Das Teufelslabyrinth
spürte.
Mit dem blutbesudelten Zeigefinger seiner rechten Hand zeichnete er etwas auf Sofias Stirn. Das Herz auf ihrer Brust zog sich noch einmal kräftig zusammen und explodierte im nächsten Moment in einer Blutfontäne; gleichzeitig fing das Kruzifix Feuer und brannte kurz darauf lichterloh.
Die Bestie in Sofias Innerem indes brüllte und randalierte vor Wut.
Abrupt setzte Sofia sich auf, zerriss ihre Fesseln, als wären es nur dünne Fäden gewesen, und schleuderte das brennende Kreuz zur Seite.
Pater Laughlin und Schwester Mary David wichen mit vor Angst geweiteten Augen zurück, nur Pater Sebastian blieb stehen und begegnete Sofias zornentbranntem Blick ohne die geringsten Anzeichen von Angst.
Er hob die rechte Hand, und plötzlich erfüllte seine Stimme den ganzen Raum. »Durch mein Blut bist du und folgst meinem Geheiß«, sprach er. »Ich befehle dir, dich zu unterwerfen!«
Deutlich spürte Sofia, wie dieses Wesen in ihr sich darauf vorbereitete, auf den Priester einzuschlagen, doch da legte Pater Sebastian seine breite Hand auf ihr Gesicht.
Drückte sie fest darauf.
»Unterwirf dich!«
Noch während der knappe Befehl von den Wänden des kleinen Raumes widerhallte, wich jegliche Kraft aus Sofias
Körper, und sie sank wie leblos zurück auf die steinerne Pritsche.
Pater Laughlin löschte das brennende Kruzifix mit Weihwasser, richtete es wieder auf und lehnte es an die Wand. Währenddessen befreite Schwester Mary David Sofia von dem Knebel, zog ihr den blutbespritzten BH wieder an und knöpfte ihr die besudelte Bluse zu.
Sofia lag ganz ruhig da und ließ alles mit sich geschehen. Sie hatte keine Kraft mehr, aber auch keine Angst.
Es war vorbei.
Doch das Wesen in ihr war noch da. Es war ruhiggestellt worden, aber nicht vertrieben.
Sofia drehte sich auf die Seite, ringelte sich auf dem kalten Stein ein und schlang die Arme um ihre Knie, während Schwester Mary David die blutigen Wunden auf Pater Sebastians Rücken versorgte und ihm anschließend beim Ankleiden behilflich war.
Nachdem dies geschehen war, lehnte sich Pater Sebastian, immer noch schwer atmend vor Erschöpfung, an den steinernen Tisch, auf dem Sofia lag. »Gebt mir ein paar Minuten«, bat er leise. »Dann werden wir es zu Ende bringen.«
25
Ryan löste die letzte seiner Algebra-Aufgaben, klappte sein Mathematikbuch zu und streckte seine verkrampften Muskeln. Wäre er jetzt zu Hause, würde er vor dem Zubettgehen noch einmal um den Block laufen, doch ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass in zehn Minuten die Lichter aus sein mussten. Doch auch wenn noch Zeit gewesen wäre, hätte er keine Lust gehabt, ein paarmal den Beacon Hill rauf und runter zu laufen und anschließend ins Bett zu gehen. Seufzend nahm er sich das Buch über katholische Geschichte vor und blätterte zur ersten der vielen Seiten, die Melody nach dem Abendessen für ihn angekreuzt hatte.
Den ersten Absatz hatte er noch nicht ganz durchgelesen, da merkte er schon, dass seine Lider schwer wurden, ignorierte es aber. Mit schlechteren Zensuren als Spitzennoten schaffst du es nicht nach Princeton, rief er sich in Erinnerung. Aber in Katholischer Kirchengeschichte? Was sollte das überhaupt sein? War das nicht das Gleiche wie normale Geschichte? Nicht dass das einen Unterschied machte - in dem Fall zählten einzig und allein die Noten. Außerdem gab es im Moment, bis Clay aus dem Bad käme und er sich duschen könnte, ohnehin nichts anderes zu tun.
Mit einem tiefen Seufzer beendete er den ersten der angegebenen Abschnitte - in dem die spanische Inquisition offenbar ähnlich vehement verteidigt wurde wie am Vormittag von Pater Sebastian - und blätterte weiter zum nächsten Kapitel, in dem es anscheinend um Satanismus ging. Als dann sein Handy vibrierte und er Melody Hunts
Namen auf dem Display entdeckte, klappte er erfreut das Buch zu.
»Okay, sprich mir vom Teufel«, scherzte er.
Falls Melody seine Art von Humor verstanden hatte, reagierte sie jedoch nicht darauf. »Ryan, Sofia ist noch nicht wieder zurück«, sagte sie, und trotz der schlechten Verbindung hörte Ryan deutlich die Besorgnis in ihrer Stimme. »Ich habe Schwester Mary David gesucht, sie aber nirgendwo gefunden. Und schließlich hat mir die Nonne im Verwaltungsbüro gesagt, dass Sofia auf der Krankenstation liege.«
»Auf der Krankenstation?«
»Ja! Aber als ich fragte, was ihr denn fehlt, meinte die Nonne, das ginge mich nichts an, und als ich auf der Krankenstation anrief, hob niemand ab!«
»Wie
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