Das Tor ins Nichts
damit ich werde nicht versuchen, Sie aufzuhalten. Aber hören Sie um Himmels willen auf, mit Dingen herumzuexperimentieren, von denen Sie genausowenig verstehen wie ich! Sie bringen mehr in Gefahr als nur Ihr eigenes Leben!«
DeVries schwieg, und für einen Moment, einen winzigen Moment, hatte ich fast das Gefühl, ihn wirklich erschüttert zu haben. Aber dann schüttelte er nur unwillig den Kopf und unterstrich die Bewegung mit einer zornigen, herrischen Geste.
»Ach was«, sagte er. »Sie bluffen, mein Freund. Sie bluffen gut, das gestehe ich, aber das ändert nichts.«
»Ich sage die Wahrheit!« begehrte ich nochmals auf, obwohl ich längst begriffen hatte, daß es sinnlos war.
»Und wenn!« fauchte DeVries. »Seien Sie versichert, daß ich durchaus in der Lage bin, mit allen eventuellen Gefahren fertig zu werden. Und jetzt schweigen Sie bitte!«
Ich gehorchte schon, weil der Mann neben mir DeVries’
Worte mit einem weiteren derben Stoß mit der Maschinenpistole unterstrich. Für den Rest der Fahrt verfielen wir in brütendes Schweigen.
Der Regen nahm weiter zu, während wir uns DeVries’ Tempel näherten, und in der Ferne hörte ich das dumpfe Grollen eines heraufziehenden Gewitters. Nach einer Weile fielen die Lichter Amsterdams hinter uns zurück. Wir fuhren ungefähr zwanzig Minuten auf der Landstraße dahin, ehe wir wieder in den mir mittlerweile bekannten Waldweg einbogen. Das Scheinwerferpaar eines zweiten Wagens folgte uns in geringem Abstand.
Wir näherten uns jetzt rasch DeVries’ Tempel. Auch das schmiedeeiserne Tor, das ich am Vortage so unsanft aufgesprengt hatte, war bereits wieder instand gesetzt worden. Es stand einladend offen, begann sich aber bereits zu schließen, während der Mercedes hindurchrollte. Der uns folgende Wagen huschte gerade noch hindurch, wie ich mit einem Blick durch das Rückfenster erkannte.
»Sie sorgen sich um Ihren Freund, Mister Craven?« fragte DeVries. Ich antwortete nicht, und DeVries fügte mit einem eiskalten Lächeln hinzu: »Das müssen Sie nicht. Seien Sie versichert, daß er dieselbe Gastfreundschaft erfahren wird wie Sie.«
»Vielleicht ist es gerade das, was mir Sorgen bereitet«, murmelte ich.
DeVries verzog die Lippen zur Karikatur eines Lächelns und schwieg, und fast im gleichen Augenblick erreichten wir auch schon das Hauptgebäude. Der Wagen hielt an, und ein schwarzgekleideter Jünger DeVries’ kam die Treppe heruntergelaufen und riß den Wagenschlag auf. Ich beeilte mich, DeVries’ einladender Handbewegung zu folgen, ehe der Mann neben mir Gelegenheit fand, der Bitte seines Herrn und Meisters mit einem Stoß zwischen meine Rippen Nachdruck zu verleihen.
Der Regen hatte sich zu einem Wolkenbruch ausgewachsen.
Obwohl wir liefen, war ich bis auf die Haut durchnäßt, als ich den Tempel erreichte und in die Eingangshalle stolperte, und das Grollen des Donners klang jetzt schon sehr viel näher und kam in immer kürzeren Abständen.
»Keine besonders schöne Nacht«, sagte DeVries, der die Halle dicht hinter mir betreten hatte, »um zu sterben, nicht wahr?«
Er schien ein bißchen enttäuscht, daß ich über seinen Scherz nicht lachen konnte, denn er blickte mich einen Moment erwartungsvoll an, ehe er mit den Schultern zuckte und sich wieder zur Tür herumdrehte. Hinter den beiden Bewaffneten, die DeVries und mich begleitet hatten, kamen jetzt zwei weitere Templer herein, die eine halb bewußtlose Gestalt zwischen sich mitschleiften. Frans’ Augen standen offen, aber sein Gesicht war bleich wie das eines Toten, und als er versuchte, aus eigener Kraft zu gehen, gelang es ihm nicht.
Ich wollte einen Schritt auf ihn zumachen, aber DeVries hob rasch und warnend die Hand, und ich erstarrte wieder, um mir nicht einen neuen Rippenstoß einzuhandeln.
»DeVries, seien Sie kein Narr!« sagte ich. »Der Mann braucht einen Arzt, sehen Sie das denn nicht?«
»Einen Arzt?« DeVries lächelte kalt. »Kaum. Jedenfalls wird er bald keinen mehr brauchen.«
Ich atmete tief ein, setzte zu einer geharnischten Entgegnung an und brachte nur einen Schmerzlaut hervor, weil die Mündung der Maschinenpistole schon wieder unsanft zwischen meinen Rippen landete. Ich starrte den Burschen neben mir finster an und wünschte ihm in Gedanken alle Übel dieser Welt an den Hals.
»Geben Sie endlich auf, Craven«, sagte DeVries kopfschüttelnd. »Sie …«
»Was ist denn hier los?«
DeVries, ich und die Hälfte seiner Prügelknaben fuhren gleichzeitig herum, als die
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