Das Teufelslabyrinth
nächster Angehöriger eingetragen?«
Erneut zog die Schwester den Computer zurate. »Sie wurde vor drei Jahren mit einer Lungenentzündung eingeliefert. Damals war William McIntyre ihr nächster Angehöriger, ihr Ehemann.«
»Das ist nicht mehr aktuell«, erwiderte Morgan. »Gibt es noch jemand anders?«
Die Schwester schaute etwas befremdet, tippte aber wieder etwas in ihren Computer. »Ja, tatsächlich. Wir hatten kürzlich einen Sechzehnjährigen namens Ryan McIntyre als Patienten hier, dessen Mutter als Teri McIntyre geführt wird.«
»Das passt«, sagte McCain. »Im Haus gibt es ein Jungenzimmer.«
»Und die Adresse ist auch die Gleiche«, setzte die Schwester hinzu. »Aber mehr habe ich hier nicht.«
»Na, das ist doch schon mal ein Anfang«, seufzte McCain und legte eine Karte seiner Dienststelle auf den Schreibtisch. »Danke. Und rufen Sie uns bitte an, wenn sie aufwacht, ja?«
»Mache ich.« Sie nahm die Visitenkarte und kritzelte etwas auf die Rückseite. Dann, anstatt die Karte in eine Schublade zu legen, klebte sie sie mit einem Stück Klebestreifen an den Monitor, wo sie niemand übersehen konnte.
Nachdem es hier nichts mehr zu tun gab - jedenfalls im Moment nicht -, verließen die beiden Beamten das Stationszimmer und gingen zu den Aufzügen.
»Okay, wir haben einen Jungen namens Ryan McIntyre«, sagte Morgan, der schon zum zweiten Mal vergeblich versuchte, den Aufzug zu rufen. »Der ohne Zweifel der Sohn des Opfers ist, aber an dem Abend nicht im Haus war. Und wir haben einen William McIntyre, vielleicht der geschiedene Mann, und den Bekannten, Tom
Kelly. Dieser Tom Kelly ist der Hauptverdächtige, was diesen tätlichen Angriff betrifft, aber wenn es da noch einen Ex-Mann gibt, dann können wir diesen als Täter ebenfalls nicht ausschließen, und zwar für beide Vorfälle, den Einbruch und die Körperverletzung.«
»Ich gebe das rein«, sagte McCain, als der Aufzug endlich in ihrer Etage anhielt und sie nach unten ins Foyer brachte. »Sollte nicht so schwer sein, Infos über den Sohn und den Ex aus dem System zu leiern. Aber bei diesem Tom Kelly wird die Sache haarig. So heißen bestimmt eine Million Männer in Boston.«
»Hm, allein bei uns arbeiten schon ein Dutzend Tom Kellys«, meinte Morgan. »Und wenn er es war, der die Frau so zugerichtet hat, dann wette ich mit dir, dass er nicht seinen richtigen Namen angegeben hat.«
McCain nickte. »Gut, dann fahren wir noch einmal zurück zum Haus und sehen nach, ob wir etwas über den Sohn und den Ex herausfinden. Irgendeiner der Nachbarn weiß bestimmt was.«
Sie stießen die großen Glastüren im Foyer auf, und McCain sog tief die kühle, salzige Luft ein, die über Nacht vom Meer aufs Festland gelangt war. Es war genau einer dieser Morgen, der einen glücklich machte, am Leben zu sein. Doch obwohl er die frische Brise sehr genoss, sagte ihm sein Bauchgefühl, dass er sich keinen Illusionen hingeben sollte. Dieser Fall würde sich noch sehr merkwürdig entwickeln, das ahnte er.
Erzbischof Rand starrte düster den Telefonapparat auf seinem Schreibtisch an. Das konstante Blinken der Anzeigen für die einzelnen Leitungen ging ihm genauso auf die Nerven wie das unentwegte Klingeln, das beim Freiwerden einer Leitung umgehend einsetzte.
Auf Leitung eins hatte er den Redakteur des Lokalsenders von NBC, der mehr Informationen über die plötzliche und völlig unerwartete Änderung der Papstreise verlangte, die nun einen Stopp in Boston vorsah.
Auf Leitung zwei war Arthur Cole, der Vorsitzende des »Komitees für eucharistische Anbetung«, der ihm anbot - oder genauer gesagt, der forderte -, dass seine Organisation an den Vorbereitungen für den Papstbesuch mitwirkte. Vielleicht könnte Rand ihn und sein Komitee damit beauftragen, das Heer der freiwilligen Helfer und Mitarbeiter zu koordinieren, alles Menschen, die damit rechneten, dass ihr persönlicher Einsatz mit einer Privataudienz beim Papst belohnt würde. Dabei wusste Rand zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht, was überhaupt an Hilfe und Unterstützung benötigt wurde.
Auf Leitung drei wartete Mrs. Boothe von der Katholischen Frauenvereinigung in Boston, die wissen wollte, wie sie und ihre Damen sich nützlich machen könnten, und die ebenfalls auf eine Privataudienz beim Pontifex spekulierte.
Rand hatte sich soeben auf Leitung vier von einem Reporter des Boston Herald verabschiedet, der sich mit dem Versprechen einer Presseerklärung, die man ihm zufaxen würde, zufriedengegeben
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