Das Todeskreuz
ein paar
Schlucke Wasser zu trinken bekommen, aber wenn er jammerte
oder wimmerte, hielt man ihm einen Stock hin, an dem ein mit
Essig getränkter Schwamm befestigt war.
»Du hast Unrecht getan«, sagte die sanfte Stimme leise. »Gib
es zu.«
»Das hab ich doch schon«, jammerte er.
»Es ist schön, dass du das einsiehst. Aber es gibt eine Schuld,
die nicht vergeben werden kann, nicht hier auf Erden und auch
nicht im Himmel. So sagt es jedenfalls die Bibel und auch die
Kirche. Wir sind aber nicht von der Kirche, wir handeln auch
nicht in Gottes Auftrag. Du hast dein Leben verwirkt, weil du
andere gedemütigt, misshandelt und getötet hast«, sagte die
Stimme monoton.
»Ich habe niemanden getötet! Warum glaubst du mir nicht?«
»Doch, du hast getötet. Nicht nur einmal, sondern mehrfach.
Der Tod einer Seele ist noch schlimmer als der Tod des Körpers,
denn der Körper lebt noch viele Jahre weiter, doch die Seele
liegt in einem tiefen Grab. Du wirst nie wieder Hand an jemanden
legen.«
Mit einem Mal spürte er einen unsäglichen Schmerz, der ihm
fast die Sinne raubte. Immer und immer wieder knallte die Peitsche
auf seinen Rücken, die Haut platzte auf, und Blut trat aus
mehreren Wunden aus. Bei jedem Schlag stöhnte er auf, doch es
gab keinen, der ihm hätte helfen können. Nach einer schier endlosen
Zeit war es vorbei. Er hatte Todesangst.
»Du wirst jetzt die Tortur über dich ergehen lassen. Es wird
die Tortur sein, die man im Mittelalter bei Hexen und Ketzern
angewandt hat. Du wirst gestreckt, dir werden die Finger, die
Arme und die Beine gebrochen, und irgendwann wirst du tot
sein«, fuhr die Stimme emotionslos fort.
»Neiiiin!!! Ich will nicht sterben!«
»Du hättest die Wahl gehabt, schon vor vielen Jahren hättest
du dich für die gute Seite entscheiden können. Du hast es aber
nicht getan, stattdessen hast du andere gequält und gepeinigt,
und du hast auch noch Spaß daran gefunden. Du hast gelacht,
wenn andere vor Schmerzen geschrien haben. Du hast dir die
grausamsten Methoden ausgedacht, um jemanden zu quälen.
Doch damit ist es nun endgültig vorbei. Zwei deiner Weggefährten
sind bereits von dieser Erde gegangen, Dr. Corinna Sittler,
ehemals korrupte Staatsanwältin, und Dr. Bernd Buchmann,
ehemals korrupter Richter. Auch du hättest eigentlich längst vor
Gericht gehört, wurdest aber niemals angeklagt, weil du dich
wie einige andere deines Schlages freigekauft hast. Doch nicht
bei deinem Opfer, sondern bei denen, die hätten Recht sprechen
sollen. Aber wenn man unter seinesgleichen ist, bekommt das
Wort Recht eine ganz andere Bedeutung. Dafür wurde dein Opfer
verhöhnt und hat sich kurze Zeit später aus lauter Verzweiflung
das Leben genommen. Für diesen Tod bist allein du verantwortlich.
Und für dieses Verbrechen wirst du büßen. Es gibt
aber nicht nur dieses eine Opfer, sondern noch mindestens vier
weitere Frauen, denen du unendliches Leid zugefügt hast, darunter
deine Ehefrau. Möchtest du noch etwas sagen, bevor ich
beginne?«
»Bitte, bitte nicht. Ich will nicht sterben, ich bin noch zu
jung. Ich bereue alles, es tut mir leid, aber lass mich am Leben.
Du kannst haben, was du willst, mein ganzes Vermögen, alles,
aber ...«
»An deinem Vermögen klebt so viel Blut und so viel Schmutz,
fast nichts davon ist ehrlich verdient. Ich bin nicht käuflich, das
solltest du inzwischen wissen. Ich fange jetzt an, und du wirst dir
schon beim ersten Finger wünschen, ich würde mit der Peitsche
weitermachen.«
Er wollte wieder schreien, doch bevor er auch nur einen Ton
herausbrachte, wurde sein Mund mit einem Tuch fest zugebunden.
Eine Zange wurde um seinen rechten Daumen gelegt,
zugedrückt und der Daumen mit einem Ruck nach hinten gerissen.
Es knackte, als würde jemand kräftig auf ein hartes
Stück Holz treten. Sein Herz raste wie wild, er wollte diese
unerträglichen Schmerzen nicht ertragen, und doch wusste er,
sein Leiden war noch lange nicht vorbei. Ein Finger nach dem
andern wurde ihm gebrochen. Erschöpft und schweißüberströmt
hing er in den Ketten, bis er losgemacht und auf einen
großen Tisch gelegt wurde. Dort wurde er an Hand- und Fußgelenken
gefesselt, kein Wort wurde mehr gesprochen. Er hatte
die Augen weit aufgerissen, als hinter ihm an einer Kurbel
gedreht wurde, und er meinte, seine Arme und Beine würden
gleich aus den Gelenken gerissen. In diesem Moment wünschte
er sich, tot zu sein, aber sie ließen es
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