ nach. Allmählich zog das Gewitter ab.
Jevy stellte den Motor ab und musterte die Ufer.
»Was haben Sie vor?« fragte Nate. Während des Gewitters hatten sie sich kaum unterhalten. Es war klar, dass sie sich hoffnungslos verfahren hatten, aber Nate wollte Jevy nicht zwingen, das zuzugeben.
»Wir könnten ein Lager aufschlagen«, sagte Jevy. Es war eher ein Vorschlag als ein Plan.
»Warum?«
»Weil wir irgendwo schlafen müssen.«
»Das können wir doch abwechselnd hier im Boot tun«, regte Nate an. »Da ist es sicherer.« Er sagte das mit der Überzeugung eines erfahrenen Flusslotsen.
»Möglich. Trotzdem denke ich, dass wir hier anlegen sollten. Wenn wir im Dunkeln weiterfahren, könnten wir uns verirren.«
Wir haben uns schon vor drei Stunden
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