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Das Tor des Suedens

Das Tor des Suedens

Titel: Das Tor des Suedens Kostenlos Bücher Online Lesen
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Morgengrauen aufgebrochen.
    Doch es wollte nicht hell werden. Ein bleicher, drohender Himmel spannte sich über die vor ihnen liegende Ebene. Alles war grau in grau, es roch nach Regen und Meer, das weit am Horizont zu sehen war – ein riesiges, bleifarbenes Ungeheuer, das gurgelnd gegen die Klippen raste und die Erde verschlingen wollte.
    Das Bergland lag hinter ihnen, und sie ritten an geheimnisvollen Ruinen vorbei, die früher eindrucksvolle Häuser und Paläste gewesen waren, in denen nun Ratten und Gewürm hausten.
    Nebelfetzen zogen vom Meer her über die trostlose Ebene, und ein beißender Wind schlug ihnen entgegen, der sie frösteln ließ.
    Im düsteren Licht sahen die Reste der tillornischen Hauptstadt bedrohlich aus. Der Geruch des Verfalls, des Untergangs und der Fäulnis schlug ihnen entgegen. Von der einstigen Pracht und Größe der Stadt waren nur Trümmer geblieben, zerborstene Säulen, Statuen und Standbilder unbekannter Götter und Helden, deren Gesichter Wind und Wetter ausgelöscht hatten.
    Ein unbestimmbares Grauen, ein namenloser Schrecken ging von den schwarzen, durch den einsetzenden Nieselregen feuchten umgestürzten Steinbrocken, halb zerfallenen Mauern und zerbrochenen Säulen aus. Jeder Fußbreit dieses Landes war blutgetränkt, denn hier prallten die Barbaren der namenlosen Länder auf die Banden der tillornischen Wälder, und auch seefahrende Völker mischten sich in den Kampf ein. Und hier in diesen unheimlichen Ruinen schienen sich die Seelen der Ermordeten zu sammeln, sich zu vereinen und zu unheimlichen Spukgestalten zu werden.
    Furcht ergriff die Gefährten, und sie trieben die Pferde an, die dahinstoben, als wollten die Geister sie verschlingen. Nur das seltsam hohl klingende Trommeln der Hufe war zu hören, in das sich gelegentlich ein furchtsames Schnauben der Pferde mischte. Die Ebene versank in Nebelschwaden und Wasserschleiern, die vom nachtschwarz gewordenen Himmel fielen.
    Dann sah Sadagar die schemenhaften Gestalten, die ihnen entgegenkamen, und er zügelte sein Pferd.
    Der Regen fiel nun etwas schwächer, und Sadagar erkannte, dass es sechs Reiter waren, die rasch näher kamen. Er musterte die Gestalten misstrauisch, die wie Nottrs Stammesgefährten aussahen. Ihre Gesichter waren platt und braungelb, die Augen groß und dunkel und die langen Haare zu Zöpfen geflochten.
    Nottr, Olinga und Rotbart hielten ihre Pferde neben Sadagar an.
    »Das sind ja deine Artgenossen, Nottr!« entfuhr es Sadagar. »Das sind Lorvaner!«
    »Wir sind keine Lorvaner, Zwerg!« brüllte einer der Männer mit bellender Stimme. Sein starker Dialekt war für Sadagar, Olinga und Rotbart fast unverständlich. Er riss einen Pfeil aus dem Köcher und griff nach dem Bogen.
    Sofort ritt Nottr näher heran. »Folgt mir«, flüsterte er. Dann lachte er dröhnend. »Ihr Aasfresser!« brüllte er. »Kennt ihr mich?«
    »Du scheinst ein Lorvaner-Schwein zu sein, das sich von Dreck und Unrat ernährt!«
    »Hüte deine Zunge, Cirymer, sonst frisst dich mein Schwert!«
    »Wir werden deinen Leib als Zielscheibe verwenden, Lorvaner. Die Pfeile werden so dicht in deinem Pelz stecken, dass du wie ein Igel aussehen wirst.«
    Langsam war Nottr näher gekommen. Die Cirymer waren die größten Todfeinde seines Stammes. Ihren Häuptling kannte Nottr nur zu gut. Es war Kaschkas, den er seit vielen Sommern hasste. Olinga, Sadagar und Rotbart folgten ihm. Je näher sie bei den Cirymern standen, desto vorteilhafter war dies für sie, sollte es zu einem Kampf kommen, da die Barbaren dann ihre Pfeile nicht verschießen konnten. Im Nahkampf mit dem Schwert waren sie weit weniger gefährlich.
    »Du Großmaul«, höhnte Nottr, »du namenloser Jüngling, wende dich heulend zur Flucht, denn wisse, dass ich Nottr bin!«
    »Höre meinen Namen, schwacher Nottr, der du einer der Feigsten deines Stammes bist, und dein Herz wird sich vor Furcht zusammenpressen, und dein dünnes Blut wir dir aus dem Gesicht weichen, denn ich bin Torrntn!«
    »Torrntn?« fragte Nottr und lachte gellend. »Torrntn, der Cirymer, der alte Weiber und Greise erschlägt? Jener stinkende Cirymer, dessen Heldentaten darin bestehen, dass er Halbwüchsige schändet und sich von verfaulten Ratten und Regenwürmern ernährt, die er als Köstlichkeiten zu würdigen weiß? Bist du tatsächlich jener Torrntn?«
    »Für deine Worte werde ich dich vierteilen, Lorvaner!« brüllte Torrntn und zog sein Schwert.
    Nun riss auch Nottr das Schwert aus der Scheide. »Ich werde

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