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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hochzustemmen, und kam taumelnd auf die Füße.
    Sofort begannen sich der Himmel und die Straße wie wild vor meinen Augen zu drehen.
    Ich wäre abermals gestürzt, hätte Frans mich nicht gestützt.
    »Wir müssen … weg«, sagte ich mühsam. »Schnell, Frans.
    Sonst sind wir gleich beide tot.«
    Seltsamerweise blieb Frans ernst. Die spöttische Bemerkung, auf die ich wartete, kam nicht. »Der Mann, der dich vom Dach geworfen hat?« fragte er.
    Erstaunt sah ich auf. »Du hast ihn gesehen?«
    »Nur seinen Schatten«, antwortete Frans. »Wer war er?«
    »Das wirst du schneller erfahren, als dir lieb ist, wenn wir nicht augenblicklich hier verschwinden«, antwortete ich.
    Instinktiv sah ich hoch. Aber das Dach war leer. Natürlich, dachte ich bedrückt. Eisenzahn war wahrscheinlich schon längst auf dem Weg herunter. Wenn er noch nicht hier war, dann nur, weil ich auf der Rückseite des Hauses abgestürzt war und das Gebäude keinen Hinterausgang hatte. »Weg hier, Frans«, sagte ich noch einmal. »Er bringt uns beide um, wenn wir nicht verschwinden.«
    »Wer?« fragte Frans. Er rührte sich nicht von der Stelle.

    »Verdammt, er wird gleich hier sein! Er muß den Block umgehen, aber er …«
    Zumindest in diesem Punkt täuschte ich mich. Eisenzahn mußte nicht. Er wählte den direkteren Weg.
    Einen halben Meter hinter Frans schien die Wand zu explodieren. Steine und Kalk flogen in hohem Bogen auf die Straße hinaus und trieben uns zurück, dann erbebte die Wand ein zweites Mal wie unter einem gigantischen Hammerschlag, und ein fast zwei Meter hohes und halb so breites Stück der Ziegelmauer sank polternd in sich zusammen. Und in der Bresche erschien eine verkrüppelt wirkende menschliche Gestalt.
    Ihr Stahlgebiß blitzte.
    »Eisenzahn!« stöhnte ich.
    Frans fuhr blitzartig herum, griff unter den Mantel und zog etwas Kleines, Dunkles hervor; wahrscheinlich eine Pistole.
    Aber er kam nicht mehr dazu, sie abzufeuern. Eisenzahn machte eine fast nachlässige Bewegung mit der Rechten, und Frans sank stöhnend in die Knie. Die Pistole flog durch die Luft und verschwand klappernd in der Dunkelheit. Dann stürzte sich der Metallmensch auf mich.
    Ich sprang zurück, rutschte auf dem regennassen Kopfsteinpflaster aus, fiel der Länge nach hin und rollte mich instinktiv zur Seite. Eisenzahns stählerner Fuß krachte dort nieder, wo eine halbe Sekunde zuvor noch mein Gesicht gewesen war, zermalmte den Stein und kam zu einem weiteren Tritt wieder hoch. Ich rollte weiter, entging auch seiner nächsten Attacke um Haaresbreite und kam torkelnd wieder auf die Füße.
    Eisenzahn setzte mir lautlos nach. Seine Hände schnappten nach meinem Gesicht, verfehlten es um Millimeter und fetzten ein Stück Stoff aus meiner Jacke.
    Ich taumelte zurück, stolperte und fühlte plötzlich harten Stein im Rücken. Eisenzahn kam hinkend auf mich zu. Seine Glieder bewegten sich nicht mehr richtig; die Beschädigungen, die er erlitten hatte, mußten sein Koordinationszentrum in Mitleidenschaft gezogen haben. Aber noch immer war er ein gefährlicherer Gegner als jedes menschliche Wesen. Ich duckte mich im letzten Moment zur Seite, als seine Faust vorschoß und ein kopfgroßes Loch in die Wand schlug. Der nächste Hieb würde mich töten, das wußte ich.
    Doch der tödliche Schlag, auf den ich wartete, kam nicht. Ein Schatten wuchs hinter Eisenzahns Gestalt in die Höhe. Ich hörte ein Geräusch wie das Knurren eines gereizten Bären, dann schlossen sich Frans’ Arme um Eisenzahns Körper, verschränkten sich vor seiner Brust und hoben ihn mit einem einzigen Ruck in die Höhe. Es mußte die schiere Todesangst sein, die Frans für einen Augenblick übermenschliche Kräfte verlieh.
    Für die Dauer eines Atemzuges erstarrte der Maschinenmensch. Wieder erscholl aus seinem Inneren dieses schrille, mißtönende Jaulen, und plötzlich bog sich sein Arm in einer unmöglichen Bewegung nach hinten. Dreistmeer schrie auf, als sich Eisenzahns Finger in seine Stirn gruben. Blut lief über das Gesicht des jungen Polizeiinspektors. Frans brach ein zweites Mal zusammen und ich sah etwas direkt vor meinen Füßen im Licht des Mondes blitzen.
    Ohne auch nur nachzudenken, bückte ich mich nach dem Metallstück und hob es auf. Es war der verbogene Rest eines billigen Kleiderbügels aus Draht.
    Verzweifelt riß ich das Ding in die Höhe und stieß es mit aller Gewalt in den zerfetzten Krater in Eisenzahns Gesicht, wo sein Kunstauge gewesen war. Das Metallstück glitt eine

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