Das Teufelskind
Johnny rollte mit den Augen. Er hatte furchtbare Angst. Noch nie im Leben hatte er sie so stark empfunden wie in diesen Augenblicken. Die Frau wollte ihn töten, und niemand war in der Nähe, der ihm zur Seite stand.
Rücksichtslos wurde er die Stufen der langen Kellertreppe hochgeschoben. Er schaute nach oben, und dort stand Lydia. Seine Spielkameradin Lydia!
Sie hatte sich auf der Schwelle aufgebaut, ihre Arme angewinkelt und die Fäuste in die Hüften gestützt. Den Kopf hielt sie ein wenig gesenkt. Nur auf Johnny blickte sie, wobei sie die Lippen zu einem tückischen Lächeln verzogen hatte.
Stufe für Stufe ließen Martha und Johnny die Treppe hinter sich. Sie näherten sich seinem Verderben, denn den Sarg hatte Lydia bereits aufgeklappt.
Dann waren sie oben.
Ein Fauchen empfing sie. Es war Devil, die Teufelskatze. Er hatte sein Maul aufgerissen, die spitzen Zähne leuchteten weiß, die Augen funkelten, das Fell war gesträubt, und er sah aus, als wollte er jeden Augenblick angreifen.
Das merkte auch Martha. Sie befahl der Katze, zurückzugehen. Devil tat es nur ungern und zögernd.
Martha löste ihre Hand von Johnnys Lippen und packte seine Arme. Der Junge war einfach zu schwach, um sich wehren zu können. Er hing nach vorn übergebeugt im Griff der Frau und schnappte verzweifelt nach Luft. Seine beiden Gegnerinnen hatten leichtes Spiel.
Lydia wußte genau, was sie tun mußte. Bevor sich Johnny versah, hatte sich das Mädchen bereits gebückt. Zwei kleine, dennoch kräftige Hände umklammerten Johnnys Knöchel und rissen seine Beine in die Höhe. Plötzlich schwebte er, nur gehalten von Martha und dem Teufelskind.
»Rein in den Sarg!« schrie die alte Hexe. Sie drehte sich so, daß Johnny auf den Sarg zugeschleppt werden konnte. Gleichzeitig drückte sie ihn auch nach unten.
Der Junge schrie nicht. Er weinte auch nicht. Beides hatte keinen Sinn, und das war ihm instinktiv klar geworden.
Man hatte das Unterteil der weißen Totenkiste ausgepolstert. Ein handhohes Kissen aus schwarzem Samt lag dort, und es war in Kopfhöhe mit dem Sigill des Teufels bestickt.
Blutrot leuchtete das Zeichen.
Johnny wurde in den Sarg gepreßt. Martha hielt ihn jetzt alleine fest, während Lydia, das Teufelskind, mit unbewegtem Gesicht zuschaute, sich dann umdrehte, nach dem Deckel griff und ihn anhob. Johnny lag auf dem Rücken. Man hatte ihn in diese Haltung gedrückt. Er konnte hochschauen und sah über sich die gebückt stehende Martha Sidomas.
Ihr Gesicht war eine Grimasse. Triumph verzerrte es. Ihre Hände drückten gegen Johnnys Körper, dann nickte sie, und das war gleichzeitig für Lydia das Zeichen.
Einen Schritt ging sie noch, erreichte den Sarg und drückte den Deckel nach unten.
Martha half ihr dabei, während Devil um die Beine der beiden herumstrich.
Es gab ein dumpfes Geräusch, als der Deckel auf das Unterteil fiel und befestigt wurde.
»Wird er nicht ersticken?« fragte Lydia.
»Nein, es sind Luftlöcher im Deckel. Er bekommt genügend Luft, denn wir brauchen ihn für das Fest lebend.«
Martha richtete sich auf und rieb ihre Hände. »Und jetzt schaffen wir ihn nach draußen!« flüsterte sie, »öffne schon die Tür.« Martha gab ihr den Schlüssel.
Das tat Lydia auch. Kalte Luft drang in die Diele. Bevor die Hagere den Sarg anhob, schaute sie noch nach draußen.
Dort war alles ruhig. Es kam keiner, um nachzuschauen. Dennoch machte sie sich Sorgen. Die Conollys würden etwas merken, wenn die halbe Stunde Zeit um war.
»Schneller, schneller!« Martha hetzte jetzt. Sie verspürte ein ungutes Gefühl. Wenn sie sich jetzt nicht beeilten, konnte es leicht zu spät werden und der Plan kippen.
Vor dem Haus stand ein schwarzer R4. Die hinteren Sitze waren herausgebaut worden, die Ladetüren standen offen, und die beiden Frauen konnten den Sarg ohne Schwierigkeiten in den Wagen schieben. Lydia bekam noch den Auftrag die Haustür zu schließen. Sie tat dies, ohne zu murren, und als sie zurückkam, hatte Martha den Motor bereits gestartet.
Sie nahm nicht den normalen Weg sondern rollte mit dem R4 halb durch den Vorgarten.
Dabei schaukelte das Fahrzeug und auch der Sarg wurde auf der Ladefläche von einer Seite zur anderen geworfen. Als sie nach links in die Straße einbogen, jaulten die Reifen. Bis zur nächsten Kreuzung war es nicht mehr weit.
Dort bogen sie rechts ab und waren verschwunden.
Der Plan ging auf…
***
Als der R4 verschwand, da verließen wir den Bungalow. Aber von dem Wagen wußten
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