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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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er, wie seine Antwort ausfallen würde.
    »Durch mein Blut lebst du und bist mir zu Gehorsam verpflichtet«, rezitierte Pater Sebastian und sah ihn dabei immer noch eindringlich an.
    Ryan stand ganz ruhig da und antwortete mit lauter, zuversichtlicher Stimme: »Ich werde gehorchen.«
    Daraufhin brach Pater Sebastian den Zirkel und ging zum Altar, auf dem drei sorgfältig verpackte Pakete lagen. »Hier, meine Kinder, das sind eure Kleider für morgen«, sagte Pater Sebastian, worauf Melody, Sofia und Ryan aus dem Labyrinth zu ihm traten. »Zieht sie an. Anschließend werde ich euch genau erklären, was ihr morgen zu tun habt.«
    Ryan öffnete sein Kleiderpaket, nahm den dunkelroten Ministrantenrock heraus und streifte ihn über seinen Schlafanzug; mehr hatte er nicht an. Das wadenlange Kleidungsstück bauschte sich unter den Armen, fühlte sich irgendwie schwer an, aber Ryan ignorierte das Gewicht und legte das weiße Chorhemd an, dessen Spitzenmanschetten über die Säume des Ministrantenrocks fielen.

    Als er fertig angekleidet war, hatte nicht ein einziger Blutstropfen, weder von seinen Händen noch von seinem Gesicht, das weiße Spitzenhemd befleckt.
    »Möge Allah euch wohlwollend betrachten«, murmelte Pater Sebastian leise, als alle drei in ihren Ministrantenkleidern vor ihm standen. » Radiya’Llahu’anhum. Geehrt sei Gott, der eine Gott, der wahre Gott!« Er schloss die Augen, wiegte sich vor und zurück und fuhr dann im Flüsterton fort: »Morgen wird es vorbei sein - und damit meine Vorfahren gerächt. Subhanahu wa ta’ala. «
    Ryan, Melody und Sofia hörten aufmerksam zu, als der Priester ihnen demonstrierte, wie die in den roten Ministrantenröcken versteckten Sprengsätze scharf gemacht wurden und wo in den Manschetten sich die Knöpfe zum Zünden der Bomben befanden.
    Abschließend erklärte er ihnen, zu welchem Zeitpunkt während der öffentlichen Messe des Papstes sie die Bomben zünden und damit nicht nur das Leben des Papstes auslöschen sollten, sondern auch das ihre.
    »Subhanahu wa ta’ala«, wiederholte Pater Sebastian. »Allah ist herrlich und allmächtig.«

62
    Auf einem der Hügel zu seiner Rechten sah Ryan eine einsame Gestalt stehen, die sich im ersten Tageslicht vor dem scharlachrot gefärbten Himmel abzeichnete.
    Er schaute genauer hin, konnte aber nicht genau erkennen, was es war.

    Ein Mensch?
    Eine Vogelscheuche?
    Langsam wurde die Gestalt deutlicher, und jetzt konnte er sehen, dass es ein Mann war. Ein Mann an einem Kreuz! Er stand am Fuße des Kalvarienbergs und blickte hinauf zu dem gekreuzigten Erlöser! Er machte einen Schritt darauf zu, und noch einen. Ja, es war ein Kreuz, doch dann erkannte er, dass der Mann nicht an dem Kreuz hing.
    Er stand vielmehr vor dem Kreuz, und obwohl er mit Ketten, die um seinen Leib geschlungen waren, an das Kreuz gefesselt war, blickten seine Augen ruhig und gelassen.
    Und sie waren direkt auf Ryan gerichtet.
    Mit fortschreitender Morgendämmerung konnte Ryan das Gesicht des Mannes immer deutlicher ausmachen, und plötzlich stockte ihm der Atem. »Dad?«, kam es so leise von ihm, dass das Wort augenblicklich in der morgendlichen Brise unterging.
    »Komm, Ryan«, rief sein Vater. »Komm zurück zu mir.«
    Im gleichen Moment rief ihm von links eine Stimme etwas zu, worauf Ryan sich von der an das Kreuz gefesselten Gestalt abwandte.
    »Nein, Ryan«, sagte sein Vater. »Sieh nirgendwo anders hin, nur zu mir. Ich bin deine Rettung.«
    Ryan zauderte, doch die andere Stimme rief ihn erneut, in einem Befehlston, den er nicht ignorieren konnte. »Du wirst bei mir bleiben«, befahl die Stimme. »Durch mein Blut lebst du und bist mir zu Gehorsam verpflichtet.«
    Ryan entfernte sich ein Stück von seinem Vater.
    »Ryan, bleib hier«, verlangte sein Vater, sehr leise zwar, doch sehr deutlich. »Komm zu mir, Ryan. Komm zu mir zurück. Nur ich kann dich retten.«

    Ryan versuchte sich daraufhin wieder umzudrehen, wollte den Hügel hinaufsteigen, wo sein Retter stand, an das Kreuz gefesselt. Aber sein Körper gehörte ihm nicht mehr, und er drehte sich langsam wieder in die andere Richtung, wandte sich abermals von seinem Vater ab. Und dort, auf einem anderen Hügel, der nicht so hoch und nicht so weit entfernt war wie der Kalvarienberg, sah er eine andere Gestalt stehen: Pater Sebastian, der an den Quellwassern eines Flusses stand, in dem Blut floss und der aus dem Nichts entsprungen zu sein schien.
    »Durch mein Blut lebst du und bist mir zu Gehorsam

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