Das Teufelskind
Lydia zu. Sie hatte sich so stark abgestoßen, daß sie über das Teufelskind hinwegwirbelte und dessen Messerstich nur einen blitzenden Halbkreis schlug und den Körper, das eigentliche Ziel, verfehlte.
»Nadine!«
Ein Schrei der Hoffnung. Ein gellender Ruf, den der kleine Johnny da ausgestoßen hatte. Und er richtete sich auf dem Altar in die Höhe, hob beide Arme, sein Gesicht strahlte plötzlich, und die Wölfin setzte zu einem letzten Sprung an.
Sie sprang nicht nur auf die Platte, sondern wuchtete Johnny auch herunter.
Der Kleine fiel zu Boden. Er schrie noch einmal auf, denn nichts bremste den Fall, dann war Nadine über ihm und deckte ihn mit ihrem Körper. Ihr Eingreifen war blitzschnell abgelaufen. Es waren nur Sekunden vergangen, und so lange brauchten die Hexen auch, um sich von der Überraschung zu erholen.
Dann aber reagierte Wikka.
Bill und Suko waren für den Augenblick vergessen. Sie würden sowieso daran glauben müssen, jetzt interessierte allein die Wölfin, denn es sollte ihr auf keinen Fall gelingen, Johnny Conolly, der als Opfer ausgesucht war, zu retten.
»Stecht sie nieder!« kreischte Wikka. »Nehmt die Dolche! Ich will ihr Blut fließen sehen!« Sie war wie von Sinnen und erlebte abermals eine Überraschung denn eine weitere Frauenstimme übertönte sogar noch ihr Geschrei.
»Ich will meinen Sohn zurück, ihr verfluchten Hexen!«
Wikka kreiselte herum. Und sie sah das, was auch alle anderen entdeckten.
Sheila Conolly war da!
***
Wir kamen uns vor wie Kanalarbeiter!
Mandra Korab und ich mußten mit bloßen Händen den Schutt wegräumen. Eingehüllt von einer nie abreißenden Staubwolke, schufteten wir wie die Berserker, um endlich freie Bahn zu bekommen. Zum Glück brauchten wir nicht den gesamten Schutt zur Seite zu schaffen - das hätte Stunden, wenn nicht länger gedauert -, wir mußten nur einen Durchschlupf schaffen, der breit genug für uns war. Mandra ackerte für zwei. Was er wegräumte, war schon phänomenal. Er war auch der erste, der sich durch die geschaffene Lücke wühlte und drehte.
Jetzt kam es darauf an, ob der dahinterliegende Teil des Ganges frei war. Bisher hatten wir kein Glück, diesmal allerdings stand es auf unserer Seite.
Wir kamen weiter.
Ich hatte wieder meine Bleistiftleuchte eingeschaltet. Viel war nicht zu sehen, denn ein dichter Staubvorhang lag in der Luft. Er füllte nicht nur den gesamten Gang aus, sondern schluckte auch das Licht und wurde zu einem Hustenreiz.
Wir stolperten weiter. Ein normales Gehen war es nicht, denn auch auf dem weiteren Weg lagen dicke Steine. Geröll, Dreck, Schutt und Staub machten uns zu schaffen, aber wir setzten uns über alle Widrigkeiten hinweg, schließlich wußten wir beide, um was es ging. Der Gang kam mir noch länger vor als beim erstenmal. Vielleicht war es auch die Angst um Johnny, die dies bewirkte, und wir atmeten auf, als der Staub dünner und die Luft frischer wurde.
Das Ende des Tunnels kündigte sich an.
Manchmal liefen wir nebeneinander, dann wieder drängte sich Mandra vor, oder ich übernahm die Spitze.
Ich hatte dem Inder erklärt, wo wir auskommen würden. Er wußte also Bescheid, und ein grauer Fleck vor uns bewies, daß wir es bald geschafft hatten.
Wenige Sekunden später war es soweit.
Wir vernahmen auch wieder Stimmen, und ich glaubte, die von Sheila Conolly zu hören.
Mandra Korab hatte den gleichen Gedanken gehabt wie ich. »Das ist doch Sheila!« hauchte er.
Ich erwiderte nichts darauf, aber meine Angst nahm nicht ab. Im Gegenteil…
***
»Ich will meinen Sohn zurück, ihr verfluchten Hexen!« So hatte Sheila gesprochen und mit ihren Worten die anderen überrascht. Und sie konnte es sich leisten, so zu reden, denn es war ihr gelungen, die entfallenen Waffen aufzuheben.
In der rechten Hand hielt sie jetzt die Pistole, in der linken den Stab, der eigentlich Suko gehörte. Sheila hatte den Waffenarm erhoben. Sie zielte auf Wikka, die ihr am nächsten stand. Und die Verlängerung der Mündung wies direkt auf den Kopf der Oberhexe.
Wikka rührte sich nicht. Auch sie mußte die Überraschung erst verdauen. Mit Sheila Conolly hatte sie ebensowenig gerechnet wie mit der Wölfin Nadine Berger. Nun war ihr klargeworden, daß das Sinclair-Team alles aufgeboten hatte.
Allerdings waren zwei ausgeschaltet worden. Suko, der Chinese, und Bill Conolly.
Wikka drehte den Kopf und schielte zu den beiden hin. Diese Reaktion bemerkte auch Sheila. »Legt sie zu Boden!« schrie sie.
»Verdammt,
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