Das Todeskreuz
Cornflakes
und trank dazu Kaffee. Allmählich kam sie auf Touren, im
Hintergrund lief das Radio, FFH. Sie mochte den Moderator,
auch wenn sie ihn noch nie gesehen hatte, aber er hatte einen
Wortwitz, dem sich kaum einer entziehen konnte. Jeden Morgen
von fünf bis neun moderierte er die Sendung, und Durant nippte
gerade an ihrem Kaffee, als Matthias Mahler sagte: »Da ist mir
doch gerade was auf den Tisch geflattert, das vor allem die Damen
interessieren dürfte. Laut einer Studie sollen blonde Männer
die besten Liebhaber sein. Das wird natürlich ein Schock für alle
Italiener, Spanier, Latinos und so weiter sein, aber so ist es nun
mal. Oder nicht. Nun, ob das stimmt, würde ich gerne von Ihnen,
meine lieben Hörerinnen, erfahren. Also rufen Sie an, und in der
nächsten Stunde werden hier einige von Ihnen zu Wort kommen,
auch Männer, sofern sie sich trauen. Also noch mal: Sind blonde
Männer wirklich die besseren Liebhaber, oder haben Sie ganz
andere Erfahrungen gemacht? Und jetzt ran ans Telefon, weil
mich Ihre Meinung brennend interessiert, denn ich bin blond und
denke, die haben nicht ganz unrecht. Also bitte, enttäuscht mich
nicht. Und als Einstimmung gibt's einen der größten Hits von
Blondie, Maria. Gleich kommen die News, danach der schnellste
Verkehrsservice im Rhein-Main-Gebiet und das Wetter mit
unserm Wettergott Martin Gudd, der uns heute einen richtig tollen
Tag beschert, vorausgesetzt, seine Vorhersage stimmt. Ich hol
mir jetzt einen Kaffee, und wir hören uns dann wieder so gegen
acht mit Shakira, Three doors down und Rosenstolz. Bleiben Sie
dran, es lohnt sich.«
Als ob's auf die Haarfarbe ankommen würde, dachte Durant.
Ich habe Charakterschweine aller Haarfarben kennengelernt.
Aber es geht ja nicht um den Charakter, sondern nur um Sex. Sie
trank aus, stellte die Schale und den Kaffeebecher in die Spüle,
besah sich noch einmal im Spiegel, machte das Radio aus, nahm
ihre Tasche und das Handy von der Ladestation und verließ die
Wohnung. Sie schloss hinter sich ab, holte die Zeitung aus dem
Briefkasten und ging zu ihrem Wagen. Der Wetterbericht hatte
recht behalten, es würde ein sonniger und warmer Frühlingstag
werden. Noch war es kühl bei einem leichten Ostwind, aber spätestens
gegen Mittag würde das Thermometer an die zwanzig
Grad zeigen.
Auf der Fahrt ins Präsidium, die wie jeden Montag etwas länger
dauerte, vor allem jetzt, da die Stadt sich mit Macht auf die
bevorstehende Fußballweltmeisterschaft vorbereitete und überall
Baustellen eingerichtet waren, dachte sie an die Dienstbesprechung.
Und auch an Hellmer. Sie war sicher, dass er die letzte
Nacht entweder wieder bei seiner Geliebten verbracht hatte oder
sich zu Hause volllaufen ließ. Und sie war entschlossen, diesmal
keine Gnade mehr walten zu lassen, sondern Berger einzuweihen
und ihn zu bitten, ihr einen neuen Partner zur Seite zu stellen.
Doch vorher würde sie noch ein ernstes Wort unter vier Augen
mit Hellmer wechseln und ihn vor die Wahl stellen - entweder
die Arbeit oder der Alkohol. Diese letzte Chance wollte sie ihm
noch geben, dazu kannte sie ihn zu lange und zu gut, und eigentlich
mochte sie ihn auch viel zu gern, als dass sie ihn einfach so
hätte fallenlassen. Aber sie hätte auch zu gerne verstanden, was
bei ihm schiefgelaufen war.
Sie hatte gerade die Untermainbrücke überquert, Rosenstolz
hatten ihren Hit »Ich bin ich« geträllert, als Matthias Mahler sich
wieder meldete. Fünf Hörerinnen und ein Hörer durften ihre
Meinung mitteilen, und alle betonten, dass die Haarfarbe keinerlei
Aufschluss darüber gebe, wie gut ein Mann im Bett sei. Sag
ich doch, dachte Durant und war froh, als sie endlich auf der
Eschersheimer Landstraße war, wo der Verkehr einigermaßen
fließend voranging. Um zwanzig Minuten vor neun erreichte sie
schließlich das Präsidium, stellte ihren Corsa auf den für sie reservierten
Parkplatz und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Sie war
verwundert, dass ihre Kollegen alle schon im Büro waren, einschließlich
Hellmer.
»Morgen«, begrüßte sie die Anwesenden und ging dicht an
Hellmer vorbei, der wieder extrem viel Eau de Toilette aufgelegt
hatte. Ihr entging dennoch nicht die Alkoholfahne, obwohl er
sein Gesicht zur Seite drehte.
»Wir haben bereits vernommen, was passiert ist«, sagte
Berger. »Können Sie schon neue Erkenntnisse vorweisen?«
»Immer mit der Ruhe«, erwiderte Durant, stellte ihre Tasche
neben den Stuhl
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