Das Todeskreuz
Möller.«
Sie schaute zur Uhr. »Tut mir leid, aber er wird gleich zu Mittag
gehen und ...«
»Ich glaube, dass sein Magen noch ein paar Minuten länger
durchhält. Wo finden wir ihn?«
»Moment, wer sind Sie überhaupt?«
»Der hier«, erwiderte er knapp und zeigte seinen Ausweis.
»Das ist meine Kollegin Frau Durant.«
»Ich sage ihm Bescheid.«
»Brauchen Sie nicht, erklären Sie uns einfach den Weg.«
»Durch die Glastür und gleich links ist sein Büro. Aber ...«
»Danke für Ihre Hilfe, Sie dürfen sich wieder Ihrer Arbeit zuwenden.
«
Sie klopften an die angegebene Tür, und von drinnen kam ein
deutlich vernehmbares »Herein«.
Sie gingen hinein, Brandt machte hinter sich zu. Magnus Möller
saß hinter seinem Schreibtisch, eine Unterschriftenmappe vor
sich. Im Aschenbecher glimmte eine Zigarette vor sich hin, daneben
stand ein Glas Wasser. Es war ein großes und sehr modern
und funktional ausgestattetes Büro.
»Ja?«, sagte er bloß.
Auch hier hielt Brandt nur seinen Ausweis hoch, und Möller
warf einen langen Blick darauf. »Polizei? Um was geht's? Hat
einer meiner Arbeiter etwas ausgefressen?«
»Darüber ist uns nichts bekannt, wir wollten eigentlich zu
Ihnen.«
Möller erhob sich und kam um den Tisch herum. Er lächelte,
doch sein Blick drückte Kälte und Distanziertheit aus. »Zu mir?
Warum, wenn ich fragen darf?«
»Das würden wir gerne in Ruhe mit Ihnen besprechen.«
»Tut mir leid, aber ich habe um halb eins in Neu-Isenburg eine
Verabredung zum Essen, ein Geschäftstermin, ein wichtiger
Kunde, den ich nicht warten lassen möchte. Kommen Sie doch
später wieder.«
»Das wird bei uns zeitlich problematisch. Ihr Kunde hat doch
sicher ein Mobiltelefon. Rufen Sie ihn an und erklären Sie ihm,
dass Sie sich um etwa eine halbe Stunde verspäten. Ihnen wird
bestimmt ein triftiger Grund einfallen.«
»Sie tun ja so geheimnisvoll. Hab ich etwa was verbrochen,
wovon ich nichts weiß?«, fragte er und lachte gekünstelt auf.
»Wer weiß. Aber vorerst haben wir nur ein paar Fragen, und je
schneller Sie antworten, desto schneller sind Sie uns auch wieder
los«, sagte Brandt in seiner typisch ruhigen und gelassenen Art,
obwohl er schon beim ersten Blick auf Möller wusste, dass er den
Leitwolf der Dreierbande vor sich hatte.
»Das klingt ja wirklich verdammt geheimnisvoll. Aber gut,
wie Sie wünschen«, entgegnete er, wählte eine Telefonnummer
und gab Bescheid, dass er um spätestens dreizehn Uhr im Restaurant sein werde. Nachdem er aufgelegt hatte, nahm er wieder
hinter seinem Schreibtisch Platz, die Arme auf den Lehnen, die
Beine übereinandergeschlagen. Ein drahtiger Mann Anfang dreißig,
der graue Anzug feinster Zwirn wie auch das blaue Hemd
und die rote Krawatte.
Die Kommissare setzten sich ihm gegenüber in die beiden Ledersessel,
und Brandt sagte: »Das Geschäft scheint gut zu laufen,
wenn ich mich hier so umschaue. In der heutigen Zeit eher die
Ausnahme. Wer will schon noch bauen, ich meine, wer hat schon
noch das Geld dafür? Höchstens die Reichen, die sich sowieso
alles leisten können.«
»Kommen Sie zur Sache, Sie wissen doch, ich habe einen
Termin.«
»Dr. Corinna Sittler, Dr. Bernd Buchmann und Dr. Jörg Hoffmann,
diese Namen sagen Ihnen doch sicher etwas?«
Möller zog die Stirn in Falten, auch wenn er sonst kaum eine
Regung zeigte, und antwortete: »Ja, die Namen sagen mir in der
Tat etwas. Und weiter?«
»Dann haben Sie doch bestimmt schon aus der Zeitung vom
Tod der beiden Erstgenannten erfahren.«
»Nein. Tut mir leid, wenn ich Sie da enttäuschen muss, aber
ich komme kaum zum Zeitunglesen. Doch wenn Sie es sagen,
wird es wohl so sein, ich meine, dass sie tot sind. Die Frage ist
nur, was habe ich damit zu tun? Oder anders formuliert, warum
kommen Sie ausgerechnet zu mir?«
»Das werde ich Ihnen gleich erklären, doch zuvor will ich
noch loswerden, dass auch Dr. Hoffmann seit heute Nacht tot ist.
Alle drei wurden ermordet, mehr oder weniger grausam. Haben
Sie jetzt eine Idee, warum wir zu Ihnen gekommen sind?«
»Ich kann mich nur wiederholen, es tut mir leid, aber ich weiß
nicht, worauf Sie hinauswollen. Außerdem bin ich nicht sehr gut
im Rätselraten. Also?«
»Vor zehn Jahren standen Sie vor Gericht...«
Möller lachte auf und schüttelte den Kopf. »Vor zehn Jahren
war vor zehn Jahren. Entschuldigung, aber das ist eine sehr lange
Zeit, und ich weiß noch immer nicht, was Sie bei mir wollen.«
Brandt
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