Das Teufelslabyrinth
Altar tritt, und dort wird ihn das Plexiglasschild schützen. Halten Sie die Straßen frei bis dreißig Minuten nach seinem Abgang, und das war’s dann.«
Bürgermeister Flowers kramte in seiner Jackentasche nach den Kautabletten gegen Sodbrennen und schaute dabei den Polizeichef fragend an.
Der versicherte ihm: »Wir werden in der Schule und entlang der drei Blocks der Fahrtroute zum Common ausreichend Sicherheitsleute postiert haben.« Doch als der Bürgermeister trotz seiner Worte immer noch unglücklich dreinschaute, spreizte er hilflos die Hände. »Das hier ist die Show des Vatikan, und die werden sie nach ihrem Gutdünken abwickeln. Und nach dem, was ich hier gesehen und gehört habe, haben diese Leute den Laden fest im Griff. Abgesehen davon, drei Tage damit zuzubringen, jeden Einzelnen, der den Papst sehen will, durch
einen Metalldetektor zu jagen, fällt mir nichts ein, was wir noch unternehmen könnten.«
»Na schön«, gab sich Flowers geschlagen. »Dann bleibt uns also nichts weiter zu tun, als uns zurückzulehnen und die Show zu genießen?«
»Ganz recht«, meinte Grimaldi, und sein Lächeln schien diesmal wirklich von Herzen zu kommen. »Und Sie werden sie genießen - der Heilige Vater besitzt tatsächlich etwas Magisches. Wo immer er sich zeigt, passiert das Gleiche: Jeder, der ihn sieht, betet ihn an.« Nach einem Blick auf die Uhr fuhr er fort: »Entschuldigen Sie, nachdem Seine Heiligkeit in zehn Minuten landet, muss ich mich vergewissern, dass die Motorradeskorte am Flughafen bereitsteht.«
Der Bürgermeister schüttelte Grimaldi die Hand, dann der Polizeichef. Grimaldi klappte sein Mobiltelefon auf, drückte ein paar Tasten und eilte zum Hinterausgang des Parks, wo eine schwarze Limousine mit Chauffeur auf ihn wartete.
»Auch etwas gegen Magenschmerzen?« Flowers hielt dem Polizeichef die Packung Kautabletten hin.
»Kann gewiss nicht schaden«, antwortete dieser mit einem schiefen Grinsen und bediente sich.
61
Es war die feuchte Kälte, die Ryan aufweckte.
Er war früh zu Bett gegangen, nachdem er sich von Clay Matthews, José Alvarez und Darren Bender verabschiedet hatte, die noch eine Weile im Gemeinschaftsraum sitzen bleiben wollten. Das Fenster hatte er weit aufgemacht, um die frische Frühlingsluft ins Zimmer zu lassen, und es war nicht so kalt gewesen, dass er eine extra Decke gebraucht hätte. Inzwischen schlotterte er jedoch am ganzen Leib und glaubte, dass ihm nie wieder warm werden würde.
Er tastete nach seiner Bettdecke, bekam aber nur etwas Kaltes, Hartes und Feuchtes zu fassen, und als er den Schlaf endgültig abgeschüttelt hatte, stellte er fest, dass er gar nicht in seinem Bett lag.
Ja, nicht einmal in seinem Zimmer war.
Er befand sich irgendwo in den Tunneln unter der Schule, er war allein und konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wie er hierhergeraten war. Doch noch während er überlegte, was passiert sein mochte, merkte er, dass er sich vorwärts bewegte. Ohne sein Zutun trugen seine Beine ihn durch die unterirdischen Gänge, nicht schnell, aber zügig. Und wenn er versuchte anzuhalten, einen Moment stehen zu bleiben, um herauszufinden, wo er sich befand, passierte nichts.
Er lief einfach weiter, bewegte sich wie ein Zombie durch die düsteren Gänge, unfähig anzuhalten, unfähig auch, die Richtung zu bestimmen, wenn er an eine Kreuzung kam. Doch nach der dritten Abzweigung kannte er sich aus.
Vor ihm war eine Tür, die einen Spaltbreit offen stand. Dahinter gelbes Licht. Kurz darauf spähte er in die kleine Kapelle, die tief unter den alten Mauern der St. Isaac’s verborgen lag.
Und auf dem Fußboden, unübersehbar, das seltsame, mit Kreide aufgemalte Labyrinth um Jeffrey Holmes’ Sarg.
»Komm rein, Ryan«, rief Pater Sebastian leise.
Ryan wollte da nicht hineingehen. Vielmehr wollte er auf dem Absatz umdrehen und zurückrennen, wollte raus aus diesen unterirdischen Gemäuern und zurück in sein Zimmer. Doch obwohl er alles daransetzte, sich von der offenen Tür abzuwenden, zogen ihn die flackernden Kerzen auf dem Altar unaufhaltsam in die Kapelle hinein.
Pater Sebastian stand in der Mitte des Labyrinths, und direkt über ihm hing das riesige Kreuz, verkehrt herum, so dass es schien, als grinse Christi Gesicht ihn an. Die in einem großen Kreis aufgestellten Kerzen warfen tanzende Schatten an die Wände, und es dauerte ein paar Sekunden, bis Ryan begriff, dass Melody und Sofia, die jeweils an einem Eingang zu dem aufgemalten Labyrinth
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