Das Todeskreuz
fehlten auf einmal wie durch ein Wunder die
Pumpgun und der Revolver, aus denen die tödlichen Schüsse abgefeuert
worden waren, sowie die ballistischen Gutachten, die
DNA-Analysen und die Festplatten von zwei Computern, die absolut
professionell gelöscht waren. So weit hab ich das im Kopf
behalten. Das andere muss ich ablesen. Augenblick ... Hier hab
ich's. Der älteste der drei, Magnus Möller, der vermutlich auch
der Anführer war, studierte zu dem Zeitpunkt Jura, Andreas Reiter,
der zweite im Bunde, studierte Zahnmedizin, und Thomas
Gebhardt hatte gerade sein BWL-Studium begonnen. In einem
nur zwei Tage dauernden Verfahren wurde Möller zu zwei Jahren
Haft auf Bewährung verurteilt, seine Kumpane kamen mit jeweils
achtzehn Monaten Bewährungsstrafe davon. Wie schon
erwähnt, wurden sie wegen mehrerer Einbrüche, Taschenraub,
illegalem Waffenbesitz und ein paar Drogen, die bei ihnen gefunden
wurden, verurteilt. Alle andern Straftaten wurden natürlich
nicht verhandelt. Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen,
hätte lediglich Andreas Reiter noch nach Jugendstrafrecht verurteilt
werden können, die andern beiden aber wären definitiv für
den Rest ihres Lebens hinter Gittern verschwunden. Ich denke,
damit hätten wir eine ganze Reihe an Personen, die ein starkes
Interesse am Tod von Frau Sittler und Herrn Buchmann haben
oder hatten.« Berger trank seinen Kaffee aus und stellte den Becher
auf den Tisch, bevor er wieder Platz nahm.
»Aber warum haben der oder die Täter so lange gewartet?
Zehn Jahre?«, fragte Durant.
»Manchmal braucht Rache seine Zeit«, entgegnete Berger lakonisch
und musste unwillkürlich an die Worte von Kremer denken,
der es ähnlich ausgedrückt hatte.
Brandt meldete sich zu Wort. »Mir ist nicht ganz klar, wie die
Verbindungen sind. Drei junge Männer begehen eine Reihe von
Verbrechen bis hin zu Mord. Reiche, einflussreiche Eltern, eine
korrupte Staatsanwältin und ein ebenso korrupter Richter - da
fehlt doch irgendwas, oder ist mir etwas entgangen?«
»Sie haben schon recht, ich hab ja auch nur stichpunktartig
berichtet. Es gab freundschaftliche Beziehungen zwischen vornehmlich
den Vätern der Täter und der Justiz. Und wir alle wissen
doch, dass man mit Geld nicht nur bei Aldi einkaufen kann,
sondern längst auch bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und
so weiter. Das reicht bis in die höchsten Kreise der Politik, da
brauchen wir uns nichts mehr vorzumachen. Jedenfalls werden in
den mir überlassenen Dokumenten namentlich vier Personen genannt,
die gekauft wurden, unter anderem unsere beiden Toten.
Wie viel Geld genau geflossen ist, geht aus den Unterlagen nicht
hervor, doch es muss sich um einen hohen sechs- oder gar siebenstelligen
Betrag gehandelt haben, der aber laut meinem Informanten
nicht nur bar, sondern auch anderweitig gezahlt wurde,
zum Beispiel in Immobilien.« Berger fuhr sich mit der Hand
übers Kinn, den Blick auf seine Notizen gerichtet. »Ich hab ein
bisschen durcheinander geschrieben, deshalb hab ich vergessen,
die Anwälte der Täter zu nennen. Da war zum einen Dr. Frantzen,
von Frantzen und Partner, dann Dr. Klein, dem die renommierte
Kanzlei Klein und Partner gehört, sowie Dr. Blume, der aber
nicht mehr unter den Lebenden weilt, da er vor fünf Jahren einen
Autounfall in Italien hatte, bei dem auch seine Frau und seine
Tochter ums Leben gekommen sind ...«
»Entschuldigung, wenn ich Sie wieder unterbreche, aber sprechen
Sie von Klein und Partner in Frankfurt?«, fragte Brandt, der
nach dem Gehörten wie elektrisiert war, es sich aber nicht anmerken
ließ. Wenn es stimmte, was er vermutete, würde er damit
zumindest in Offenbach ein Erdbeben auslösen.
»Ja, warum?«
»Nur so, es ist ja wirklich eine der großen Kanzleien im Rhein-
Main-Gebiet«, antwortete er ausweichend. »Was haben die Anwälte
verbockt?«
»Gemeinsame Sache mit der Staatsanwaltschaft und dem
Richter gemacht. Die Sittler stieg nicht lange nach dem Prozess
bei der Staatsanwaltschaft aus und wurde Partner bei Frantzen.
Alles weitere können Sie sich von Frau Durant oder meinen andern
Kollegen berichten lassen. Trotz ihrer Krankheit pflegte sie
jedenfalls einen extrem aufwendigen Lebensstil.«
»Genau wie Dr. Buchmann«, warf Brandt ein. »Wir waren
gestern Abend bei seiner Frau, um ihr die Todesnachricht zu
übermitteln, und wenn ich jetzt darüber nachdenke, fällt mir auf,
dass auch er nicht gerade zu den Ärmsten
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